LG Berlin – Az.: 18 S 349/13 – Beschluss vom 10.03.2014
Die Kammer weist darauf hin, dass sie beabsichtigt, die Berufung gegen das am 23.09.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 – 4 ZPO erfüllt sind.
Zu Recht und mit durchweg zutreffender und sorgfältiger Begründung hat das Amtsgericht die Klage auf Räumung der streitgegenständlichen Wohnung wegen Eigenbedarfs abgewiesen. Richtigerweise hat das Amtsgericht dafür gehalten, dass die Kündigungen der Klägerin vom 30.04.2012 und vom 05.03.2013 das Mietverhältnis nicht beendet haben, weil sie rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam waren.
Da der Beklagte mitgeteilt hat, dass er an der im Kündigungsschreiben vom 30.04.2012 (Anlage K 2, Bl. 13 ff. d. A.) erwähnten freien Wohnung im Vorderhaus, 3. OG mit einer Größe von 85 qm interessiert sei, bestand eine Anbietpflicht der Klägerin für diese Wohnung gegenüber dem Beklagten. Diese Pflicht hat die Klägerin in mehrfacher Hinsicht verletzt.
Mit ihrem Schreiben vom 25.05.2012 (Anlage K 4, Bl. 87 d. A.) hat die Klägerin die bloße Besichtigung der Wohnung von der Vorlage eines Einkommensnachweises abhängig gemacht und diese außerdem erst für die Zeit nach der Modernisierung in Aussicht gestellt.
Nachdem der Beklagte festgestellt hatte, dass in der Wohnung trotz der Ankündigung der Fertigstellung der Arbeiten bis August 2012 noch gar keine Arbeiten begonnen hätten, teilte die Klägerin am 05.10.2012 (Bl. 31 d. A.) fälschlicherweise mit, dass die Arbeiten begonnen hätten, die Elektroverteilung neu installiert und die Wände für die folgenden Arbeiten vorbereitet seien, obwohl die Klägerin dann im Mai 2013 bekundet hat, die Wohnung stehe erst „gerade vor der Modernisierung“ (Schriftsatz vom 29.05.2013, Bl. 72 d. A., entgegen den Angaben im Schriftsatz vom 03.05.2013).
Mit Schreiben vom 01.11.2012 (Anlage K 5, Bl. 88 d. A.) hat die Klägerin die Wohnung wiederum von der Vorlage eines Einkommensnachweises sowie einer Erklärung abhängig gemacht, dass sich der Beklagte mit einem Zeitmietvertrag einverstanden sei.
Die Beklagte hat damit ihre Anbietpflicht verletzt, indem sie sachwidrig und ohne Anhaltspunkte für Zahlungsschwierigkeiten des Beklagten schon die Besichtigung von der Vorlage eines Einkommensnachweises abhängig und hinsichtlich der Modernisierung falsche Angaben gemacht hat.
Die Klägerin hätte dem Beklagten die Wohnung im Vorderhaus, 3. OG anbieten müssen. Da der Beklagte an ihr sein Interesse bekundet hatte, konnte es nicht entscheidend darauf ankommen, dass die Klägerin selbst die Wohnung für nicht vergleichbar mit der streitgegenständlichen hielt. Dass die Wohnung objektiv ungeeignet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Dem Mieter steht es frei, über seinen Bedarf selbst zu entscheiden. Die Anbietpflicht entfällt nur, wenn eine Vergleichbarkeit der freistehenden mit der gekündigten Wohnung von vornherein ausscheidet (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., Rn. 127). Davon konnte hier keine Rede sein.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Unbewohnbarkeit der Wohnung berufen, nachdem sie schon die Besichtigung zunächst ohne konkrete Anhaltspunkts für Zahlungsschwierigkeiten sachwidrig an die Vorlage von Einkommensnachweisen geknüpft und die Fertigstellung der Modernisierung für August 2012 angekündigt hatte, später behauptet hat, die Wohnung sei bereits modernisiert, um schließlich im Schriftsatz vom 03.05.2013 die Möglichkeit einer Besichtigung einzuräumen und im Termin vom 23.09.2013 mitzuteilen, nun sei die Wohnung an einen Dritten vermietet. Es wäre an der Klägerin gewesen, die Wohnung zu konkreten Bedingungen anzubieten. Dies ist zu keinem Zeitpunkt geschehen. Auch im Schreiben vom 25.05.2012 stellte die Klägerin lediglich die Möglichkeit eines Angebots in der Zukunft in Aussicht.
Auch auf die beabsichtigte Zusammenlegung der Wohnung im 3. OG mit einer anderen Wohnung kann sich die Klägerin nicht berufen. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, hatte dabei im Sinne einer schonenden Ausübung des Rechts auf Durchsetzung des Eigenbedarfs das Interesse des Beklagten Vorrang vor dem Interesse der Klägerin an einer Zusammenlegung der betreffenden Wohnung in zwei Jahren. Auf die Ausführungen des Amtsgerichts wird verwiesen, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
Rechtsfolge der Pflichtverletzung ist die Unwirksamkeit der Kündigung (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 573 Rn. 116).
Soweit die Klägerin ihren Räumungsanspruch in der Berufungsinstanz erstmals auf eine weitere Kündigungserklärung vom 31.10.2013 stützt, handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Rahmen einer Entscheidung nach § 522 ZPO wirkungslos bleibt (vgl. BeckOK ZPO/Wulf, Edition 11, § 533 Rn. 14). Es kommt daher nicht darauf an, ob das rechtsmissbräuchliche Nichtanbieten der Ersatzwohnung sich auch auf die neuerliche im zeitlichen Zusammenhang mit der – bestrittenen – Vermietung der Ersatzwohnung zum 15.12.2013 erklärte Kündigung auswirkt.
Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Beschluss innerhalb von zwei Wochen nach dessen Zustellung gegeben. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass im Falle der Rücknahme der Berufung die Gebühr des § 34 Abs. 1 GKG gemäß KV 1222 nur 2,0 statt 4,0 beträgt.