Skip to content

WEG – Änderung des Verteilungsschlüssels durch Mehrheitsbeschluss

Mehrheitsbeschluss: Wohnungseigentümer ändern Verteilungsschlüssel im WEG

Das Urteil des Amtsgerichts Bonn befasst sich mit einer Klage gegen einen Mehrheitsbeschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Änderung des Verteilungsschlüssels für Kosten. Es wurde entschieden, dass die Änderung des Verteilungsschlüssels, speziell für die Kosten der Instandhaltung und Erneuerung von Fenstern und Türanlagen, rechtens ist. Der Beschluss verstößt nicht gegen ordnungsgemäße Verwaltung und ist hinreichend bestimmt sowie verhältnismäßig.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 211 C 28/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klage gegen Mehrheitsbeschluss: Eine Eigentümerin klagt gegen einen Beschluss ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft.
  2. Änderung des Verteilungsschlüssels: Der Beschluss betrifft die Änderung des Verteilungsschlüssels für die Kosten von Fenster- und Türsanierungen.
  3. Kostenverteilung für Sondereigentum: Die Kosten für die Instandhaltung und Erneuerung von Fenstern und Türanlagen sollen zukünftig vom jeweiligen Eigentümer des Sondereigentums getragen werden.
  4. Rechtmäßigkeit des Beschlusses: Das Gericht befindet, dass der Beschluss rechtlich zulässig und mit der ordnungsgemäßen Verwaltung vereinbar ist.
  5. Bestimmtheit des Beschlusses: Der Beschluss wird als klar und eindeutig angesehen, wobei jeder Eigentümer die Kosten für seine Einheit alleine trägt.
  6. Keine übermäßige Belastung: Der Beschluss verursacht keine unverhältnismäßige Kostenbelastung für die Eigentümer.
  7. Einklang mit Teilungserklärung: Der Beschluss steht nicht im Widerspruch zur ursprünglichen Teilungserklärung der Gemeinschaft.
  8. Klage wird abgewiesen: Das Gericht weist die Klage ab und bestätigt damit die Gültigkeit des Mehrheitsbeschlusses.

Wohnungseigentümergemeinschaften und der Verteilungsschlüssel

Die Änderung des Verteilungsschlüssels in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) ist ein wichtiges Thema im Bereich des Wohnungseigentumsrechts. Die Änderung des Verteilungsschlüssels kann sich auf die Kostenverteilung für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen beziehen. In diesem Zusammenhang spielt der Mehrheitsbeschluss eine entscheidende Rolle. Eine solche Änderung kann zu Konflikten innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft führen, weshalb es wichtig ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen.

Im Folgenden werden wir uns mit einem Urteil des Amtsgerichts Bonn befassen, das sich mit der Änderung des Verteilungsschlüssels für die Kosten der Instandhaltung und Erneuerung von Fenstern und Türanlagen befasst. Das Urteil gibt Aufschluss darüber, wie ein solcher Beschluss aus rechtlicher Sicht zu bewerten ist und welche Kriterien für die Gültigkeit einer solchen Änderung maßgeblich sind.

Streitpunkt Mehrheitsbeschluss: Änderung des Verteilungsschlüssels in der WEG

Im Kern des Falles steht eine Auseinandersetzung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) über die Änderung des Verteilungsschlüssels für Instandhaltungskosten. Die Klägerin, eine Miteigentümerin der WEG, wendete sich gegen einen Mehrheitsbeschluss, der die Kostenverteilung für die Erneuerung und Instandhaltung von Fenstern und Türanlagen in den jeweiligen Sondereigentumseinheiten neu regelte. Laut diesem Beschluss sollten diese Kosten zukünftig nicht mehr von der Gemeinschaft, sondern individuell von den Eigentümern der jeweiligen Einheiten getragen werden.

Rechtlicher Hintergrund: Anfechtung des Mehrheitsbeschlusses

Die Klägerin argumentierte, der Beschluss sei rechtswidrig, da er eine unzulässige Änderung des Verteilungsschlüssels darstelle und nicht hinreichend bestimmt sei. Sie führte weiter aus, dass der Beschluss zu einer unverhältnismäßigen Kostenbelastung führen würde, insbesondere da umfangreiche Nebenarbeiten an Gemeinschaftsflächen wie Dach und Außenwand erforderlich wären. Die Klägerin behauptete auch, die Entscheidung widerspreche der bestehenden Teilungserklärung und den bisherigen Rücklagenbildungen für Sanierungsarbeiten.

Urteilsfindung des AG Bonn: Bestätigung des Mehrheitsbeschlusses

Das Amtsgericht Bonn wies die Klage ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit des Mehrheitsbeschlusses. Es befand, dass der Beschluss sowohl hinreichend bestimmt als auch verhältnismäßig sei und ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Das Gericht erklärte, dass die Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 WEG berechtigt sind, über eine von der Teilungserklärung abweichende Kostenverteilung zu beschließen. Der Beschluss wurde als klar und eindeutig angesehen, da er genau definierte, welche Kosten von welchen Eigentümern zu tragen sind.

Rechtliche Begründung und Implikationen

Das Gericht stellte klar, dass der Beschluss im Einklang mit dem Prinzip der ordnungsgemäßen Verwaltung steht. Es betonte, dass die Änderung der Kostenverteilung den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt, da sie auf der gesteigerten Gebrauchsmöglichkeit der jeweiligen Sondereigentümer basiert. Die Entscheidung berücksichtigt, dass jeder Eigentümer individuell von den ihm zugeordneten Fenster- und Türanlagen profitiert und daher auch die damit verbundenen Kosten tragen sollte. Das Gericht wies zudem die Argumentation der Klägerin zurück, dass der Beschluss eine unverhältnismäßige Kostenbelastung darstelle, und hob hervor, dass jeder Eigentümer im Gegenzug von den Kosten der anderen Einheiten befreit wird.

Das Urteil des Amtsgerichts Bonn stellt einen bedeutenden Fall für das WEG-Recht dar, indem es die Autonomie der Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Gestaltung ihrer internen Kostenverteilung bestätigt. Es verdeutlicht die Bedeutung klar definierter Mehrheitsbeschlüsse und deren Vereinbarkeit mit der ordnungsgemäßen Verwaltung einer WEG. Die Entscheidung zeigt auf, wie wichtig es für Eigentümer ist, die Auswirkungen solcher Beschlüsse zu verstehen und gegebenenfalls rechtliche Schritte zu erwägen, wenn sie diese für unangemessen halten.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was bedeutet die Änderung des Verteilungsschlüssels in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und welche Konsequenzen hat dies für die Eigentümer?

Der Verteilungsschlüssel in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bestimmt, wie die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt werden. Grundsätzlich erfolgt die Verteilung der Kosten gemäß §16 Abs. 2 WEG nach dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel der Miteigentumsanteile. Es kann jedoch in der Gemeinschaftsordnung ein anderer Kostenverteilungsschlüssel vereinbart werden, beispielsweise könnte die Wohnfläche als Kostenverteilungsschlüssel in der Gemeinschaftsordnung festgelegt werden.

Eine Änderung des Verteilungsschlüssels kann erhebliche Auswirkungen auf die Kostenbelastung der einzelnen Eigentümer haben. Ein Wohnungseigentümer kann eine Änderung des Verteilerschlüssels für verbrauchsunabhängige Kosten (Verteilung nach Fläche statt nach Miteigentumsanteil) nur verlangen, wenn er sonst erheblich mehr belastet würde. Ab 25 % ist die Mehrbelastung als erheblich anzusehen.

Seit der Reformierung des WEG zum 01.12.2022 kann der Kostenverteilungsschlüssel für sämtliche Kostenarten durch einen Beschluss mit einfacher Mehrheit geändert werden. Allerdings darf die Änderung nicht willkürlich sein, sonst ist der Beschluss angreifbar.

Es ist zu beachten, dass eine Änderung des Verteilungsschlüssels in einer Teilungserklärung nicht mit einfacher Mehrheit geändert werden kann. Hierfür ist eine einstimmige (sog. allstimmige) Beschlussfassung notwendig.

Die Konsequenzen einer Änderung des Verteilungsschlüssels können vielfältig sein. Sie können dazu führen, dass einige Eigentümer mehr und andere weniger zahlen müssen. Es ist jedoch zu beachten, dass eine rückwirkende Änderung des Verteilungsschlüssels nicht möglich ist, wenn über die betreffende Abrechnungsperiode bereits abgerechnet wurde.

Unklare Verteilerschlüssel können nicht nachträglich durch andere Verteilerschlüssel ersetzt werden, wenn über die betreffende Abrechnungsperiode bereits abgerechnet wurde. Eine nachträgliche Änderung ist nicht zulässig.

Auch wenn der Kostenverteilungsschlüssel einer Wohnungseigentumsanlage unwirksam ist, müssen nicht nachträglich alle Jahresabrechnungen, die auf ihm beruhen, geändert und die Zahlungen angepasst werden. Andererseits wird der Verteilungsschlüssel auch nicht durch jährliche Wiederholung wirksam.

In welchem Umfang dürfen Wohnungseigentümergemeinschaften durch Mehrheitsbeschluss den Verteilungsschlüssel für Kosten abändern?

Die Änderung des Verteilungsschlüssels in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist durch einen Mehrheitsbeschluss möglich. Dieser Schlüssel bestimmt, wie die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt werden. Nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zum 01.12.2022 kann der Kostenverteilungsschlüssel für sämtliche Kostenarten, wie beispielsweise Betriebskosten, Verwaltungskosten und Kosten von Erhaltungsmaßnahmen, durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss geändert werden.

Die Änderung des Verteilungsschlüssels kann sich auf einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten beziehen. Beispielsweise können die Wohnungseigentümer über die Verteilung der Kosten einer konkreten Maßnahme, wie eines Fensteraustauschs, beschließen. Es ist jedoch nicht zulässig, eine generelle Änderung des allgemeinen Kostenverteilungsschlüssels vorzunehmen.

Die Änderung des Verteilungsschlüssels muss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und darf nicht willkürlich sein, sonst ist der Beschluss angreifbar. Eine Änderung darf nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung einzelner Mitglieder führen.

Es ist wichtig zu beachten, dass eine Änderung des Verteilungsschlüssels nicht rückwirkend für bereits abgelaufene Kalenderjahre vorgenommen werden kann. Zudem fehlt es an der Beschlusskompetenz, den Kostenverteilungsschlüssel für alle Kostenarten generell zu ändern.

Für die Kostenverteilung von baulichen Veränderungen gelten abweichende Regeln. Hier verweist §16 Abs. 3 WEG auf die in §21 Abs. 5 WEG geregelte Kostenverteilung für bauliche Veränderungen.


Das vorliegende Urteil

AG Bonn – Az.: 211 C 28/22 – Urteil vom 30.03.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Miteigentümerin der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft.

Grundlage der Gemeinschaft ist eine am 16.05.1979 notariell beglaubigte Teilungserklärung. Sie besteht aus 41 Wohneinheiten sowie 2 Teileigentumseinheiten und einer gemeinschaftlichen Garage. Die Klägerin ist Eigentümerin der im Aufteilungsplan nach Maßgabe der Teilungserklärung mit Ziffer … bezeichneten Wohnung, die 69 qm groß ist und 173,41/10.000tel Miteigentum ausmacht.

In der am 15.06.2022 stattgefundenen Eigentümerversammlung der Beklagten wurde unter anderem unter TOP 10 der Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung für die Erhaltung und Erneuerung der im räumlichen Bereich des jeweiligen Sondereigentums befindlichen Fenster mit folgendem Wortlaut gefasst:

„Die Eigentümerversammlung beschließt, dass mit sofortiger Wirkung die Kosten für die Instandhaltung, Instandsetzung einschließlich Austausch der im räumlichen Bereich des jeweiligen Sondereigentums befindlichen Fenster inklusive der Türanlagen von Balkonen und Loggien, d. h. solche, die das jeweilige Sondereigentum nach außen hin abschließen, sowie der Wintergärten unter Freistellung der übrigen Wohnungs-/Teileigentümer nur vom jeweiligen Wohnungs-/Teileigentümer der betreffenden Sondereigentumseinheit zu tragen sind.“

Auf das der Klageschrift als Anlage K 1 beiliegende Protokoll der Eigentümerversammlung vom 15.06.2022 wird Bezug genommen (Bl. 12-30 d.A.). Die in dem Beschluss gefasste Kostenverteilung stellt eine Abweichung von der Teilungserklärung dar. Die Fenster und Türanlagen der Balkone, Loggien, Wintergärten stehen ausweislich der Teilungserklärung Teil 2 § 4 im Gemeinschaftseigentum. Auf die Teilungserklärung vom 16.05.1979 wird Bezug genommen (Bl. 57-93).

Die Klägerin ist der Ansicht, der oben genannte Beschluss sei rechtswidrig. Die Änderung des Verteilungsschlüssels sei in dem hier vorgenommenen Umfang unzulässig. Zudem sei der Beschluss nicht hinreichend bestimmt, da sich die Instandhaltung, Instandsetzung und gegebenenfalls der Austausch der hier in Rede stehenden „Fensteranlagen“ weitreichend auf das Gebäude auswirken würden mit der Folge, dass auch weitere Gemeinschaftsflächen, so insbesondere das Dach und die Hausaußenwand betroffen seien würden. Zudem sei der Beschluss unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit rechtswidrig, weil es innerhalb des Beschlusses jeglicher Begrenzung auf konkrete Maßnahmen ermangele. Zudem würde der Beschluss zu einer unverhältnismäßigen Kostenlast der betroffenen Sondereigentümer führen. Die Wintergärtenbereiche seien erneuerungsbedürftig. Durch die konstruktiven Gegebenheiten seien notwendigerweise Nebenarbeiten in den Gewerken Dachabdichtungen, Klemptnerarbeiten und Maurerarbeiten erforderlich. Die angrenzenden Bauteile müssten teilweise ebenfalls saniert oder erneuert werden. Die streitgegenständliche Beschlussfassung führe dazu, dass die betroffenen Sondereigentümer nicht „nur“ ihre mit Glas versehenen Fenster- und Türelemente erneuern müssen, sondern darüber hinaus auch für damit einhergehenden weitreichende Arbeiten am Gemeinschaftseigentum verantwortlich gemacht werden würden, die das Dach und die Außenmauer des Gebäudes beträfen. Die im streitgegenständlichen Beschluss getroffene Entscheidung, den Sondereigentümern die Kostentragung alleine aufzubürden, stehe in Widerspruch dazu, dass die Miteigentümer bereits eine Instandhaltungsrücklage auch im Hinblick auf die Sanierung der Fensterfronten beziehungsweise Wintergärten erhöht und eingezahlt haben.

Ursprünglich hat die Klägerin über den untenstehenden Klageantrag hinaus zusätzlich beantragt, den Beschluss zum Tagesordnungspunkt 2, in dem die Jahresgesamtabrechnung nebst den jeweiligen Jahreseinzelabrechnungen für den Wirtschaftszeitraum 01.01.2021 bis 31.12.2021 beschlossen wurde, im Hinblick auf die Verteilung von Aufzugskosten in Höhe von 6.009,03 Euro für ungültig zu erklären. Hinsichtlich dieses Antrags hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 21.02.2023 Teilrücknahme der Klage erklärt.

Die Beklagte hat dieser mit Schriftsatz vom 28.02.2023 zugestimmt.

Die Klägerin beantragt nunmehr, der unter TOP 10 gefassten Beschluss mit folgendem Inhalt wird für unwirksam erklärt:

„Die Eigentümerversammlung beschließt, dass mit sofortiger Wirkung die Kosten für die Instandhaltung, Instandsetzung einschließlich Austausch der im räumlichen Bereich des jeweiligen Sondereigentums befindlichen Fenster inklusive der Türanlagen von Balkonen und Loggien, d. h. solche, die das jeweilige Sondereigentum nach außen hin abschließen, sowie der Wintergärten unter Freistellung der übrigen Wohnungs-/Teileigentümer nur vom jeweiligen Wohnungs-/Teileigentümer der betreffenden Sondereigentumseinheit zu tragen sind.“.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Klageantrag sei unbestimmt, da unklar sei, aus welcher Eigentümerversammlung der angefochtene Beschluss stammen soll. Hinsichtlich des streitgegenständlichen Beschlusses ist die Beklagte der Ansicht, der angefochtene Beschluss stünde nicht im Widerspruch zur Teilungserklärung und entspräche ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Beschluss sei zudem hinreichend bestimmt und verhältnismäßig. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Wohnungseigentümer beschließen, dass jeder Wohnungseigentümer die Kosten seiner Fenster und Dachflächenfenster selbst trägt. Die Eigentümer hätten zutreffend von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und eine Änderung des Verteilerschlüssels nach dem Gebrauch bzw. Gebrauchsmöglichkeit bestimmt. Eine unverhältnismäßige Kostenbelastung werde nicht verursacht, da jeder Eigentümer die Kosten für seine Fenster und Türanlagen selbst zu tragen hätte.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Dem Kläger stand es frei, Teilrücknahme seiner Klage zu erklären, die durch Einwilligung der Beklagte nach Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache gemäß § 269 Abs. 1 ZPO zulässig ist.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt. Insbesondere steht der Bestimmtheit nicht entgegen, dass das Beschlussdatum in dem Antrag selbst nicht genannt ist. Denn zum einen lässt sich der Wortlaut des streitgegenständliche Beschluss dem Antrag entnehmen, sodass eine Zuordnung zu der Eigentümerversammlung in Verbindung mit dem beigefügten Versammlungsprotokoll vom 15.06.2022 möglich ist. Zum anderen ergibt sich aus der Klageschrift im Übrigen, dass der streitgegenständliche Beschluss auf der Eigentümerversammlung vom 15.06.2022 getroffen worden ist.

I.

Der auf der Eigentümerversammlung vom 15.06.2022 getroffene Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung für die Erhaltung und Erneuerung der im räumlichen Bereich des jeweiligen Sondereigentums befindlichen Fenster war nicht aufzuheben. Der Beschluss verstößt nicht gegen ordnungsgemäße Verwaltung.

Die Eigentümer können gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 WEG für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine vom Gesetz und der Teilungserklärung abweichende Verteilung beschließen. Auf Erhaltungsmaßahmen gerichtete Änderungsbeschlüsse sind mit einfacher Mehrheit der Eigentümer möglich. So ist nach § 16 Abs. 2 WEG generell eine Abänderungsmöglichkeit der Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss hinsichtlich der Verteilungsschlüssel möglich (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Beschlusskompetenz nach neuer Regel, Rn. 65). Ein neuer Verteilungsschlüssel muss dabei ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 18 Abs. 2 WEG, also dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen. Die Anforderungen sind vorliegend gewahrt. Der Beschluss war nicht aufzuheben, da er insbesondere hinreichend bestimmt ist, ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und verhältnismäßig ist. Die mit dem Beschluss einhergehende Abänderung der Kostenverteilung nach der Teilungserklärung ist nicht zu beanstanden.

1. Bestimmtheit

Ein die Gemeinschaftsordnung abändernder Beschluss muss klar und eindeutig sein. Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit begegnen dem streitgegenständlichen Beschluss nicht. Aus der Beschlussfassung geht hinreichend bestimmt hervor, dass jeder Eigentümer die Kosten für die Instandhaltung, Instandsetzung einschließlich Austausch der zu seiner Einheit gehörenden Fenster, Türanlagen von Balkonen und Loggien, Wintergärten alleine zu tragen hat. Mit den vorgenannten Bezeichnungen werden die durch den Beschluss betroffenen Bereiche detailliert benannt, sodass Zweifel bzw. Unklarheiten der von der Instandhaltung, Instandsetzung einschließlich Austausch betroffenen Bestandteile des jeweiligen Sondereigentums nicht bestehen.

Der Beschluss ist entgegen der Einwendung der Klägerin auch nicht deshalb unbestimmt, da jegliche Begrenzung auf konkrete Maßnahmen fehlen würde. Denn der Beschluss regelt lediglich eine Änderung der zukünftigen Kostenverteilung. Konkrete im Zusammenhang mit einer Fenster- und Türsanierung vorzunehmende Maßnahmen sowie die hierbei entstehenden Kosten im Einzelnen sind durch weitere Eigentümerbeschlüsse zu regeln. Der Beschluss belastet die betroffenen Sondereigentümer daher nicht mit etwaigen weiteren Maßnahmen, die etwa Gebäudestruktur bzw. das Gemeinschaftseigentum betreffen würden. Der Beschluss stellt vielmehr ausdrücklich klar, dass sich die Sondereigentümer lediglich die für die Instandhaltung, Instandsetzung einschließlich Austausch der im räumlichen Bereich des jeweiligen Sondereigentums entstehenden Kosten tragen. Der Beschluss führt daher nicht dazu – wie von der Klägerin vorgetragen -, dass die betroffenen Sondereigentümer nicht „nur“ ihre mit Glas versehenen Fenster- und Türelemente erneuern müssen, sondern darüber hinaus auch für damit einhergehende weitreichende Arbeiten am Gemeinschaftseigentum verantwortlich gemacht werden, die das Dach und die Außenmauer des Gebäudes betreffen. Denn von dem Beschluss sind gerade nicht weitere Arbeiten bzw. Kosten am Sondereigentum oder am Gemeinschaftseigentum erfasst. Auch wenn im Falle der Sanierung an dem im Beschluss ausgewiesenen Sondereigentumsbereichen weitergehende Arbeiten beispielsweise am Dach- oder am Außenbereich einhergehen würden, sind die durch die weitergehenden Maßnahmen entstehenden Kosten durch die Beklagte bzw. die Eigentümer zu tragen. Die konkret durchzuführenden möglicherweise auch das Dach oder die Hausaußenwand betreffenden konkreten Maßnahmen müsste die Beklagte hinsichtlich des „Ob“ und des „Wie“ auch hinsichtlich der zu erwartenden Kostenhöhe einschließlich der Kostentragung prüfen und sich damit in einer gesonderten Beschlussfassung befassen.

Die durch die Klägerin vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit greifen daher insgesamt nicht durch, weshalb der Einholung eines durch die Klägerin angebotenen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Auswirkung etwaiger Maßnahmen auf das Gebäude nicht nachzugehen war. Die durch den Beschluss betroffenen Sondereigentümer sind nicht über die im Beschluss vorgesehenen Tür- und Fenstersanierung hinaus mit weitergehenden Maßnahmen belastet, die die Gebäudekonstruktion und die mit der Erneuerung von Wintergärten einhergehenden Nebenarbeiten einhergehen würden.

2. Der Beschluss entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Insbesondere entspricht die Beschlussfassung billigem Ermessen im Sinne des § 18 Abs. 2 WEG. Ein Beschluss zur Abänderung des Verteilerschlüssels für die Übernahme von Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten muss dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgen, über welchen die Eigentümer nur im Rahmen billigen Ermessens entscheiden dürfen. Dieses Ermessen wird in der Regel durch den Gebrauch bzw. die Möglichkeit des Gebrauchs bestimmt (Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/18791, S. 56; vgl. hierzu Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, h) Instandhaltungs-, Instandsetzungskosten, Rn. 195). Die Abänderung des Verteilungsschlüssels darf das Prinzip der Gesamtverantwortung der Wohnungseigentümer für die Instandsetzung der Gebäude nicht einfach unterlaufen, was schon anzunehmen ist, wenn die Wohnungseigentümer bei ihrer Beschlussfassung nicht in erster Linie dem Gebrauchsmaßstab folgen wollen (BGH, Urteil vom 18. 6. 2010 – V ZR 164/09 = ZWE 2010, 362 (364), beck-online; vgl. hierzu Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, h) Instandhaltungs-, Instandsetzungskosten, Rn. 196). Die Kostenzuordnung setzt kurzum also voraus, dass es sich um einen Gegenstand oder einen Teil des Gebäudes handelt, den die zukünftigen Kostenträger „gebrauchen“. Gebrauch und Gebrauchsmöglichkeit erfordern einen hervorgehobenen Einflussbereich (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, h) Instandhaltungs-, Instandsetzungskosten, Rn. 198). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt bereits die gesteigerte Gebrauchsmöglichkeit (BGH, Urteil vom 18. 6. 2010 – V ZR 164/09 =ZWE 2010, 362, beck-online).

Die betroffenen Wohnungseigentümer haben gegenüber den übrigen Eigentümer eine gesteigerte Gebrauchsmöglichkeit, da ihnen die tatsächliche Nutzung der Tür- und Fensteranlagen insbesondere durch Öffnen und Lüften obliegt. Daneben sind die Fenster und Türen für die übrigen Wohnungseigentümer für die Abgeschlossenheit des Gebäudes von Bedeutung. Aufgrund der primären Zugriffsmöglichkeit obliegt allerdings dem jeweiligen Sondereigentümer der Schwerpunkt der Gebrauchsmöglichkeit. Vor dem Hintergrund entspricht es billigem Ermessen, dem jeweiligen Sondereigentümer hinsichtlich seiner Türen, Fenster und Dachflächenfenster die Kosten für die Instandsetzung, Instandhaltung einschließlich Austausch aufzuerlegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht verletzt, da allen Sondereigentümern – soweit ihnen die Gebrauchsvorteile obliegen – die Kostentragung auferlegt ist. Es entspricht somit dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dass jeder Eigentümer entsprechend zur Kostenlasttragung für seine jeweiligen Fenster und Türanlagen zuständig ist. Dafür wird schließlich auch der jeweilige Eigentümer nicht an den entsprechenden Kosten der Fenster und Türanlagen der Wintergärten, Loggien, Balkone der zu anderen Einheiten gehörenden Kosten beteiligt.

3. Der Beschluss trifft keine unverhältnismäßige Kostenbelastung der Sondereigentümer. Denn der Beschluss regelt die Kostentragung eines jeden Eigentümers für seine Fenster- und Türanlagen. Damit wird der jeweilige Eigentümer zugleich von den diesbezüglichen Kosten der anderen Eigentümer entlastet. Dem möglichen Umstand, dass im Einzelfall aufgrund mehrerer Fenster- und Türanlagen vermehrt Sanierungskosten aufkommen, stehen die jeweiligen Vorteile der gesteigerten Gebrauchsmöglichkeit gegenüber.

Der klägerische Einwand einer Unverhältnismäßigkeit begründenden Berechnung, wonach der Sanierungsbedarfs von 17%-18% des mit 3.000,00 Euro pro Quadratmeter angenommenen Verkehrswert entspreche, greift nicht durch. Zum einen hat die Klägerin bezüglich dieser streitigen Berechnung insbesondere hinsichtlich des zugrunde gelegten Verkehrswerts keinen Beweis angeboten. Zum anderen ist der Beschluss bereits aus den vorgenannten Gründen verhältnismäßig

4. Des Weiteren kann dem Beschluss nicht entgegengehalten werden, dass auf zurückliegenden Eigentümerversammlungen Rücklagen bzw. Rücklagenerhöhungen für mehrere das Gemeinschaftseigentum betreffende Instandhaltungsmaßnahmen gebildet wurden, wozu auch die absehbare Erneuerung der „Fensterfronten“ inklusive der Wintergärten gezählt haben. Denn die erhöhten Rücklagen sind unwidersprochen für die kostenintensive Sanierung der Flachdächer ausgegeben worden. Darüber hinaus ist es nicht widersprüchlich, wenn für anstehende Sanierungsarbeiten Rücklagen erhöht werden, die Kostenlast für ein Teil der sanierungsbedürftigen Bereiche sodann aber auf Sondereigentümer überlagert werden.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 709 S. 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 43.000,00 EUR festgesetzt.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!