Berliner Gericht setzt Grenzen für Kündigung bei Mietwohnungsverschmutzung
In dem Urteil des Landgerichts Berlin mit dem Aktenzeichen 65 S 148/15 vom 24.06.2015 geht es um die Frage, ob starke Verschmutzung und Unordnung einer Wohnung eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen können. Das Gericht entschied, dass die vorliegende Verschmutzung und Unordnung, selbst wenn durch menschliche Exkremente verschärft, sowie die Gefahr eines Kakerlakenbefalls allein noch keine ausreichende Begründung für eine Kündigung darstellen. Es wurde betont, dass keine erhebliche Störung des Hausfriedens oder eine substanzielle Schädigung der Mietsache nachgewiesen wurde. Ebenso konnten von der Wohnung ausgehende Geruchsbelästigungen nicht als Grund für eine fristlose oder fristgemäße Kündigung angesehen werden. Das Berufungsgericht bestätigte somit das Urteil des Amtsgerichts, das die Kündigung für unbegründet erachtet hatte.
Übersicht
- Berliner Gericht setzt Grenzen für Kündigung bei Mietwohnungsverschmutzung
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Wohnungsverschmutzung und Kündigung des Mietvertrags
- Gericht bestätigt: Verschmutzung allein kein Kündigungsgrund
- Die Grenzen der Mietvertragskündigung bei Verschmutzung und Unordnung
- Juristische Bewertung der Wohnungsverhältnisse
- Kein Kündigungsgrund durch Kakerlakenbefall
- Die Rolle der Beweisaufnahme und Geruchsbelästigung
- ✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
- § Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil
- Das vorliegende Urteil
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das Landgericht Berlin entschied, dass starke Verschmutzung und Unordnung allein keine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen.
- Menschliche Exkremente und Unordnung sowie die Gefahr eines Kakerlakenbefalls stellen keine ausreichende Begründung für eine Kündigung dar.
- Es wurde keine erhebliche Störung des Hausfriedens oder substanzielle Schädigung der Mietsache festgestellt.
- Geruchsbelästigungen konnten ebenfalls nicht als Grund für eine fristlose oder fristgemäße Kündigung herangezogen werden.
- Das Gericht folgte der Auffassung, dass in Mehrfamilienhäusern ein Kakerlakenbefall nicht gänzlich auszuschließen ist und daher keinen Kündigungsgrund darstellt.
- Die Beklagten haben sich um weitere Hilfe bemüht, was zu einer dauerhaften Abhilfe der Situation führte.
- Die vom Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme und Würdigung wurde als angemessen und ausreichend erachtet.
- Erhebliche Geruchsbelästigungen, die eine Kündigung rechtfertigen würden, wurden durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt.
Wohnungsverschmutzung und Kündigung des Mietvertrags
Eine saubere und ordentliche Wohnung ist nicht nur Ausdruck einer gepflegten Lebensführung, sondern auch eine mietvertragliche Pflicht. Mieter sind dazu verpflichtet, die Mietsache pfleglich zu behandeln und Schäden zu vermeiden. Allerdings stellt sich die Frage, ab welchem Grad der Verschmutzung und Unordnung ein Kündigungsgrund vorliegt.
Immer wieder kommt es vor Gericht zu Streitigkeiten darüber, ob eine starke Vermüllung oder eklatante Vernachlässigung der Wohnung eine fristlose oder fristgerechte Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter rechtfertigt. Die Rechtsprechung hatte sich in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Fallkonstellationen auseinanderzusetzen, in denen die Grenze des zumutbaren Zustands der Wohnung überschritten war.
Gericht bestätigt: Verschmutzung allein kein Kündigungsgrund
Die Grenzen der Mietvertragskündigung bei Verschmutzung und Unordnung
Im Zentrum des Falles stand eine Wohnung in Berlin, die aufgrund ihrer starken Verschmutzung und Unordnung Gegenstand einer mietrechtlichen Auseinandersetzung wurde. Die Klägerin, in diesem Fall die Vermieterin, hatte das Mietverhältnis aufgrund des Zustands der Wohnung gekündigt, welcher durch menschliche Exkremente und allgemeine Unordnung gekennzeichnet war. Die Vermieterin argumentierte, dass dieser Zustand eine erhebliche Beeinträchtigung des Eigentums darstelle und zudem eine Gefahr für den Hausfrieden sowie eine potentielle Gesundheitsgefährdung bedeute. Fotografien der Wohnung dienten als Beweismittel für das Ausmaß der Verschmutzung.
Juristische Bewertung der Wohnungsverhältnisse
Das Landgericht Berlin war jedoch anderer Auffassung und wies die Berufung der Klägerin ab, indem es die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigte. Die Richter führten aus, dass die dokumentierte Verschmutzung und Unordnung allein nicht ausreichte, um eine Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. Für eine solche Maßnahme sei es erforderlich, dass durch den Zustand der Wohnung entweder der Hausfrieden nachweislich gestört, eine substanzielle Schädigung der Mietsache verursacht oder eine besondere Gefährdungssituation heraufbeschworen wird. Die Richter erkannten zwar an, dass der Zustand der Wohnung weit entfernt von ideal war, sahen jedoch keine direkte Verletzung dieser Kriterien.
Kein Kündigungsgrund durch Kakerlakenbefall
Ein weiteres Argument, das im Rahmen der Verhandlung diskutiert wurde, war die Gefahr eines Kakerlakenbefalls, der in Mehrfamilienhäusern häufiger vorkommen kann. Das Gericht stellte fest, dass ein solcher Befall, selbst bei regelmäßiger Reinigung und Einhaltung hygienischer Standards, nicht vollständig auszuschließen ist. Daher konnte dieser Punkt ebenfalls nicht als ausreichender Grund für eine fristgerechte oder fristlose Kündigung herangezogen werden. Dies unterstrich die Bedeutung von Toleranz und realistischen Erwartungen in Bezug auf die Wohnverhältnisse in städtischen Mehrfamilienhäusern.
Die Rolle der Beweisaufnahme und Geruchsbelästigung
Die Klägerin hatte zudem versucht, die Kündigung mit von der Wohnung ausgehenden Geruchsbelästigungen zu begründen. Das Amtsgericht hatte jedoch nach umfassender Beweisaufnahme festgestellt, dass diese Belästigungen nicht so schwerwiegend waren, dass sie eine Kündigung rechtfertigen würden. Die Bewertung der Zeugenaussagen und das Ausmaß der Belästigungen wurden sorgfältig geprüft. Besonders relevant war dabei die Einschätzung, dass Geruchsbelästigungen nur dann einen Kündigungsgrund darstellen können, wenn sie andere Mieter des Hauses erheblich stören. Das Gericht legte Wert darauf, dass die Empfindlichkeit einzelner Personen nicht als Maßstab für allgemein gültige Kündigungsgründe herangezogen werden kann.
Das Urteil des Landgerichts Berlin betont die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung bei der Kündigung von Mietverhältnissen aufgrund von Verschmutzung und Unordnung. Es stellt klar, dass ohne nachweisliche erhebliche Beeinträchtigungen des Hausfriedens, der Mietsache oder einer gesundheitlichen Gefährdung eine Kündigung nicht gerechtfertigt ist. Damit bestärkt das Gericht die Rechte der Mieter und setzt gleichzeitig Grenzen für die Durchsetzbarkeit von Kündigungen aufgrund des Zustands der Mietwohnung.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Wann rechtfertigt die Verschmutzung einer Wohnung eine Kündigung?
Die Verschmutzung einer Wohnung kann unter bestimmten Umständen eine Kündigung rechtfertigen. Allerdings ist nicht jede Unordnung oder Verschmutzung ein ausreichender Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses. Grundsätzlich müssen Vermieter vor einer Kündigung den Mieter abmahnen, es sei denn, es liegt ein Extremfall vor. Eine Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn die Verschmutzung so erheblich ist, dass sie eine Gefährdung der Mietsache darstellt oder den Hausfrieden nachhaltig stört. Beispiele für solche schwerwiegenden Verschmutzungen sind:
- Ständige Feuchtigkeit in der Wohnung, die zu Schimmelbefall führt.
- Ungezieferbefall aufgrund der Verschmutzung.
- Ansammlung von Müll und Gerümpel, die die Räume nicht oder kaum begehbar machen.
- Unzumutbare Gerüche, die von der Wohnung ausgehen und andere Mieter belästigen.
- Verwahrlosung der Wohnung, die zu einer Schädigung der Bausubstanz führt.
Das Amtsgericht Stuttgart hat beispielsweise entschieden, dass eine Kündigung nicht auf den unaufgeräumten Zustand der Wohnung gestützt werden darf, da darin keine Pflichtverletzung des Mieters liegt. Andererseits hat das Landgericht Berlin in einem Fall entschieden, dass die Vermüllung und Verwahrlosung einer Wohnung, die von Ratten befallen war und nicht mehr betretbar ist, eine Kündigung rechtfertigen kann. Es ist auch wichtig zu beachten, dass selbst bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung des Mieters, wie beispielsweise dem Messie-Syndrom, eine fristlose Kündigung möglich sein kann, wenn die Verschmutzung entsprechend schwerwiegend ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Kündigung wegen Verschmutzung der Wohnung dann gerechtfertigt sein kann, wenn die Verschmutzung so gravierend ist, dass sie entweder die Mietsache gefährdet oder den Hausfrieden nachhaltig stört. In solchen Fällen muss der Vermieter in der Regel zunächst eine Abmahnung aussprechen, bevor er zur Kündigung schreitet, es sei denn, es liegt ein Extremfall vor.
Können Geruchsbelästigungen zu einer Kündigung des Mietverhältnisses führen?
Ja, Geruchsbelästigungen können unter bestimmten Umständen zu einer Kündigung des Mietverhältnisses führen. Wenn die Geruchsbelästigung so stark ist, dass sie andere Mieter beeinträchtigt oder in das Treppenhaus und andere Wohnungen eindringt, kann dies eine schwerwiegende Verletzung der mietvertraglichen Pflichten darstellen.
Das Amtsgericht Wetzlar hat beispielsweise entschieden, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein kann, wenn die Mieter ihre Lüftungs- und Reinigungspflichten vernachlässigen, ihre Körperhygiene nicht beachten und exzessiv in der Wohnung rauchen, sodass ein unzumutbarer Gestank entsteht. Das Amtsgericht Bonn hat festgestellt, dass bereits eine erhebliche Geruchsbelästigung oder ein unhygienischer Zustand einer Mietwohnung als Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung ausreichen kann.
Allerdings ist es wichtig, dass der Vermieter den Mieter zuvor abmahnt und ihm die Möglichkeit gibt, den vertragsgemäßen Zustand wiederherzustellen. Erst wenn diese Abmahnung nicht zum Erfolg führt und der Mieter sein Verhalten nicht ändert, ist die Kündigung gerechtfertigt. Geruchsbelästigungen, die nur innerhalb der Wohnung selbst auftreten und nicht nach außen dringen, berechtigen hingegen nicht zur Kündigung.
In Fällen, in denen die Geruchsbelästigung mit einer Verwahrlosung der Wohnung einhergeht und sogar zu Substanzschäden führt, kann dies ebenfalls eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wie ein Urteil des Amtsgerichts München zeigt.
Zusammengefasst kann also festgehalten werden, dass Geruchsbelästigungen, die andere Mieter beeinträchtigen und nach außen dringen, eine Kündigung des Mietverhältnisses nach sich ziehen können, insbesondere wenn der Mieter auf eine Abmahnung nicht angemessen reagiert.
Inwiefern beeinflusst die Toleranzschwelle von Mitmietern die Bewertung von Lärm- und Geruchsbelästigungen?
Die Toleranzschwelle von Mitmietern spielt eine wesentliche Rolle bei der Bewertung von Lärm- und Geruchsbelästigungen. Sie beeinflusst, inwieweit bestimmte Geräusche oder Gerüche als störend oder akzeptabel angesehen werden. Gerade im Mietrecht ist die subjektive Wahrnehmung von Lärm und Gerüchen von Bedeutung, da nicht jeder Mensch Geräusche und Gerüche gleich empfindet oder darauf reagiert.
Gerichte berücksichtigen bei der Beurteilung von Lärm- und Geruchsbelästigungen oft die sogenannte soziale Adäquanz und die ortsüblichen Gegebenheiten. So wird beispielsweise von den Gerichten eine erhöhte Toleranzgrenze bei der Lärmbelästigung erwartet, wenn es sich um den üblichen von Kindern verursachten Lärm beim Spielen handelt. Ebenso wird bei der Bewertung von Geruchsbelästigungen berücksichtigt, ob diese im Rahmen des üblichen und ortsüblichen Lebens erfolgen.
Die individuelle Empfindlichkeit der Mitmieter spielt ebenfalls eine Rolle. Was für den einen unerträglich ist, kann für den anderen noch im Rahmen des Zumutbaren liegen. Die Rechtsprechung versucht daher, einen objektiven Maßstab anzulegen, der sich am Empfinden eines durchschnittlichen Menschen orientiert.
Es ist wichtig, dass Mieter bei der Meldung von Lärm- oder Geruchsbelästigungen objektive Kriterien anführen und diese dokumentieren. Ein Lärmprotokoll oder die Dokumentation von Geruchsbelästigungen kann dabei helfen, die Beeinträchtigung nachzuweisen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Toleranzschwelle von Mitmietern und die ortsüblichen Gegebenheiten maßgeblich die Bewertung von Lärm- und Geruchsbelästigungen beeinflussen. Gerichte versuchen, einen objektiven Maßstab anzulegen, der jedoch die individuelle Empfindlichkeit der Betroffenen berücksichtigt.
§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil
- § 546 ZPO (Zivilprozessordnung)
- Regelung zur Berufung in zivilrechtlichen Streitigkeiten. Hier relevant, da das Urteil die Berufung der Klägerin thematisiert und auf die gesetzlichen Grundlagen der Berufung eingeht.
- § 522 Abs. 2 ZPO
- Ermöglicht die Zurückweisung einer Berufung ohne mündliche Verhandlung, wenn die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat. Dies wurde im Urteil angewandt, um die Berufung der Klägerin abzulehnen.
- § 529 ZPO
- Regelt die Berücksichtigung von Tatsachen im Berufungsverfahren. Im Kontext dieses Falles wurden die zugrunde liegenden Tatsachen nicht als ausreichend für eine Änderung der Entscheidung angesehen.
- § 513 ZPO
- Bestimmt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Berufung. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts keine Aussicht auf Erfolg hat.
- § 543 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)
- Regelung zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Obwohl im Urteil nicht direkt erwähnt, ist dieser Paragraph zentral für Fälle, in denen es um die Kündigung von Mietverhältnissen geht, speziell bei Verstößen gegen die im Mietvertrag festgelegten Pflichten.
- § 573 BGB
- Betrifft die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter, insbesondere unter Berücksichtigung von Vertragsverletzungen seitens des Mieters. Relevant für die Beurteilung, ob eine Kündigung aufgrund von Verschmutzung und Unordnung gerechtfertigt sein kann.
Diese Paragraphen und Gesetzesstellen sind maßgeblich für das Verständnis der rechtlichen Grundlagen und der Entscheidungsfindung im vorliegenden Fall. Sie geben Aufschluss darüber, unter welchen Bedingungen eine Kündigung ausgesprochen werden kann und wie Berufungsverfahren in zivilrechtlichen Streitigkeiten behandelt werden.
Das vorliegende Urteil
LG Berlin – Az.: 65 S 148/15 – Beschluss vom 24.06.2015
In dem Rechtsstreit beabsichtigt die Kammer, die zulässige Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach einer mündlichen Verhandlung nicht erfordern sowie eine mündliche Verhandlung auch nicht aus sonstigen Gründen geboten ist.
I.
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Denn das angefochtene Urteil des Amtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist durch die Kündigung vom 22.05.2014 nicht beendet worden.
Die Verschmutzungen der Wohnung, ebenso wie Unordnung allein rechtfertigen in dem hier dargelegten Umfang noch keine Beendigung des Mietverhältnisses, da dadurch weder eine Störung des Hausfriedens noch eine substanzielle Schädigung der Mietsache noch eine besondere Gefährdungssituation heraufbeschworen wurde. Die zur Illustration seitens der Klägerin vorgelegten Fotografien weisen zwar einen gewissen starken Grad der Verschmutzung – auch durch menschliche Exkremente – und im Übrigen Unordnung in der Wohnung aus, eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt dies indessen noch nicht.
Die Gefahr des Befalls und der Befall mit Kakerlaken ist auch bei regelmäßiger Reinigung der Wohnung und Einhaltung grundlegender hygienischer Verhaltensregeln und regelmäßiger Reinigung – insbesondere in Mehrfamilienhäusern mit Verbindungen durch Installationsstränge bzw. Schächte – nicht auszuschließen und kann deshalb für sich genommen keinen Kündigungsgrund, auch nicht für eine fristgemäße Kündigung, darstellen. Die in der Berufung zitierte Entscheidung des AG Hamburg-Harburg (ZMR 2011, 644) war deshalb auch darauf gestützt, dass der Mieter Beratungs- und Hilfsangebote, die zum Teil bereits ein Jahr zuvor erfolgten, nicht annahm und den damit ersichtlich erheblich länger währenden Versuchen, den vorhandenen Missstand in der Wohnung abzustellen, widerstand. Anders liegt der Fall hier. Die Beklagten haben zwar in der relativ kurzen Frist zwischen dem 08.05. und dem 19.05.2014 den Forderungen der Klägerin nur unzureichend Folge geleistet. Sie haben sich aber um weitere Hilfe bemüht, die dazu geführt hat, dass inzwischen dauernd Abhilfe geschaffen worden ist.
Von der Wohnung im fraglichen Zeitraum ausgehende Geruchsbelästigungen konnten weder eine fristlose noch eine fristgemäße Kündigung rechtfertigen.
Nicht mehr hinzunehmende starke Beeinträchtigungen der anderen Mieter des Wohnhauses über eine gewisse Dauer, die eine Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1 und 2 Nr. 1 bzw. § 573 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB rechtfertigten, hat die Klägerin nicht bewiesen. Das Amtsgericht hat nach der umfänglichen Beweisaufnahme die von den Beklagten im fraglichen Zeitraum ausgehenden Geruchsbelästigungen als jedenfalls nicht so schwerwiegend und eine Kündigung rechtfertigend erachtet. Die gegen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts gerichteten Angriffe der Berufung sind nicht erheblich. Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für unwahr erachtet. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (BGH vom 14.01.1993 – IX ZR 238/91 – NJW 1993, 935, 937). An dessen Feststellungen ist das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gebunden. Es kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot aus § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH vom 11.02.1987 – IVb ZR 23/86 – NJW 1987, 1557, 1558). Im angefochtenen Urteil sind die Gründe, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind, ausreichend angegeben, § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO, denn daraus ergibt sich, dass eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (vgl. dazu BAG vom 23.09.1976 – 2 AZR 263/75 – JZ 1977, 565, 567 m. w. N.).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Tatrichter nach § 286 ZPO ohne Bindung an Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen hat, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Dabei darf das Gericht einem Zeugen mehr glauben als einem anderen. Auch wird eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht vorausgesetzt. Vielmehr darf und muss sich das Gericht in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH vom 14.01.1993 – IX ZR 238/91- NJW 1993, 935, 937). Gemessen an diesen Maßstäben ist das amtsgerichtliche Urteil ungeachtet der Angriffe der Berufung nicht zu beanstanden.
Die Wahrnehmungen der als Zeugen vernommenen Mitarbeiter der klägerischen Hausverwaltung hat das Amtsgericht zu Recht für die Frage, ob der Hausfrieden durch die Gerüche aus der Wohnung der Beklagten erheblich gestört wurde, nicht entscheidend zugrunde gelegt. Denn die Geruchsbelästigungen stellen nur dann einen Kündigungsgrund dar, wenn sie die anderen Mieter des Hauses erheblich stören. Insoweit ergibt sich nichts anderes als bei Lärmbelästigungen durch einen Mieter. Der einzige Mieter des Hauses, der eine ihn teils unerträglich störende Belästigung durch Gerüche aus der Wohnung der Beklagten, vor allem über das geöffnete Fenster, bekundet hatte, hat sich selbst als sehr geruchsempfindlich bezeichnet. Bei dieser Selbsteinschätzung ist es hinzunehmen, wenn das Amtsgericht seine Entscheidungsfindung im Wesentlichen auf die Bekundungen der übrigen vernommenen Mieter des Hauses stützt. Denn maßgeblich für die Bewertung, ob nicht mehr hinzunehmende Geruchsbelästigungen vorliegen ist die Bewertung durch die durchschnittlich empfindlichen Mieter. Hier haben die übrigen Mieter vergleichbare Beeinträchtigungen nicht bekundet. Ein markanter Geruch („nach alten Menschen“ – Zeuge … bzw. „unsauber und nach Rauch“ – Zeugin … ), der von der Wohnung der Beklagten bei geöffneter Wohnungstür ausging, genügt für eine Kündigung, sei es auch nur eine fristgemäße, nicht.
II.
Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen eingeräumt. Die Kammer weist darauf hin, dass sich die Gerichtsgebühren im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen.