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WEG – Zulässigkeit der Installation einer Überwachungskamera durch Grundstückseigentümer

AG München – Az.: 484 C 18186/18 WEG – Urteil vom 28.02.2019

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro, ersatzweise, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen die Gemeinschaftsflächen der WEG … mit technischen Geräten (Video Kameras, Dash-Cams oder sonstige Geräte, die zur Aufnahme von Bild und Ton geeignet sind) zu überwachen.

II. Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.11.2018 zu bezahlen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages.

V. Der Streitwert wird auf 5000 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist, ebenso wie der Beklagte, Sondereigentümer einer Wohnung in der Wohnungseigentümergemeinschaft …

Am 10.7.2018 hatte der Beklagte am Balkon der ihm zugehörigen Wohnung eine Überwachungskamera installiert, welche auf die Gemeinschaftsflächen des Gemeinschaftsgartens des Anwesens der WEG … gerichtet war. Zu dieser Kamera äußerte sich der Beklagte ihn der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts München vom 29.1.2019 wie folgt:

„Dieses Kameragerät wird von Jägern verwendet und man kann mittels einer Schlinge das Kameragerät an einem Baum befestigen und z.B. auf einen Fuchsbau richten und wenn sich dann in dem Fuchsbau was bewegt, dann macht die Kamera ein Bild“.

Zudem hat der Beklagte in der öffentlichen Sitzung des AG München vom 29.01 .2019 angegeben, dass das Kameragerät, das oben an seiner Brüstung befestigt war, Bilder mache, jedoch nur in einer Entfernung von 3 Metern aufnehmen könne. Diese Überwachungskamera hat der Beklagte am 8.8.2018 wieder demontiert.

Die Entfernung von dem Balkon des Beklagten an dem das Kameragerät oben an der Brüstung befestigt war zum Gemeinschaftsgarten beträgt ca. 15 m. Die Hausfassade ist ca. 10 m hoch und die Videokamera ist in 10 m Höhe angebracht worden.

Die Klägerin forderte von dem Beklagten außergerichtlich die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gemäß dem Klageantrag, welche der Beklagte jedoch nicht abgab.

Der Beklagte hatte in einem Schreiben vom 19.10.2018 an die Hausverwaltung dargetan, dass in das Haus bereits zweimal im Erdgeschoss eingebrochen worden sei und dass in der Wohnung seines Sohnes gleich um die Ecke in der Nachbar-Straße ebenfalls eingebrochen worden sei und die Kriminalpolizei den Beklagten über Präventivmaßnahmen beraten habe. Dazu gehören auch Abschreckungsmaßnahmen, wie die Anbringung einer sogenannten WildCam. Der Beklagte hat bezüglich des Anbringens dieser WildCam einen Antrag an die Hausverwaltung gestellt, dass in der nächsten Eigentümerversammlung darüber Beschluss gefasst wird. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 19.10.2018 Anlage B 1 verwiesen. Der diesbezügliche Antrag wurde nicht auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung gesetzt.

Der Beklagte hat in einer E-Mail vom 1.9.2018 geschrieben, dass es sich mit möglicherweise noch eine SpyCam zulegen werde. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die E-Mail vom 1.9.2018 Anlage K4 verwiesen.

Der Kläger trägt vor, dass weiterhin die Gefahr bestehe, dass der Beklagte in Zukunft technische Überwachungsgeräte wie Videokameras, Dash-Cams oder sonstige Geräte, die zur Aufnahme von Bild und Ton geeignet sind, installiert, die die Gemeinschaftsflächen der Wohnungseigentümergemeinschaft … überwachen.

Der Kläger macht geltend, dass sie einen Anspruch auf Unterlassung einer zukünftigen Überwachung der Gemeinschaftsflächen, insbesondere das Treppenhaus, den Hausflur der WEG habe. Des Weiteren trägt die Klägerin vor, dass die Beseitigungs- und Unterlassungspflicht des Beklagten sogar dann bestehen würde, wenn es sich bei der angebrachten Kamera lediglich nur um eine Attrappe handeln würde. Die Wiederholungsgefahr werde durch die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vermutet.

Der Kläger beantragt, sinngemäß wie zuerkannt.

Der Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Der Beklagte hat zunächst bestritten, dass er eine aktive Überwachungskamera installiert habe, die den Gemeinschaftsgarten der streitgegenständlichen Wohnanlage überwachen würde. Der Beklagte bestreitet eine Wiederholungsgefahr, und macht geltend, dass zu keinem Zeitpunkt eine Überwachung stattgefunden habe, die wiederholt werden könne. Der Beklagte macht geltend, dass auf der Dachterrasse des Beklagten eine Kamera-Attrappe installiert sei. Der Beklagte hat zunächst vorgetragen, dass die Kamera zu keinem Zeitpunkt aktiv gewesen, sondern lediglich eine Attrappe, die der Sicherheit des Wohnungseigentums des Beklagten dienen solle. In der öffentlichen Sitzung des AG München vom 29.01.2019 hat jedoch der Beklagte angegeben, dass das Kameragerät, das oben an seiner Brüstung befestigt war, Bilder mache, jedoch nur in einer Entfernung von 3 Metern aufnehmen könne. Dem Beklagten sei durch zahlreiche beunruhigende Vorkommnisse in der Eigentumswohnanlage geraten worden zur Abschreckung eine Überwachungskamera zu installieren. Der Beklagte verweist diesbezüglich auf sein Schreiben Anlage B 1. Der Beklagte meint, dass er die Entscheidung der übrigen Eigentümer zu dieser Angelegenheit abwarten wollte und für die Klägerin daher keine Gefahr der Wiederholung durch den Beklagten bestanden habe, so dass er von der Unterzeichnung der Unterlassungserklärung abgesehen habe.

Die Klägerin hat in der Replik vorgetragen, dass die im Termin vorgelegte Kamera eine Reichweite von bis zu 25 m habe.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteienvortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der öffentlichen Sitzung verwiesen.

Der Beklagte hat in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts München am 29.1.2019 die Videokamera mitgebracht, die oben an der Brüstung zu seiner Wohnung befestigt war. Diese Wildcam wurde in Augenschein genommen. Der Klägervertreter hat von der Wildcam ein Foto angefertigt, das er mit Schriftsatz vom 30.1.2019 zur Akte gereicht hat.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig.

Es ist das Wohnungseigentumsgericht zuständig.

II. Die Klage ist auch begründet

1. Der Kläger kann gemäß §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG i.V.m. § 1004 BGB die Unterlassung der Überwachung des Gemeinschaftseigentums durch eine Kameraanlage verlangen. Die Beklagte und die übrigen Eigentümer sind aufgrund der gemeinsamen Zugehörigkeit zu der Wohnungseigentümergemeinschaft einander im besonderen Maße verpflichtet.

WEG - Zulässigkeit der Installation einer Überwachungskamera durch Grundstückseigentümer
(Symbolfoto: Von SpeedKingz/Shutterstock.com)

Nach § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Gemäß § 14 Nr. 1 WEG ist dabei jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

2. Entsprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung (BGH Urteil vom 21.10.2011, V ZR 265/10, mit weiteren Nachweisen) kann die Installation einer Videokamera zwar durchaus von dem Gebrauchsrecht des Eigentümers oder Sondereigentümers umfasst sein, dies gilt jedoch nur dann, wenn die Kamera ausschließlich auf Bereiche ausgerichtet ist und Bereiche erfasst, die dem Sondereigentum des jeweiligen Eigentümers zugehören. Selbst in diesen Fällen kann gleichwohl ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht übriger Eigentümer gegeben sein, wenn diese objektiv ernsthaft eine Überwachung befürchten müssen.

3. Der Beklagte hat hier in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts München am 29.1.2019 erklärt, dass er eine sogenannte WildCam oben an der Brüstung seiner Wohnung angebracht hatte und hat dargetan, dass dieses Kameragerät von Jägern verwendet wird und man kann mittels einer Schlinge das Kameragerät an einem Baum befestigen und z.B. auf einen Fuchsbau richten und wenn sich dann in dem Fuchsbau was bewegt, dann macht die Kamera ein Bild. Daher bietet grundsätzlich die Wildcam die Möglichkeit der Aufzeichnung und versetzt den Beklagten in die Lage Bilder von Personen auf dem Gemeinschaftseigentum zu fertigen. Die Angaben der Beklagtenvertreterin in dem Schriftsatz vom 15.2.2019, dass die Kamera zu keinem Zeitpunkt in Betrieb war und lediglich der Abschreckung dienen sollte, ist widerlegt durch die eigenen Angaben des Beklagten in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts München vom 29.1.2019, wo der Beklagte informatorisch angegeben hat, dass das Kameragerät, das oben an seiner Brüstung befestigt war, Bilder mache, jedoch nur in einer Entfernung von 3 Metern aufnehmen könne. Damit steht fest, dass es sich bei der WildCam nicht nur um eine Attrappe handelte, sondern dass diese auch aktiv war und Bilder anfertigen konnte.

4. Der Anspruch steht dem Kläger gegen den Beklagten als Handlungsstörer zu, da er die WildCam selbst angebracht hatte.

5. Hier wurde durch die von dem Beklagten installierten WildCam das Gemeinschaftseigentum erfasst. In der Installation der Wildcam lag jedenfalls eine Beeinträchtigung vor, die das Maß des zulässigen gemäß § 14 Nr. 1 WEG überschreitet (vgl. LG Köln, Urteil vom 25.11.2010, 29 S 88/10).

5.1. Im Rahmen der Frage nach einer Beeinträchtigung im Sinne des vorgenannten Paragraphen ist eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der gebrauchsmachenden Beklagten und den Belangen der anderen Wohnungseigentümer vorzunehmen. Insoweit ist vorliegend maßgeblich, dass die hier gegebene Videoüberwachung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der anderen Miteigentümern sowie der Besucher und Mieter des Wohnhauses eingreift. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung umfasst auch die Befugnis des einzelnen, selbst darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.

Da das Recht am eigenen Bild eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt (vgl. nur BVerfGE 35, 202), kann die Herstellung eines Bildes ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen – verfassungsrechtlich und zivilrechtlich geschütztes – allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen (vgl. BGH NJW 1995, 1955). Ob und in welchem Umfang dies rechtswidrig und unzulässig ist oder aber vom Betroffenen hingenommen werden muss, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere auch verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung zu ermitteln.

Bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf Privatgrundstücken bzw. in Mehrfamilienhäusern muss daher sichergestellt sein, dass keine öffentlichen Bereiche, benachbarte Privatgrundstücke oder gemeinsame Zugangswege von diesen Kameras erfasst werden.

5.2. Unstreitig ist, dass die Wildcam in Richtung Gemeinschaftsgarten positioniert war. Der Beklagte hat hier erklärt, dass die Überwachungskamera lediglich in einer Weite von 3 Metern filmen kann, während der Kläger geltend macht, dass die Wildcam in einer Weite bis zu 25 m filmen kann. Der Gemeinschaftsgarten ist ca. 15 m von der Position an der die Wildcam befestigt war, entfernt.

5.3. Im Gemeinschaftseigentum können sich naturgemäß sämtliche Wohnungseigentümer, als auch Mieter der Wohnanlage und Besucher aufhalten. Wenn nun die Wildcam mindestens in einer Weite von 15 m filmen kann, so würde dadurch das Gemeinschaftseigentum von der WildCam erfasst werden.

6. Es kommt auch nicht darauf an, ob die WildCam lediglich in einer Weite von 3 m filmen kann oder darüber hinausgehend. Die Rechtsprechung sieht es regelmäßig sogar als ausreichend an, dass durch das Vorhandensein einer derartigen Kamera bereits dadurch in die Rechte der Betroffenen eingegriffen werde, dass hierdurch ein unzulässiger Überwachungsdruck aufgebaut werde. Dem ist zuzustimmen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass für die Miteigentümer, die Mieter und Besucher nicht ersichtlich ist, ob und wann die Kamera tatsächlich aufnimmt und aufzeichnet. Sofern die Betroffenen eine Überwachung durch derartige Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen, liegt bereits ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vor (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2010, VI ZR 176/09, NZM 2010, 373).

Die Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden, ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint (OLG Köln, NJW 2009,1827). Alleine die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung reicht dazu nicht aus (BGH, Urteil vom 16.03.2010, VI ZR 176/09, NZM 2010, 373).

Es lagen hier jedoch konkrete Umstände vor, die die Befürchtung erwecken durch die auf der Brüstung angebrachte Wildcam überwacht zu werden. Wie der Beklagte in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts München vom 29.1.2019 erklärt hat, war die Wildcam aktiv und konnte Bilder anfertigen (wenn auch nur angeblich bis zu einer Weite von 3 Metern). Die Klägerin selbst kann nicht feststellen, ob die WildCam tatsächlich nur bis zu einer Weite von 3 m aufnimmt oder darüber hinausgehend. Es besteht daher die objektive Möglichkeit, dass diese WildCam mindestens in einer Weite von 15 m aufnimmt und daher den Gemeinschaftsgarten und die sich dort befindlichen Personen aufnimmt. Daher sind hier konkreter Umstände gegeben, die eine Überwachung befürchten lassen und diese Umstände sind auch nachvollziehbar und lassen die Befürchtung der Überwachung durch die WildCam verständlich erscheinen (OLG Köln, NJW 2009,1827).

Eine solche – objektiv bestehende – Möglichkeit sogar dauernder Beobachtung stellt eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung, einen nicht hinzunehmenden Nachteil im Sinne von 14 Nr. 1 WEG dar, da die Überwachung sich nicht zuverlässig sicher auf den privaten, dem Sondernutzungsrecht oder dem Teileigentum der Beklagten unterliegenden Bereich beschränkt, sondern darüber hinaus einen Bereich des Gemeinschaftseigentums erfasst.

7. Dem schutzwürdigen Interesse der Betroffenen Miteigentümern und Dritten steht ferner auch kein überwiegendes Interesse des Beklagten gegenüber. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Interesse des Beklagten ausschließlich den Schutz ihres Sondereigentums betrifft, hierfür aber Gemeinschaftseigentum überwacht wird.

7.1. Die Anbringung der WildCam betrifft insoweit den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums, der nicht mit einem erheblichen, über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil verbunden sein darf und daher nur unter strengen Voraussetzungen zulässig ist (BGH Urteil vom 24.05.2013, V ZR 220/12). Hiernach kann Gemeinschaftseigentum nur überwacht werden, wenn ein berechtigtes Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mit überwacht wird, überwiegt und die Ausgestaltung der Überwachung unter Berücksichtigung der Regelung des Bundesdatenschutzgesetzes inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des einzelnen ausreichend Rechnung trägt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es fehlt bereits an einer Überwachung im Interesse der Gemeinschaft, denn hier erfolgt die Überwachung ausschließlich durch den Beklagten als Sondereigentümer. Überwacht wird – auch wenn dies zum Schutz des Sondereigentums erfolgt – ein Bereich, der dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen ist. Die Wildcam erfasste, wie bereits dargelegt den Gemeinschaftsgarten, bzw. bot die Möglichkeit dazu und bietet die Möglichkeit der Aufzeichnung. Die Vorgaben des § 6 b BDSG sind bereits vor diesem Hintergrund nicht erfüllt. Dass die Kameraüberwachung zur Wahrnehmung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke (§ 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG) erforderlich ist, ist nicht ausreichend dargetan. Auch wenn in dem WEG Anwesen 2 Einbrüche im Erdgeschoss stattgefunden haben sollten und in der Nachbar WEG bei dem Sohn des Beklagten eingebrochen wurde so rechtfertigt dies nicht die Installierung einer Kamera ohne Genehmigungsbeschluss der Wohnungseigentümer. An einer Kenntlichmachung im Sinne des § 6 b Abs. 2 BDSG fehlt es überdies ebenfalls.

7.2. Eine derartige Maßnahme ist schließlich unzulässig (vgl. Bayerisches OLG, Beschluss vom 11.03.2005, 2 Z BR 002/05), da es hierfür an der erforderlichen Beschlussfassung fehlt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Brüstung an der die WildCam befestigt war, um Sonder- oder Gemeinschaftseigentum handelt, sondern darauf, dass mittels der WildCam ein Bereich überwacht wird, oder die Gefahr besteht, dass ein solcher Bereich überwacht wird, welcher zum Gemeinschaftseigentum gehört. Auch im Rahmen der Interessenabwägung sind die Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts zu berücksichtigen, wonach in jedem Falle vor Einbau einer solchen Kameraanlage eine entsprechende Beschlussfassung hätte herbeigeführt werden müssen. Eine solche Beschlussfassung liegt jedoch nicht vor.

Überdies wäre selbst im Falle einer Beschlussfassung über die Genehmigung einer Videoüberwachung diese nur im Sinne einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn Sie die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben einhält, nicht nur dem Interesse der Mehrheit an der Effizienz der Verwaltung entspricht, sondern auch mit den einfachrechtlich und durch Art. 2 GG auch verfassungsrechtlich geschützten Interessen des einzelnen Eigentümers und betroffener Dritter an dem Schutz Ihrer Privatsphäre Rechnungen trägt. Entsprechend den Vorgaben des § 6 b BDSG ist eine Videoüberwachung in einer Wohnungseigentumsanlage durch die Gemeinschaft mit einer Aufzeichnung des Geschehens zulässig, wenn ein berechtigtes und konkret verbindlich festzulegendes Gemeinschaftsinteresse das Interesse des einzelnen überwiegt. Hieran fehlt es vorliegend, da die installierte WildCam allein dem Einzelinteresse der Beklagten zu dienen bestimmt war. Der Beklagte ist insoweit unstreitig auch der einzige, der die Art und den Umfang des Kamerabetriebes sowie Art, Umfang und Speicherung von Aufzeichnungen bestimmen kann. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass das Interesse der Beklagten grundsätzlich nachvollziehbar ist und aufgrund der entsprechenden Darlegungen auch durchaus ein erhöhtes Sicherheitsinteresse bestehen mag. Dies führt aber nicht dazu, dass die Beklagte berechtigt ist, ohne jedwede Kontrollmöglichkeit durch die Gemeinschaft, Teile des Gemeinschaftseigentums zu überwachen (AG Bergisch Gladbach Urteil vom 03.09.2015 -70 C 17/15, NZM 2016, 211). Dabei kommt es aus den bereits genannten Gründen nicht darauf an, ob die Kamera tatsächlich aufzeichnet und ständig oder lediglich anlassbezogen eingeschaltet ist, oder nur in einer Reichweite von 3 Metern aufnimmt.

7.3. Zudem muss grundsätzlich das berechtigte Interesse des Beklagten, Eigentum vor Beeinträchtigungen durch Diebstahl bzw. vor Beschädigung zu schützen, im vorliegenden Fall hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten. Denn die Installation einer Kamera, die, wie hier, nicht nur den eigenen Sondernutzungs-/Sondereigentumsbereich erfasst, sondern darüber hinaus Gemeinschaftseigentum ist unverhältnismäßig.

8. Eine Wiederholungsgefahr, die schon durch die Verletzungshandlung indiziert ist, ist auch gegeben.

8.1. Die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung durch Anbringen der Wildcam an der Brüstung stellt eine tatsachliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr dar (so BGH, Urteil vom 21.09.2012 – Aktenzeichen V ZR 230/11 in NJW 2012, 3781, dort Rn. 12), an deren Widerlegung durch den Störer hohe Anforderungen zu stellen sind (siehe Herler in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019 § 1004 Rn. 32 so auch BayObLG, Beschluss vorn 11.12.1986 – Aktenzeichen: BReg 2 Z 119/86 in NJW-RR 1987, 463) Eine solche Wiederholungsgefahr kann nicht einmal durch die Unterzeichnung einer einfachen, sondern nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (BGH Urteil vom 21.09.2012 – V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 12).

8.2. Zudem hat der Beklagte die Absicht weiterer Überwachungsmaßnahmen in einer E-Mail vom 1.9.2018 konkret angekündigt. Es wird diesbezüglich auf die E-Mail vom 1.9.2018 Anlage K 4 verwiesen, in der der Beklagte wörtlich schreibt: „… Und wer weiß, vielleicht liege ich mir doch noch eine SpyCam zu“.

8.3. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass eine Wiederholungsgefahr etwa dadurch entfiele, weil er die WildCam bereits wieder entfernt hat. Bereits ein einmaliger Verstoß begründet eine Wiederholungsgefahr. Zudem ist auch in Zukunft nicht auszuschließen, dass der Beklagte die Überwachungskamera oder weitere Überwachungskameras an anderer Stelle, die das Gemeinschaftseigentum überwachen, anbringen könnte.

Da bereits der Klage aus diesem Grunde stattzugeben war, kommt es nicht darauf an, ob dem Beklagten nachgewiesen werden kann, dass er einen elektrischen Türspion zur Überwachung in seiner Wohnungstür eingebaut hatte.

Da die Beklagtenpartei keinerlei Einwendungen gegen die Klageforderung zu Ziffer l. und zu Ziffer II. der Klage vorgebracht hat, war der Klage insgesamt stattzugeben.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Abs. 1 S. 1 ZPO.

IV. Der Streitwert war auf 5000 € festzusetzen.

Wenn der vorgetragene Sachverhalt nicht zum Eingreifen einer besonderen Streitwertvorschrift führt und auch nicht genügend Anhaltspunkte für eine Schätzung des Streitwertes nach § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO bietet, hat das Gericht den Streitwert frei zu schätzen. Grundsätzlich ist dabei auf den Regelwert zurückzugreifen. Für Zivilsachen enthält das GKG keine Vorschrift zu einem Regelwert. Das Gericht greift daher auf die Regelwertvorschriften der § 52 Abs. 2 GKG, § 23 Abs. 3 RVG und § 30 Abs. 2 KostO zurück. Der Mittelwert der in diesen Vorschriften enthaltenen Regelwerte beträgt 5.000,00 Euro (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, „Schätzung“, Rz. 4817). Mangels anderer Anhaltspunkte kommt hier der mittlere Regelstreitwert von 5.000,00 Euro zur Anwendung.

 

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