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WEG – Kommunale Wohnungsunternehmen unterliegen besonderen Kündigungsbeschränkungen

Psychisch kranke Mieterin siegt vor Gericht gegen Räumungsklage ihres kommunalen Vermieters! Trotz wiederholter Störungen des Hausfriedens entschied das Gericht zugunsten der Mieterin, deren Erkrankung eine freie Willensbestimmung unmöglich machte. Ein wegweisendes Urteil, das die Rechte psychisch kranker Menschen stärkt und Vermieter in die Pflicht nimmt, mildere Mittel vor einer Kündigung auszuschöpfen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin, ein kommunales Wohnungsunternehmen, streitet mit der Beklagten um die Räumung ihrer Wohnung aufgrund von lästigem Verhalten.
  • Die Beklagte leidet an paranoider Schizophrenie, was zu aggressivem Verhalten und Störungen in der Nachbarschaft führte.
  • Nach mehreren Vorfällen, darunter Beschimpfungen und Drohungen gegenüber Nachbarn, gab es eine Abmahnung durch die Klägerin.
  • Die Klägerin kündigte der Beklagten fristlos, nachdem diese die Aufforderung zur Räumung nicht erfüllte.
  • Trotz der Erkrankung der Beklagten und ihrer Situation entschied das Gericht, dass die Kündigung gerechtfertigt war.
  • Das Gericht berücksichtigte, dass die Störungen für andere Mieter untragbar wurden und eine Gefährdung darstellten.
  • Die Entscheidung bestätigt, dass Vermieter auch bei psychischen Erkrankungen deren Rechte gegenüber anderen Mietern schützen dürfen.
  • Da die Klägerin die Kosten des Verfahrens tragen muss, sind finanzielle Überlegungen für die Beklagte relevant.
  • Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ermöglicht der Klägerin, die Räumung unter bestimmten Sicherheiten gegen die Beklagte durchzusetzen.
  • Die Entscheidung könnte für andere Mieter mit ähnlichen Problemen und deren Vermieter wegweisend sein, besonders im Umgang mit psychischen Erkrankungen.

Kündigungsbeschränkungen im WEG: Ein Fall aus der kommunalen Wohnungswirtschaft

Die Wohnungswirtschaft in Deutschland ist ein komplexes Feld, das durch eine Vielzahl von rechtlichen Rahmenbedingungen geprägt ist. Insbesondere im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sind detaillierte Regelungen verankert, die sowohl die Rechte von Wohnungseigentümern als auch die Pflichten von Vermietern festlegen. Heute stehen kommunale Wohnungsunternehmen im Fokus, die in der Regel als soziale Träger agieren und damit besonderen rechtlichen Vorgaben unterliegen. Diese Vorgaben zielen darauf ab, die Mieter vor willkürlichen Kündigungen zu schützen und einen sozialen Ausgleich zu schaffen.

Die Kündigungsbeschränkungen, die für kommunale Wohnungsunternehmen gelten, sind Teil einer umfassenderen Strategie, um den Wohnungsbau in Deutschland nachhaltiger zu gestalten und den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden. Diese Regelungen sind insbesondere wichtig in Zeiten steigender Mieten und Wohnungsknappheit, weil sie dazu beitragen sollen, dass sozial benachteiligte Gruppen nicht aus ihrem Wohnumfeld gedrängt werden. Auch die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Kündigungen spielen in diesem Kontext eine entscheidende Rolle.

Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Anwendung dieser Kündigungsbeschränkungen auf kommunale Wohnungsunternehmen veranschaulicht und analysiert.

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Der Fall vor Gericht


Kommunales Wohnungsunternehmen scheitert mit Räumungsklage gegen psychisch kranke Mieterin

Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek hat in einem bemerkenswerten Fall die Räumungsklage eines kommunalen Wohnungsunternehmens gegen eine an paranoider Schizophrenie erkrankte Mieterin abgewiesen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Abwägung zwischen den Interessen von Vermietern, anderen Mietern und besonders schutzbedürftigen Mietern mit psychischen Erkrankungen.

Vorgeschichte und Kündigungen

Die Beklagte wohnte seit 2004 in einer Wohnung des klagenden Unternehmens. Ab Januar 2023 kam es zu zunehmenden Verhaltensauffälligkeiten. Die Mieterin fiel durch Lärmbelästigungen, Geschrei und das Zertrümmern von Gegenständen auf. Zudem beleidigte und bedrohte sie wiederholt Nachbarn schwer. Das Wohnungsunternehmen mahnte die Mieterin mehrfach ab und kündigte schließlich im November 2023 fristlos, hilfsweise ordentlich. Eine weitere Kündigung erfolgte mit der Räumungsklage im Januar 2024.

Urteilsbegründung des Gerichts

Das Gericht sah zwar eine nachhaltige Störung des Hausfriedens als gegeben an. Dennoch wies es die Räumungsklage ab. In seiner Begründung wog das Gericht die Interessen aller Beteiligten sorgfältig ab. Dabei berücksichtigte es besonders die Grundrechte der psychisch kranken Mieterin und die drohenden Folgen eines Wohnungsverlustes für sie.

Besondere Schutzbedürftigkeit der Mieterin

Das Gericht betonte die besondere Vulnerabilität der Mieterin aufgrund ihrer Erkrankung. Zum Zeitpunkt der ersten Kündigung befand sie sich in einem floriden Zustand paranoider Schizophrenie. Dies führte zu einem permanenten Bedrohungsgefühl selbst in alltäglichen Situationen. Ein Wohnungsverlust hätte diesen Zustand massiv verschlimmert und die Gefahr von Eigengefährdung oder Rechtsgutsverletzungen Dritter erhöht.

Grundrechtsbindung des kommunalen Wohnungsunternehmens

Ein zentraler Punkt in der Urteilsbegründung war die unmittelbare Grundrechtsbindung des kommunalen Wohnungsunternehmens. Das Gericht stellte klar, dass die Klägerin als von der öffentlichen Hand beherrschtes Unternehmen bei allen Entscheidungen die Grundrechte ihrer Mieter beachten muss. Dies gilt auch bei privatrechtlichem Handeln wie Kündigungen. Das Unternehmen hätte daher vor der Kündigung alle milderen Mittel prüfen und die drohenden Gefahren für Leib und Leben der Mieterin bei Obdachlosigkeit stärker berücksichtigen müssen.

Fehlende Schuldhaftigkeit der Mieterin

Das Gericht sah die Pflichtverletzungen der Mieterin als nicht schuldhaft an. Aufgrund ihres Krankheitszustandes war ihr eine freie Willensbestimmung nicht möglich. Dies schloss eine ordentliche Kündigung wegen schuldhafter Pflichtverletzung aus. Auch ein anderweitiges berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses verneinte das Gericht.

Abwägung der Interessen

In seiner Abwägung stellte das Gericht die drohenden Grundrechtsbeeinträchtigungen für die Mieterin den Belastungen für andere Hausbewohner gegenüber. Dabei kam es zu dem Schluss, dass die Folgen eines Wohnungsverlustes für die psychisch kranke Frau schwerer wogen als die Beeinträchtigungen der Nachbarn. Das Gericht betonte, dass im Zusammenleben mit psychisch Erkrankten ein erhöhtes Maß an Toleranz gefordert sei.

Bedeutung für andere Mieter

Das Urteil verdeutlicht, dass psychische Erkrankungen bei der Beurteilung von Kündigungen eine wichtige Rolle spielen können. Mieter mit solchen Erkrankungen genießen unter Umständen einen besonderen Schutz. Gleichzeitig zeigt der Fall aber auch die Grenzen der Zumutbarkeit für andere Hausbewohner auf. Das Gericht machte deutlich, dass die Toleranzpflicht dort endet, wo die Gesundheit anderer Mieter ernsthaft gefährdet wird oder der Hausfrieden ständig durch Beleidigungen und Pöbeleien gestört wird.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die besondere Grundrechtsbindung kommunaler Wohnungsunternehmen und die erhöhte Schutzwürdigkeit psychisch kranker Mieter. Es zeigt, dass bei Kündigungen eine sorgfältige Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände erforderlich ist, wobei die Folgen eines Wohnungsverlustes für vulnerable Mieter besonders schwer wiegen können. Gleichzeitig verdeutlicht das Urteil die Grenzen der Zumutbarkeit für andere Hausbewohner und die Notwendigkeit, alle milderen Mittel vor einer Kündigung auszuschöpfen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter einer kommunalen Wohnung stärkt dieses Urteil Ihre Rechte, besonders wenn Sie unter psychischen Erkrankungen leiden. Selbst bei schwerwiegenden Störungen des Hausfriedens muss Ihr Vermieter vor einer Kündigung alle milderen Mittel ausschöpfen, wie etwa die Einschaltung des Sozialpsychiatrischen Dienstes oder das Angebot einer alternativen Wohnung. Kommunale Wohnungsunternehmen sind aufgrund ihrer Grundrechtsbindung zu besonderer Rücksichtnahme verpflichtet. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Sie den Hausfrieden beliebig stören dürfen. Das Gericht betont, dass die Toleranzpflicht der Nachbarn dort endet, wo ihre Gesundheit ernsthaft gefährdet wird. Sollten Sie sich Sorgen um Ihren Mietvertrag machen, suchen Sie frühzeitig Hilfe bei Beratungsstellen oder einem Anwalt.


FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik finden Sie wertvolle Informationen und Antworten auf häufige Fragen rund um das Thema Kündigungsschutz psychisch Kranker. Wir bieten Ihnen prägnante und rechtlich fundierte Erläuterungen, die Ihnen helfen, Ihre Rechte und Pflichten besser zu verstehen. Tauchen Sie ein in unsere Inhalte, um mehr über wichtige Aspekte des Kündigungsschutzes zu erfahren und Ihre Situation zu klären.


Was versteht man unter dem besonderen Kündigungsschutz für psychisch kranke Mieter?

Der besondere Kündigungsschutz für psychisch kranke Mieter ist eine rechtliche Schutzmaßnahme, die es Vermietern erschwert, das Mietverhältnis mit psychisch erkrankten Mietern zu beenden. Dieser Schutz basiert auf dem Grundsatz der Fürsorgepflicht und dem Diskriminierungsverbot.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Basis für diesen Schutz findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das BGB regelt in § 573 die Kündigungsgründe, während das AGG in § 19 ein Benachteiligungsverbot im Zivilrechtsverkehr festlegt.

Besondere Härte: Bei einer Kündigung muss der Vermieter die Interessen des psychisch kranken Mieters besonders berücksichtigen. Eine Kündigung kann als unzumutbare Härte gelten, wenn sie die Gesundheit des Mieters gefährden würde.

Erhöhte Schutzwürdigkeit: Psychisch kranke Mieter gelten als besonders schutzbedürftig. Gerichte berücksichtigen dies bei der Abwägung zwischen den Interessen von Vermieter und Mieter.

Wann greift der besondere Schutz?

Der besondere Kündigungsschutz kommt in folgenden Situationen zum Tragen:

  1. Bei ordentlichen Kündigungen: Hier muss der Vermieter ein berechtigtes Interesse nachweisen. Bei psychisch kranken Mietern wird dieses Interesse besonders streng geprüft.
  2. Bei verhaltensbedingten Kündigungen: Wenn das störende Verhalten des Mieters auf seine psychische Erkrankung zurückzuführen ist, kann dies die Kündigung unwirksam machen.
  3. Bei Eigenbedarfskündigungen: Auch hier wird eine besonders sorgfältige Interessenabwägung vorgenommen, bei der die psychische Erkrankung des Mieters stark ins Gewicht fällt.

Wichtig: Der Schutz gilt nicht absolut. Bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen oder wenn der Vermieter die Wohnung dringend selbst benötigt, kann eine Kündigung trotz psychischer Erkrankung des Mieters gerechtfertigt sein.

Nachweis der Erkrankung

Um den besonderen Schutz in Anspruch nehmen zu können, muss der Mieter seine psychische Erkrankung nachweisen. Dies geschieht in der Regel durch ein ärztliches Attest oder ein psychiatrisches Gutachten.

Kommunikation mit dem Vermieter

Wenn Sie als Mieter von einer psychischen Erkrankung betroffen sind, kann es ratsam sein, Ihren Vermieter frühzeitig darüber zu informieren. Dies kann das Verständnis für Ihre Situation fördern und möglicherweise Konflikte vermeiden.

Der besondere Kündigungsschutz für psychisch kranke Mieter stellt sicher, dass ihre vulnerable Situation angemessen berücksichtigt wird. Er bietet jedoch keinen absoluten Schutz vor Kündigungen, sondern erfordert eine sorgfältige Abwägung aller Umstände des Einzelfalls.

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Welche Rolle spielen Grundrechte bei Kündigungen durch kommunale Wohnungsunternehmen?

Welche Rolle spielen Grundrechte bei Kündigungen durch kommunale Wohnungsunternehmen?

Grundrechte spielen eine zentrale Rolle bei Kündigungen durch kommunale Wohnungsunternehmen. Diese Unternehmen sind als Träger öffentlicher Gewalt direkt an die Grundrechte gebunden und müssen diese bei allen Entscheidungen, einschließlich Kündigungen, strikt beachten.

Grundrechtliche Bindung kommunaler Wohnungsunternehmen

Kommunale Wohnungsunternehmen sind unmittelbar an die Grundrechte gebunden, da sie als Unternehmen der öffentlichen Hand agieren. Dies bedeutet, dass sie bei Kündigungsentscheidungen besonders sorgfältig vorgehen und die Grundrechte der Mieter berücksichtigen müssen.

Zu den relevanten Grundrechten gehören insbesondere:

  • Das Recht auf Wohnung als Teil des Rechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum
  • Der Schutz von Ehe und Familie
  • Das Diskriminierungsverbot

Diese Grundrechte schränken den Handlungsspielraum kommunaler Wohnungsunternehmen bei Kündigungen erheblich ein. Eine Kündigung darf nur erfolgen, wenn sie verhältnismäßig ist und keine milderen Mittel zur Verfügung stehen.

Praktische Auswirkungen für Mieter

Für Sie als Mieter bedeutet dies einen verstärkten Schutz vor Kündigungen. Kommunale Wohnungsunternehmen müssen bei jeder Kündigung:

  • Eine umfassende Interessenabwägung vornehmen
  • Die persönlichen Umstände des Mieters berücksichtigen
  • Alternative Lösungen prüfen, bevor eine Kündigung ausgesprochen wird

Beispielsweise könnte eine Kündigung wegen Eigenbedarfs durch ein kommunales Wohnungsunternehmen unzulässig sein, wenn Sie als Mieter besonders schutzbedürftig sind, etwa aufgrund von Alter, Krankheit oder familiären Verpflichtungen.

Durchsetzung der Grundrechte im Konfliktfall

Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Grundrechte bei einer Kündigung nicht ausreichend berücksichtigt wurden, haben Sie folgende Möglichkeiten:

  1. Widerspruch gegen die Kündigung einlegen und auf die Verletzung Ihrer Grundrechte hinweisen
  2. Rechtlichen Beistand suchen, um Ihre Position zu stärken
  3. Im Falle einer Räumungsklage Ihre grundrechtliche Position vor Gericht geltend machen
  4. Bei schwerwiegenden Verstößen eine Verfassungsbeschwerde in Betracht ziehen

Es ist wichtig zu wissen, dass Gerichte bei Streitigkeiten mit kommunalen Wohnungsunternehmen die grundrechtliche Dimension besonders berücksichtigen müssen.

Die grundrechtliche Bindung kommunaler Wohnungsunternehmen bietet Ihnen als Mieter einen besonderen Schutz. Sie können sich im Konfliktfall auf diese Bindung berufen und haben gute Chancen, Ihre Rechte durchzusetzen, wenn die Kündigung unverhältnismäßig oder diskriminierend erscheint.

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Unter welchen Bedingungen ist eine fristlose Kündigung aufgrund von Störungen des Hausfriedens gerechtfertigt?

Eine fristlose Kündigung aufgrund von Störungen des Hausfriedens ist unter folgenden Bedingungen gerechtfertigt:

Eine Störung des Hausfriedens liegt vor, wenn das friedliche Zusammenleben der Hausbewohner erheblich und nachhaltig beeinträchtigt wird. Dies kann durch verschiedene Verhaltensweisen geschehen, wie etwa:

  • Anhaltende übermäßige Lärmbelästigung, die über das normale Maß hinausgeht
  • Aggressive oder bedrohliche Verhaltensweisen gegenüber anderen Mietern oder dem Vermieter
  • Vandalismus oder mutwillige Beschädigung des Gemeinschaftseigentums
  • Schwere Beleidigungen oder Bedrohungen anderer Hausbewohner

Für eine fristlose Kündigung müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Erheblichkeit der Störung: Die Beeinträchtigung muss so schwerwiegend sein, dass anderen Mietern oder dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.
  2. Wiederholte oder andauernde Störungen: In der Regel reicht ein einmaliger Vorfall nicht aus. Es muss sich um wiederholte oder anhaltende Störungen handeln.
  3. Abmahnung: In den meisten Fällen muss der Vermieter den störenden Mieter zunächst abmahnen und zur Unterlassung auffordern. Nur bei besonders schwerwiegenden Vorfällen kann eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung erfolgen.
  4. Verhältnismäßigkeit: Die Kündigung muss als letztes Mittel gerechtfertigt sein. Mildere Maßnahmen wie Gespräche oder Mediationsversuche sollten in der Regel vorher ausgeschöpft worden sein.
  5. Beweisbarkeit: Der Vermieter muss die Störungen des Hausfriedens nachweisen können, etwa durch Zeugenaussagen oder Dokumentation der Vorfälle.

Wenn Sie als Mieter eine fristlose Kündigung wegen angeblicher Störung des Hausfriedens erhalten, haben Sie das Recht, diese anzufechten. Prüfen Sie, ob die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Sammeln Sie Gegenbeweise und holen Sie sich rechtlichen Beistand, etwa bei einem Mieterverein oder einem Anwalt für Mietrecht.

Es ist wichtig zu wissen, dass kommunale Wohnungsunternehmen oft besonderen Kündigungsbeschränkungen unterliegen. In solchen Fällen können höhere Hürden für eine fristlose Kündigung gelten, um den sozialen Wohnungsauftrag zu erfüllen.

Vermieter sollten beachten, dass eine ungerechtfertigte fristlose Kündigung zu Schadensersatzansprüchen des Mieters führen kann. Eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation der Vorfälle ist daher unerlässlich.

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Wie können psychisch kranke Mieter auf eine Kündigung reagieren, um ihre Rechte zu schützen?

Psychisch kranke Mieter haben bei einer Kündigung besondere Rechte und Schutzmöglichkeiten. Eine sofortige Reaktion ist entscheidend, um die eigene Position zu stärken und eine mögliche Räumung zu verhindern.

Prüfung der Kündigungsgründe

Zunächst sollten Sie die Kündigungsgründe sorgfältig prüfen. Bei einer ordentlichen Kündigung muss der Vermieter ein berechtigtes Interesse nachweisen. Eine fristlose Kündigung ist nur bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen zulässig. Ihre psychische Erkrankung allein ist kein Kündigungsgrund.

Einspruch gegen die Kündigung

Legen Sie schriftlich Widerspruch gegen die Kündigung ein. Erklären Sie dabei, warum die Kündigung aus Ihrer Sicht unberechtigt ist. Beziehen Sie sich auf Ihre gesundheitliche Situation und erläutern Sie, inwiefern diese mit den Kündigungsgründen zusammenhängt.

Ärztliche Bescheinigungen

Ärztliche Atteste und psychiatrische Gutachten können Ihre Position stärken. Diese Dokumente sollten Ihre Diagnose, den Krankheitsverlauf und mögliche Auswirkungen auf Ihr Mietverhältnis darlegen. Ein Gutachten kann beispielsweise erklären, wie Ihre Erkrankung zu Verhaltensweisen führt, die der Vermieter als störend empfindet.

Soziale Härte geltend machen

Bei einer ordentlichen Kündigung können Sie sich auf eine soziale Härte berufen. Erklären Sie, warum ein Umzug für Sie aufgrund Ihrer psychischen Erkrankung eine besondere Belastung darstellen würde. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn Sie auf ein vertrautes Umfeld oder die Nähe zu Ihrem Behandlungsort angewiesen sind.

Rechtliche Unterstützung suchen

Holen Sie sich unbedingt rechtlichen Beistand. Ein auf Mietrecht spezialisierter Anwalt kann Ihre Situation einschätzen und die besten Strategien zur Verteidigung Ihrer Rechte entwickeln. Viele Mietervereine bieten auch kostenlose Erstberatungen an.

Kommunikation mit dem Vermieter

Versuchen Sie, das Gespräch mit Ihrem Vermieter zu suchen. Oft lassen sich Konflikte durch offene Kommunikation lösen. Erklären Sie Ihre Situation und zeigen Sie Bereitschaft, an Lösungen zu arbeiten. Ein Mediator kann bei diesem Prozess helfen.

Beachtung von Fristen

Halten Sie unbedingt alle rechtlichen Fristen ein. Bei einer ordentlichen Kündigung haben Sie in der Regel drei Monate Zeit, um Widerspruch einzulegen. Bei einer fristlosen Kündigung sollten Sie umgehend reagieren.

Wenn Sie in einer Wohnung eines kommunalen Wohnungsunternehmens leben, genießen Sie möglicherweise zusätzlichen Schutz. Diese Unternehmen unterliegen oft strengeren Kündigungsbeschränkungen, was Ihre Position weiter stärken kann.

Durch diese Schritte können Sie Ihre Rechte als psychisch kranker Mieter aktiv schützen und die Chancen erhöhen, in Ihrer Wohnung bleiben zu können. Denken Sie daran: Eine psychische Erkrankung macht Sie nicht rechtlos. Das Mietrecht bietet Ihnen Schutz, den Sie in Anspruch nehmen sollten.

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Welche interessensrechtlichen Abwägungen nimmt ein Gericht bei der Beurteilung von Kündigungen psychisch kranker Mieter vor?

Bei der Beurteilung von Kündigungen psychisch kranker Mieter nehmen Gerichte eine sorgfältige Abwägung verschiedener Interessen vor. Im Mittelpunkt steht dabei der Schutz des psychisch kranken Mieters einerseits und die berechtigten Interessen des Vermieters sowie anderer Mieter andererseits.

Schutz des psychisch kranken Mieters

Gerichte berücksichtigen zunächst die besondere Schutzbedürftigkeit psychisch kranker Menschen. Der Verlust der Wohnung könnte die Erkrankung verschlimmern und zu einer erheblichen Belastung führen. Daher prüfen Richter, ob die Kündigung für den Mieter eine unverhältnismäßige Härte darstellt. Dabei wird auch beachtet, ob der Mieter in der Lage wäre, eine neue Wohnung zu finden und ob ein Umzug seine Behandlung gefährden würde.

Interessen des Vermieters und anderer Mieter

Auf der anderen Seite stehen die Rechte des Vermieters und der Mitbewohner. Gerichte untersuchen, inwieweit das Verhalten des psychisch kranken Mieters den Hausfrieden stört oder andere Mieter belästigt. Dabei wird geprüft, ob es zu konkreten Beeinträchtigungen wie Lärmbelästigungen, aggressivem Verhalten oder Sachbeschädigungen gekommen ist. Auch finanzielle Aspekte wie Mietrückstände werden berücksichtigt.

Verhältnismäßigkeit der Kündigung

Ein zentraler Punkt in der gerichtlichen Abwägung ist die Verhältnismäßigkeit der Kündigung. Richter prüfen, ob es mildere Mittel gibt, um die Situation zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise:

  • Die Einschaltung von Betreuern oder sozialen Diensten
  • Die Vermittlung medizinischer Hilfe
  • Die Vereinbarung bestimmter Verhaltensregeln

Erst wenn solche Maßnahmen erfolglos bleiben oder von vornherein aussichtslos erscheinen, wird eine Kündigung als verhältnismäßig angesehen.

Prognose für die Zukunft

Gerichte stellen auch eine Prognose für die Zukunft an. Sie bewerten, ob zu erwarten ist, dass sich das störende Verhalten fortsetzt oder ob es Anzeichen für eine Besserung gibt. Dabei spielen ärztliche Gutachten eine wichtige Rolle.

Besondere Kündigungsbeschränkungen

In bestimmten Fällen, insbesondere bei kommunalen Wohnungsunternehmen, können besondere Kündigungsbeschränkungen gelten. Diese Unternehmen haben oft einen sozialen Auftrag und müssen daher höhere Hürden für eine Kündigung überwinden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Gerichte eine umfassende Interessenabwägung vornehmen, bei der der Schutz des psychisch kranken Mieters eine wichtige Rolle spielt. Gleichzeitig werden aber auch die Rechte des Vermieters und anderer Mieter berücksichtigt. Jeder Fall wird individuell beurteilt, wobei die Verhältnismäßigkeit der Kündigung und die Zukunftsprognose entscheidende Faktoren sind.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Hausfriedensstörung: Bezeichnet ein Verhalten, das den Frieden und die Ordnung innerhalb einer Wohngemeinschaft oder eines Hauses erheblich beeinträchtigt. Dies kann durch Lärm, Beleidigungen oder aggressive Handlungen geschehen. Im Mietrecht kann eine wiederholte oder schwerwiegende Hausfriedensstörung ein Kündigungsgrund sein. Allerdings muss immer eine Abwägung zwischen den Interessen aller Beteiligten erfolgen. Bei psychisch kranken Mietern wird besonders streng geprüft, ob mildere Mittel zur Konfliktlösung möglich sind. Beispiele für Hausfriedensstörungen sind nächtlicher Lärm, Bedrohungen oder Beschädigungen von Gemeinschaftseigentum.
  • Grundrechtsbindung: Bedeutet, dass staatliche Organe und öffentliche Einrichtungen bei all ihren Handlungen die Grundrechte der Bürger beachten müssen. Dies gilt auch für kommunale Wohnungsunternehmen, obwohl sie privatrechtlich organisiert sind. Sie müssen bei Entscheidungen wie Kündigungen besonders sorgfältig die Grundrechte ihrer Mieter berücksichtigen, z.B. das Recht auf Wohnung und körperliche Unversehrtheit. Die Grundrechtsbindung führt dazu, dass solche Unternehmen strengeren Maßstäben unterliegen als private Vermieter. Sie müssen vor einer Kündigung alle milderen Mittel ausschöpfen und eine umfassende Interessenabwägung vornehmen.
  • Schuldunfähigkeit: Bezeichnet im rechtlichen Sinne die Unfähigkeit, das Unrecht einer Handlung einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Bei psychischen Erkrankungen wie einer floriden Schizophrenie kann Schuldunfähigkeit vorliegen. Im Mietrecht bedeutet dies, dass dem Mieter Vertragsverletzungen nicht als schuldhaftes Verhalten angelastet werden können. Eine ordentliche Kündigung wegen schuldhafter Pflichtverletzung ist dann ausgeschlossen. Gerichte berücksichtigen diesen Aspekt bei der Beurteilung von Kündigungen besonders, da psychisch Kranke besonders schutzbedürftig sind. Die Feststellung der Schuldunfähigkeit erfordert in der Regel ein ärztliches Gutachten.
  • Interessenabwägung: Beschreibt den Prozess, bei dem ein Gericht die verschiedenen Interessen aller Beteiligten gegeneinander abwägt, um zu einer gerechten Entscheidung zu kommen. Im Mietrecht, besonders bei Kündigungsfällen, werden die Interessen des Vermieters, des betroffenen Mieters und der anderen Hausbewohner berücksichtigt. Bei psychisch kranken Mietern fließen deren besondere Schutzbedürftigkeit und die möglichen Folgen eines Wohnungsverlustes stark in die Abwägung ein. Gleichzeitig werden aber auch die Belastungen für andere Mieter und die wirtschaftlichen Interessen des Vermieters bewertet. Ziel ist es, eine ausgewogene Lösung zu finden, die allen Beteiligten soweit wie möglich gerecht wird.
  • Verhältnismäßigkeitsprinzip: Besagt, dass staatliche Maßnahmen oder Eingriffe in Rechte von Bürgern angemessen und erforderlich sein müssen. Im Kontext von Mietkündigungen bedeutet dies, dass eine Kündigung nur das letzte Mittel (Ultima Ratio) sein darf. Vor einer Kündigung müssen alle milderen Mittel zur Konfliktlösung ausgeschöpft werden. Bei kommunalen Wohnungsunternehmen gilt dies aufgrund ihrer Grundrechtsbindung in besonderem Maße. Sie müssen vor einer Kündigung beispielsweise prüfen, ob eine Verlegung in eine andere Wohnung oder die Einschaltung von Sozialdiensten möglich ist. Das Prinzip schützt vor allem vulnerable Mieter wie psychisch Kranke vor überhasteten Kündigungen.
  • Soziale Härte: Bezeichnet im Mietrecht Umstände, die für einen Mieter bei Verlust der Wohnung zu besonders schwerwiegenden Nachteilen führen würden. Bei psychisch kranken Mietern kann ein Wohnungsverlust eine erhebliche soziale Härte darstellen, da er zu einer massiven Verschlechterung des Gesundheitszustands führen kann. Gerichte berücksichtigen solche Härtefälle bei der Beurteilung von Kündigungen besonders. Eine anerkannte soziale Härte kann dazu führen, dass eine Kündigung als unverhältnismäßig eingestuft und aufgehoben wird. Mieter können sich auf soziale Härte berufen, müssen diese aber nachweisen, z.B. durch ärztliche Atteste oder Sozialberichte.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 569 BGB (Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Ermöglicht eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall berief sich die Klägerin (Vermieterin) auf diesen Paragraphen, da sie die wiederholten Störungen des Hausfriedens durch die Beklagte als wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung ansah.
  • § 573 BGB (Ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses): Regelt die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter. Sie erfordert in der Regel einen Kündigungsgrund, wie z.B. Eigenbedarf oder schuldhafte Vertragsverletzungen des Mieters. Im vorliegenden Fall kündigte die Klägerin hilfsweise ordentlich, falls die fristlose Kündigung keinen Erfolg haben sollte.
  • § 574 BGB (Kündigung wegen Zahlungsverzugs): Erlaubt dem Vermieter die Kündigung des Mietverhältnisses, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Dieser Paragraph war im vorliegenden Fall nicht direkt relevant, da die Kündigung nicht auf Zahlungsverzug beruhte.
  • § 574a BGB (Fortsetzung des Mietverhältnisses bei Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wirtschaftlicher Verwertung): Gibt dem Mieter unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, wenn der Vermieter wegen Eigenbedarfs oder wirtschaftlicher Verwertung kündigt. Die Beklagte berief sich hilfsweise auf diesen Paragraphen.
  • Art. 14 GG (Eigentum): Schützt das Eigentumsrecht, welches auch das Recht des Vermieters auf sein Eigentum (die Wohnung) einschließt. Dieses Grundrecht war im vorliegenden Fall relevant, da die Klägerin ihr Eigentumsrecht durch die Kündigung durchsetzen wollte. Es musste jedoch gegen die Grundrechte der Beklagten abgewogen werden.

Das vorliegende Urteil

 

AG Hamburg-Wandsbek – Az.: 711 C 17/24 – Urteil vom 24.07.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung.

Zwischen den Parteien besteht seit dem 16.03.2004 ein Mietverhältnis über die in der A. Straße 15, in Hamburg belegene Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, Küche und Bad inklusive Kellerraum Nr. 014 und Dachboden Nr. 2.

Die Klägerin, das größte kommunale Wohnungsunternehmen Deutschlands, ist die Vermieterin dieser Wohnung. Ihre Geschäftsanteile werden zu 71,97% von der Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (im Folgenden HGV), bei der es sich um eine Konzernholding der Freien und Hansestadt Hamburg handelt, und zu 28,03% direkt von der Freien und Hansestadt Hamburg gehalten.

Die Beklagte leidet an einer paranoiden Schizophrenie, was der Klägerin bekannt ist. Ihre Erkrankung wird seit dem Jahr 2010 ambulant behandelt. Die paranoide Schizophrenie äußert sich bei der Beklagten in Form einer inneren Unruhe, die auf einem permanenten Bedrohungsgefühl beruht.

Infolge ihrer Erkrankung kam es im Jahr 2023 zu zunehmenden Verhaltensauffälligkeiten. So fiel die Beklagte im Zeitraum vom Januar 2023 bis Januar 2024 regelmäßig, insbesondere in den Abend- und Nachtstunden, durch laute Musik, Geschrei, Gekreische, sowie das Schmeißen und Zertrümmern von Gegenständen auf. Außerdem trat sie ihren Nachbarn gegenüber aggressiv und beleidigend auf.

Am 12.07.2023 wurde eine gesetzliche Betreuung für die Beklagte eingerichtet. Bestellt wurde der Berufsbetreuer K.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 18.10.2023 dazu auf, dieses Verhalten zu unterlassen.

In dieser Zeit stellten für die Beklagte, bedingt durch ihre paranoide Schizophrenie, selbst alltägliche Situationen, wie die flüchtige Begegnung auf dem Hausflur, eine potenzielle Gefahr für sie dar.

So kam es am 07.11.2023 zu einem Vorfall, bei dem die Beklagte aufgrund ihrer Erkrankung ihre Nachbarin, Frau O., in der Gegenwart ihrer achtjährigen Tochter mit den Worten „Du Nutte“, „Präsidentenschlampe“ und „Du versaute Hure“ beschimpfte. Ferner drohte die Beklagte damit, das Gesicht von Frau O. zu „zerstören“ und sagte „warte bis ich mit Dir fertig bin, Du wirst Dich nicht mehr im Spiegel angucken können.“ Frau O. wohnt nicht in demselben Mehrfamilienhaus wie die Beklagte, sondern in der A. Straße 11.

Aufgrund dieses Vorfalls mahnte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 10.11.2023 (Anlage K1) ab.

Am 17.11.2023 kam es zu einem weiteren Vorfall, bei dem die Beklagte, ebenfalls aufgrund ihrer paranoiden Schizophrenie, eine weitere Nachbarin, Frau T., als „Hure“ und „Nutte“ bezeichnete und diese bespuckte. Frau T. wohnt nicht in demselben Mehrfamilienhaus wie die Beklagte, sondern in der A. Straße 17.

Daraufhin kündigte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 27.11.2023 fristlos und hilfsweise fristgemäß zum 31.08.2024 (Anlage K2). Ferner forderte sie die Beklagte auf, die Wohnung zum 12.12.2023 geräumt zu übergeben.

Die Beklagte räumte die Wohnung nicht und es kam am 16.01.2024 zu einem weiteren Vorfall mit einem anderen Hausbewohner, der durch die paranoide Schizophrenie der Beklagten bedingt war. Herr T. betrat den Hausflur, als die Beklagte die Tür öffnete und etwas murmelte. Auf Nachfrage beleidigte die Beklagte ihn mit den Worten „Halt die Schnauze, Du Kanacke“ und „Verbrecher-Kanacke“. Ferner sagte sie zu ihm: „Du wirst schon sehen, was Du davon hast“.

Vom 16.01.2024 bis zum 13.03.2024 war die Beklagte in der S. Klinik Hamburg-Eilbek untergebracht. Nach ihrer Entlassung wurde sie erneut an eine ambulante Behandlung angebunden. Zudem wurde sie medikamentös eingestellt. Ihre medikamentöse Compliance wird durch tägliche Kontrollen sichergestellt. Seit ihrer Entlassung sind bei der Klägerin keine weiteren Beschwerden von den anderen Hausbewohnern eingegangen. Auch wurden keine neuen Vorfälle gemeldet.

Unter Bezugnahme auf die Lärmbelästigungen seit Januar 2023 und das Verhalten der Beklagten im Rahmen der drei Vorfälle vom 07.11.2023 gegenüber Frau O. sowie vom 17.11.2023 bzw. 16.01.2024 gegenüber Frau bzw. Herrn T., kündigte die Klägerin in der Räumungsklageschrift vom 26.01.2024 das Mietverhältnis erneut fristlos und hilfsweise fristgemäß zum 31.10.2024, weiter hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Die Klägerin behauptet, sie habe die Beklagte bereits mit Schreiben vom 04.05.2023 (Anlage K3) sowie vom 30.06.2023 (Anlage K4) aufgefordert, die Störungen der Hausgemeinschaft insbesondere in den Abend- und Nachtstunden, durch laute Musik, Geschrei, Gekreische, sowie das Schmeißen und Zertrümmern von Gegenständen zu unterlassen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die in der A. Straße 15, in 2xxxx Hamburg belegene Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad samt Kellerraum Nr. 014 und Dachboden Nr. 2 geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt ferner hilfsweise, das Mietverhältnis gemäß § 574a BGB auf unbestimmte Zeit fortzusetzen.

Sie trägt vor, das Verhalten der Beklagten gegenüber den Zeugen O. und T. könne im Rahmen der Kündigung nicht berücksichtigt werden, weil diese in einem anderen Hauseingang als die Beklagte wohnten.

Das Gericht hat den Betreuer der Beklagten sowie die Beklagte persönlich angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsprotokolle vom 05.06.2024 bzw. vom 03.07.2024 Bezug genommen.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnungen gemäß § 546 Abs. 1 BGB verlangen. Das Mietverhältnis besteht vielmehr trotz der ausgesprochenen Kündigungen fort.

1. Die Klägerin beendete mit dem Schreiben vom 27.11.2023 nicht den mit der Beklagten bestehenden Mietvertrag; und zwar weder durch die außerordentliche (a.) noch durch die ordentliche (b.) Kündigung.

a. Das Mietverhältnis wurde nicht durch außerordentliche Kündigung fristlos beendet, §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB.

Gemäß § 543 Abs. 1 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen; ein wichtiger Grund liegt gemäß § 569 Abs. 2 BGB vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung lag nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Hausfrieden gemäß § 569 Abs. 2 BGB nachhaltig gestört. Es kann der Klägerin jedoch unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zugemutet werden, das Mietverhältnis fortzusetzen.

aa. Die Beklagte hat den Hausfrieden mit ihrem geräuschintensiven Verhalten seit Januar 2023 nachhaltig gestört. Jede Mietpartei muss sich bei der Nutzung der Mieträume so verhalten, dass die anderen Mieter nicht mehr beeinträchtigt werden, als dies nach den konkreten Umständen unvermeidlich ist (Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 569 Rn. 37). Die Störung ist nachhaltig, wenn sie zu einem Dauerzustand wird. Hierfür reicht es aus, wenn sie häufiger vorkommt. Einzelne Störungen reichen hingegen nicht aus (Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 569 Rn. 41).

(1) Die Beklagte fiel seit Januar 2023 in den Abend- und Nachtstunden durch laute Musik, Geschrei, Gekreische, sowie das Schmeißen und Zertrümmern von Gegenständen auf. Eine derartige Geräuschkulisse stellt eine erhebliche Lärmbelästigung dar. Dadurch stört sie die Nachtruhe ihrer Nachbarn. Regelmäßige erhebliche Lärmbelästigungen über einen Zeitraum von etwa einem Jahr weisen eine Dauerhaftigkeit und damit auch Nachhaltigkeit hinsichtlich der Störung des Hausfriedens auf.

(2) Auch das Verhalten der Beklagten während der Vorfälle vom 07.11.2023 und 17.11.2023 stellt eine Störung des Hausfriedens dar.

Eine Störung Dritter, also von Personen, die nicht Nutzer des Hauses sind, ist grundsätzlich keine Hausfriedensstörung i.S.v. § 569 Abs. 2 BGB (Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 569 Rn. 37). Denn eine Störung des Hausfriedens kann schon begrifflich nur dann vorliegen, wenn es zu Streitigkeiten unter verschiedenen Mietern desselben Hauses gekommen ist (LG Paderborn, Urteil vom 5. Dezember 1991 – 5 S 237/91 -, Rn. 5).

Die Geschädigten der hiesigen Vorfälle wohnen nicht im selben Haus wie die Beklagten, also der A. Straße 15, sondern in anliegenden Hauseingängen, nämlich in der A. Straße 11 bzw. 17. Dies spricht dafür, eine Hausfriedensstörung nicht anzunehmen.

Die Störungen haben sich aber gleichwohl auf den Hausfrieden in der A. Straße 15 ausgewirkt, weil die Bewohner der A. Straße 15 von den Vorfällen erfahren haben und sie infolge dessen um ihr eigenes Wohlbefinden besorgt sind. Diesen Eindruck gewann das Gericht infolge der Verhandlung vom 03.07.2024.

Bei Beleidigungen und Drohungen sind stets die Begleitumstände mit zu berücksichtigen. Eine Beleidigung stellt sich als weniger verletzend dar, wenn sie aus einer Provokation heraus oder im Zusammenhang einer bereits vorgegebenen streitigen Atmosphäre erfolgt oder wenn sie als eine momentane und vereinzelt gebliebene Unbeherrschtheit zu bewerten ist (LG München I, Urteil vom 20.01.2016 – 14 S 16950/15). Demgegenüber haben manche Beleidigungen ein solches Gewicht, dass die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung auf der Hand liegt (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 543 Rn. 61).

Die Beklagte beleidigte ihre Nachbarn bei beiden Vorfällen ohne jegliche vorangegangene Provokation. Beim Vorfall vom 07.11.2023 verletzte sie mit ihren Äußerungen in schwerster Weise das Ehrgefühl ihrer Nachbarin, Frau O., in Gegenwart ihrer achtjährigen Tochter. Ferner drohte sie ihr damit, sie zu zerstören und dafür zu sorgen, dass sie sich nicht mehr im Spiegel angucken kann. Ähnlich ehrverletzende Äußerungen verwendete die Beklagte auch beim Vorfall vom 17.11.2023 und bespuckte Frau T. sogar. Diesem Verhalten gingen keine rechtwidrigen Provokationen durch die Geschädigten voraus.

Auch hinsichtlich der beiden Vorfälle ist eine Nachhaltigkeit der Störung des Hausfriedens gegeben. Die Vorfälle ereigneten sich in einem Abstand von zehn Tagen. Bei einem derart geringen zeitlichen Abstand liegt eine gewisse Häufung vor, sodass die Vorfälle nicht mehr als Einzelfälle betrachtet werden können. Gegen eine Einzelfallbetrachtung spricht zudem die Vergleichbarkeit der beiden Vorfälle hinsichtlich ihrer Intensität und Modalität.

bb. Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien kann der Klägerin zugemutet werden, das Mietverhältnis fortzusetzen.

Bei der Frage der Zumutbarkeit ist das Interesse des Kündigenden an einer sofortigen Beendigung des Vertrages gegen das Interesse des Kündigungsempfängers an dessen Bestand abzuwägen (Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 543 Rn. 19). Da das Überwiegen der Interessen des Kündigenden die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses zur Folge hat, ist der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, mithin der 30.11.2023, anzunehmen. Für die Zumutbarkeit ist das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen maßgeblich (Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 543 Rn. 8; LG Hamburg, Beschluss vom 23.06.2021 – 316 T 24/21). Erforderlich ist daher eine negative Zukunftsprognose für eine gedeihliche Entwicklung des Vertragsverhältnisses. Die nachhaltige Störung des Hausfriedens aus der Vergangenheit soll und muss etwas darüber aussagen bzw. ein Indiz dafür sein, wie sich die Vertragserfüllung in Zukunft gestaltet. Eine sichere Vorhersage ist hierbei nicht möglich und daher nicht notwendig. Maßgeblich ist vielmehr, ob eine Störung des Hausfriedens nach der Lebenserfahrung geeignet ist, das für die Durchführung eines Dauerschuldverhältnisses notwendige Vertrauen nachhaltig zu stören. Hierbei kann die Wiederholungsgefahr eine Unzumutbarkeit begründen. Eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten Umständen eine erneute nachhaltige Störung des Hausfriedens erfolgen wird (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 543 Rn. 8).

Bei der Abwägung sind insbesondere das Ausmaß und die Auswirkungen der Störung des Hausfriedens, sowie die Folgen des Wohnungsverlusts für den Mieter zu berücksichtigen. Wird der Hausfrieden durch das Verhalten eines psychisch kranken Mieters gestört, sind die Belange des Vermieters, des Mieters und der anderen Mieter aufgrund der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte unter Berücksichtigung der Wertentscheidungen des Grundgesetzes und der besonderen Schutzbedürftigkeit des kranken Mieters gegeneinander abzuwägen (vgl. LG Hamburg, Beschluss vom 23.06.2021 – 316 T 24/21; BGH, Urteil vom 9.11.2016 – VIII ZR 73/16). Insoweit ist aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG abzuleiten, dass im nachbarlichen Zusammenleben mit psychisch Erkrankten ein erhöhtes Maß an Toleranzbereitschaft zu fordern ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.06.2000 – 14 U 19/99). Allerdings endet die Verpflichtung zur Toleranz dort, wo durch das Verhalten des psychisch Erkrankten die Gesundheit des Vermieters oder anderer Mieter im Haus ernsthaft gefährdet wird oder wo der Hausfrieden ständig durch Beleidigungen der Mitbewohner und Pöbeleien gestört wird (AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Versäumnisurteil vom 12.09.2014 – 25 C 219/13; AG Berlin-Wedding, Urteil vom 25.06.2013 – 7 C 148/12). Ebenso muss insbesondere das Recht des Mieters auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bei der Gesamtabwägung berücksichtigt werden. Das kann zur Folge haben, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung wegen besonders schwerwiegender persönlicher Härtegründe auf Seiten des Mieters trotz seiner erheblichen Pflichtverletzung nicht vorliegt (BGH, Urteil vom 8.12.2004 – VIII ZR 218/03). Das Verschulden der Vertragsparteien ist bei der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ein wesentliches Kriterium, aber keine Voraussetzung für die Kündigung (Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 543 Rn. 5; LG Hamburg, Beschluss vom 23.06.2021 – 316 T 24/21).

Ausgehend von diesen Grundsätzen überwiegt das Interesse der Beklagten an dem Bestand des Mietverhältnisses gegenüber dem Interesse der Klägerin an einer sofortigen Beendigung des Mietvertrags. Die Nachteile, die die Beklagte durch eine sofortige Beendigung Mietverhältnisses erdulden müsste, sind schwerwiegender als die Nachteile, die für die Klägerin bzw. die anderen Hausbewohner mit dem Bestand des Mietverhältnisses einhergehen. Die drohenden Grundrechtsbeeinträchtigungen infolge eines Wohnungsverlustes überwiegen hinsichtlich ihrer Bedeutung und Tragweite der nachhaltigen Störung des für die Durchführung des Mietverhältnisses erforderlichen Vertrauens.

(1) Die Belästigungen, die die anderen Hausbewohner wegen dem Verhalten der Beklagten erdulden mussten, sind wegen der bestehenden Wiederholungsgefahr dazu geeignet, das für die Durchführung des Mietverhältnisses erforderliche Vertrauen nachhaltig zu stören. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ging von der damals unbehandelten Beklagten eine Wiederholungsgefahr für weitere nachhaltige Störungen des Hausfriedens aus. Zu diesem Zeitpunkt waren die anderen Hausbewohner seit mittlerweile zehn Monaten den von der Beklagten ausgehenden erheblichen Lärmbelästigungen ausgesetzt. Diese erfolgten regelmäßig, sowie überwiegend in den Abend- und Nachtstunden. Die häufige Störung der Nachtruhe zieht eine Gesundheitsbeeinträchtigung für die anderen Hausbewohner nach sich. Auch mussten sich die anderen Hausbewohner im Rahmen der geschilderten Vorfälle, ohne jegliche vorangegangene Provokation, erhebliche Ehrverletzungen gefallen lassen.

Während dieser Zeit befand sich die Beklagte in einem floriden Zustand paranoider Schizophrenie. Die Verhaltensauffälligkeiten traten erst im Januar 2023, mit erheblich zugenommenen Krankheitsverlauf, auf. Dem zunehmenden Krankheitsverlauf der Beklagten wurde seitens ihrer ambulanten Behandlung nicht hinreichend entgegengewirkt. Um eine suffiziente Gesundheitssorge konnte sich die Beklagte krankheitsbedingt nicht kümmern. Eine solche war erst mit der Einrichtung einer Betreuung ab dem 12.07.2023, mithin ein halbes Jahr nach Beginn der Pflichtverletzungen, gewährleistet. Auch ein Betreuer benötigt einen gewissen zeitlichen Rahmen, um eine ausreichende Behandlung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung ärztlichen Ratschlags, vorbereiten zu können. Entsprechend verblieb die Beklagte in Folgezeit ohne hinreichende Behandlung. Eine solche erfuhr sie erst nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt.

Dadurch befand sich die Beklagte während der Geschehnisse in einem permanenten Zustand innerer Unruhe. Dieser innere Druck stammt von ihrer wahnhaften Vorstellung, dass alle Menschen in ihrem Umfeld ihr gegenüber feindselig eingestellt sind. Aufgrund dieses Gefühls hat sie sich bei jeder Interaktion von ihren Mitmenschen bedroht gefühlt. Selbst alltägliche Situationen, wie flüchtige Begegnungen auf dem Hausflur, stellten daher aus der Perspektive der Beklagten eine potenzielle Gefahr für sie dar.

Solche Situationen sind in einem Wohnhaus unvermeidlich. Wenn jede zwischenmenschliche Interaktion ein solches Verhalten befürchten lässt, ist eine hohe Wahrscheinlichkeit weiterer nachhaltiger Störungen des Hausfriedens zu erwarten.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte trotz diverser Aufforderungen und Abmahnungen seitens der Klägerin nicht davon absah, ihre Pflichtverletzungen fortzusetzen. Daher ist auch nicht davon auszugehen, dass in Zukunft etwaige Störungen des Hausfriedens unterbunden werden können.

(2) Die Folgen eines Wohnungsverlusts stellen jedoch, aufgrund der drohenden Grundrechtsbeeinträchtigungen, einen derart schwerwiegenden persönlichen Härtegrad dar, dass auch im Lichte der erheblichen Pflichtverletzungen der Beklagten das Maß an Toleranzbereitschaft im nachbarlichen Zusammenleben mit psychisch Erkrankten noch nicht überschritten ist.

Zugunsten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass sie ihre mietvertraglichen Pflichten bis zu den streitgegenständlichen Vorfällen, d.h. über knapp 20 Jahre, zuverlässig eingehalten hat. Außerdem war ihr aufgrund der wahnhaften Symptomatik einer paranoiden Schizophrenie eine freie Willensbildung unmöglich, sodass sie ihr Verhalten nicht zu Verschulden hat.

Die mittlerweile hinreichend behandelte Beklagte befand sich zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch in einem floriden Zustand der paranoiden Schizophrenie. Entsprechend sind die Folgen eines Wohnungsverlustes für einen floride paranoid schizophrenen Menschen zu berücksichtigen. Das wahnhafte Verhalten der Beklagten wird bedingt durch ihr Gefühl von innerem Druck. Dieser innere Druck würde durch einen Wohnungsverlust erheblich zunehmen. Der Verlust der eigenen Wohnung, insbesondere wenn sei seit ca. zwanzig Jahren bewohnt wird, stellt selbst für psychisch gesunde Menschen eine erhebliche Stresssituation und Belastungsprobe dar. Bei einem psychisch kranken Menschen, für den selbst alltägliche Situationen ein unaushaltbares Bedrohungsgefühl begründen, und um einen solchen Menschen handelte es sich bei der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt des Kündigungszugangs, stellen solche Situationen sogar eine erhebliche Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit dar. Denn durch den Verlust der Geborgenheit der eigenen Wohnung und die damit zunehmende inneren Unruhe, nimmt auch die wahnhafte Wahrnehmung und damit die Vorstellung von vermeintlichen Gefährdungslagen zu. Diese sind dazu geeignet, die Beklagte in eine für sie als unausweichlich wahrgenommene Verzweiflungssituation zu bringen und entsprechend schwerwiegendere Verhaltensweisen hervorzubringen.

Bereits im geschützten Rahmen der eigenen Wohnung hat das Krankheitsbild der Beklagten diese zu gesundheits- und ehrverletzenden Verhaltensweisen bewegt. Die mit dem Wohnungsverlust einhergehende weitere Verschlechterung des Krankheitsbilds würde nach aller Voraussicht die unmittelbare Gefahr, dass die Beklagte ihre eigenen Rechtsgüter oder die ihrer Mitmenschen verletzt, außerordentlich erhöhen.

Hinzukommt, dass die Möglichkeit eine Ersatzwohnung für die Beklagte zu finden, zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs erheblich durch ihr Krankheitsbild eingeschränkt war. Die fehlenden Erfolgsaussichten einer erneuten Wohnungssuche werden dadurch verdeutlicht, dass selbst die Klägerin, dem größten kommunalen Wohnungsunternehmen Deutschlands, der mittlerweile gut medikamentös eingestellten Beklagten kein Angebot auf die Anmietung einer anderen Wohnung machte. Erfolgsaussichten einer florid paranoid schizophrenen Bewerberin, eine Wohnung zu finden, gibt es damit praktisch nicht.

Allenfalls scheint eine Unterbringung in einer Notunterkunft realistisch.

Eine Notunterkunft bietet jedoch nicht einmal ansatzweise das erforderliche Mindestmaß geordneter Lebensumstände, die für die Verhinderung eines zunehmenden Krankheitsverlaufs und den damit einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen erforderlich ist. Ebenfalls nicht unwahrscheinlich scheint der Gang in die Obdachlosigkeit, der nicht nur, aber insbesondere bei einer florid paranoiden Person wie der Beklagten die Gefahr einer ganz erheblichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bedeuten würde. Hier besteht neben einer erheblichen Eigenfährdung zusätzlich die Gefahr potenzieller Rechtsgutsverletzungen durch Dritte, die insbesondere bei der krankheitsbedingt besonders vulnerablen Beklagten nicht hinnehmbar sind.

(3) Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin als kommunales Wohnungsunternehmen unmittelbarer Grundrechtsbindung unterliegt und somit in besonderem Maße an das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden ist. Die fristlose Kündigung erfolgte ohne hinreichende Berücksichtigung der bei Obdachlosigkeit drohenden unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben der äußerst vulnerablen Beklagten sowie ohne Prüfung milderer Mittel und ist daher unverhältnismäßig.

Die Klägerin wird von der öffentlichen Hand beherrscht und hat daher bei sämtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, mithin auch bei der Kündigung des Mietverhältnisses mit der Beklagten, die Grundrechte der Beklagten zu beachten. Die Träger öffentlicher Gewalt, sowie die von ihnen beherrschten Privatrechtspersonen, haben bei ihren Entscheidungen und Maßnahmen stets auch den jeweils einschlägigen Grundrechtsschutz zu beachten. Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG binden die Grundrechte die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Der Begriff der vollziehenden Gewalt ist dabei weit zu verstehen. Erfasst werden neben den Behörden auch öffentliche Unternehmen, die in privatrechtlicher Form von einem Hoheitsträger geführt werden (BVerfGE 128, 226 – Fraport). Sobald der Staat eine Aufgabe an sich zieht, ist er bei deren Wahrnehmung auch an die Grundrechte gebunden, unabhängig davon, in welcher Rechtsform er handelt. Dies gilt auch, wenn er für seine Aufgabenwahrnehmung auf das Zivilrecht zurückgreift. Eine Flucht aus der Grundrechtsbindung in das Privatrecht mit der Folge, dass der Staat unter Freistellung von Art. 1 Abs. 3 GG als Privatrechtssubjekt zu begreifen wäre, ist ihm verstellt. Zwar können der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt – vorbehaltlich besonderer rechtlicher Vorgaben – ihre Aufgaben auch mit den Mitteln des Privatrechts erfüllen; sie handeln dabei jedoch stets in Wahrnehmung ihres nach dem Gemeinwohl verpflichteten Auftrags. Ihre unmittelbare Bindung an die Grundrechte hängt daher weder von der Handlungsform noch von der Organisationsform ab, in der sie dem Bürger gegenübertreten und umfasst daher auch juristische Personen des Privatrechts, soweit sie von der öffentlichen Hand beherrscht werden (BVerfGE 128, 226 – Fraport). Daher sind auch kommunal beherrschte Wohnungsunternehmen vollumfänglich an die Grundrechte gebunden (BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 2019 – 2 BvR 2456/18).

Die Klägerin ist eine juristische Person des Privatrechts und wird von der öffentlichen Hand beherrscht. Sie ist eine Aktiengesellschaft und als solche eine juristische Person des Privatrechts, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die Geschäftsanteile der Klägerin werden zu 100% von der Freien und Hansestadt Hamburg gehalten. Die Freie und Hansestadt Hamburg hält 28,03% der Geschäftsanteile der Klägerin direkt und zu 71,97% über ihre Konzernholding, die HGV.

Eine Bindung an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht geht mit der Pflicht zur Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einher. Der Wortlaut der Grundrechte eröffnet die Möglichkeit, diese zu beschränken. Die Grundrechte sollen in ihrer Funktion als Abwehrrechte den Grundrechtsträger jedoch umfassend vor hoheitlichen Belastungen schützen. Ein umfassender Schutz setzt voraus, dass bei hoheitlichen Entscheidungen und Maßnahmen die Bedürfnisse des Grundrechtsträgers hinreichend berücksichtigt und abgewogen werden (BVerfGE 67, 157, 173; 81, 70, 90; 85, 248, 260/261).

Eine hinreichende Berücksichtigung der Grundrechte der Beklagten ist im Rahmen der Kündigung nicht erfolgt. Bei der fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses mit einer äußerst vulnerablen Person, wie hier der Beklagten, ist insbesondere die bei Obdachlosigkeit drohende unmittelbare Gefahr für Leib und Leben zu berücksichtigen. Aufgrund der damit einhergehenden unmittelbaren Gefahr schwerwiegender Grundrechtsbeeinträchtigungen, kann eine fristlose Kündigung in einem solchen Fall nur „ultima ratio“ sein. Die Klägerin hätte somit alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Vermeidung einer Kündigung erwägen und ggf. ergreifen müssen, um die Beklagte vor erheblichen Gesundheitsgefahren zu bewahren. Diese Verpflichtung wird insbesondere durch die Konzeption der Klägerin als kommunales Wohnungsunternehmen bestärkt. Zu den wichtigsten Zielen eines kommunalen Wohnungsunternehmens gehört das aktive Gestalten von sozialen und städtebaulichen Entwicklungsprozessen. Hierzu gehört auch der soziale Ausgleich in den Wohnungsquartieren. Einer solchen Zielsetzung widerstrebt es, auf Verhaltensauffälligkeiten einer vulnerablen Mieterin erst mit der Aufforderung zur Unterlassung des pflichtwidrigen Verhaltens zu antworten. Bei Auffälligkeiten einer Mieterin, die auf Hilfebedürftigkeit hindeuten, wäre es zumindest geboten und ohne weiteres möglich gewesen, den sozialpsychiatrischen Dienst zu informieren, damit von dort geeignete Maßnahmen unternommen werden können. Ein solches Vorgehen wäre im Übrigen hinsichtlich der Unterbindung des pflichtwidrigen Verhaltens der Beklagten auch zielführender gewesen. Schließlich ist es aufgrund der wahnhaften Wahrnehmung der damals floride schizophrenen Beklagten zu bezweifeln, dass diese kognitiv dazu in der Lage war, der Aufforderung zur Unterlassung des pflichtwidrigen Verhaltens Folge zu leisten. Auch ein Angebot auf die Anmietung einer anderen Wohnung der Klägerin hätte diese vor Ausspruch der Kündigung zumindest prüfen müssen.

b. Das Mietverhältnis wurde mit dem Schreiben vom 27.11.2023 auch nicht durch fristgemäße Kündigung beendet, §§ 542 Abs. 1, 573 Abs. 1 Satz 1, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum nur ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches liegt gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.

aa. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten ihre Pflicht zur Wahrung des Hausfriedens nicht unerheblich verletzt. Während der Lärmbelästigungen und Ehrverletzungen der anderen Hausbewohner handelte sie allerdings nicht schuldhaft. Der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt voraus, dass die Pflichtverletzung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Das Verschulden entfällt dann, wenn die Voraussetzungen des § 827 Satz 1 BGB vorliegen. Danach trifft den Mieter keine Verantwortung, wenn er die Pflichtverletzung in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 16. Aufl. 2024, BGB § 573 Rn. 22). Die Beklagte befand sich bei Begehung der Pflichtverletzung in einer floriden Phase der paranoiden Schizophrenie. Eine freie Willensbestimmung war ihr aufgrund der damit einhergehenden wahnhaften Symptomatik nicht möglich.

bb. Die Klägerin hat auch im Übrigen kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Tatbestände aus § 573 Abs. 2 BGB stellen vertypte Fälle überwiegender Vermieterbelange dar, die einen ersten Anhalt für eine Interessenbewertung und -abwägung im Rahmen des § 573 Abs. 1 BGB geben. Um einerseits dem nur beispielhaften Charakter des Absatzes 2 Rechnung zu tragen, andererseits aber die durch Kumulation der Merkmale ausgedrückte Wertung des Gesetzgebers zu respektieren, muss das Fehlen eines Merkmals des in Absatz 2 genannten Tatbestandes durch einen anderen Aspekt kompensiert werden, der für das Erlangungsinteresse des Vermieters streitet. (MüKoBGB/Häublein BGB, § 573 Rn. 38). Die fehlende Schuldhaftigkeit der Beklagten wird nicht durch einen für das Erlangungsinteresse der Klägerin sprechenden Aspekt kompensiert. Die Klägerin begehrt die Räumung aufgrund einer Pflichtverletzung. Es kommt ihr daher lediglich auf den Auszug der Beklagten an, womit weniger ihr Erlangungsinteresse, sondern vielmehr das Bestandsinteresse der Beklagten im Vordergrund steht. Denn der Nutzen, den ein Auszug der Beklagten für die Klägerin hat, steht außer Verhältnis zu der der Beklagten drohenden Wohnungslosigkeit und der damit verbundenen Beeinträchtigung ihrer körperlichen Unversehrtheit.

2. Die in der Räumungsklageschrift inbegriffene fristlose und hilfsweise fristgemäße Kündigung hat das zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehende Mietverhältnis ebenfalls nicht wirksam beendet.

a. Das Mietverhältnis wurde mit der Räumungsklageschrift nicht fristlos gekündigt, §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB. Zwar hat die Beklagte beim nunmehr zu berücksichtigenden Vorfall vom 16.01.2024 den Hausfrieden gemäß § 569 Abs. 2 BGB durch die Verwendung rassistischer Begrifflichkeiten gegenüber Herrn T. in Summation mit den beiden vorangegangenen Vorfällen auch nachhaltig gestört. Da dieser Vorfall im Hausflur der A. Straße 15 erfolgte, stellt dieser auch unmittelbar eine Störung des Hausfriedens dar. Diese Störung begründet aber, auch unter Berücksichtigung der mit den bereits im Rahmen des Schreibens vom 27.11.2023 erwähnten Umstände, nicht das Überwiegen des Interesses der Klägerin an einer sofortigen Beendigung des Mietvertrags. Auch bei fortgesetzter nachhaltiger Störung des für die Durchführung des Mietverhältnisses erforderlichen Vertrauens, überwiegt die drohende Grundrechtsbeeinträchtigung infolge eines Wohnungsverlustes. Insbesondere, da im Rahmen der Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung seit nunmehr mindestens zehn Tagen in stationärer Behandlung und medikamentöser Einstellung befand. Zudem hätte die Klägerin auch hier weitere Maßnahmen vor Ausspruch der Kündigung prüfen müssen. Insbesondere das Angebot der Anmietung einer vergleichbaren Wohnung in einem anderen Mehrfamilienhaus, wo keine nachhaltige Störung des Hausfriedens durch die Beklagte erfolgte, schien hier erfolgversprechend, um allen zu berücksichtigenden Interessen gerecht zu werden.

b. Das Mietverhältnis wurde mit der Räumungsklageschrift auch nicht fristgemäß gekündigt, §§ 542 Abs. 1, 573 Abs. 1 Satz 1, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Beklagte hat die Pflichtverletzung weder vorsätzlich noch fahrlässig begangen, da sie gemäß § 827 Satz 1 BGB keine Verantwortung trifft. Auch während des Vorfalls vom 16.01.2024 befand sich die Beklagte in einer floriden Phase der paranoiden Schizophrenie, sodass sie auch diese Pflichtverletzung in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat. Ein sonstiges berechtigtes Interesse gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ist aus den oben genannten Gründen auszuschließen.

II.

Über den Hilfsantrag der Beklagten ist nicht mehr zu entscheiden, da er nicht mehr beantragt ist, vgl. § 308 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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