Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Mieterhöhung in Wiesbaden landet vor Gericht
- Das Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin
- Die Begründung: Mietspiegel und Verbraucherpreisindex
- Der Gang des Verfahrens: Von der Ablehnung zur Klage
- Die prozessuale Wendung: Erledigungserklärung und Kostenentscheidung
- Das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden: Klage wäre unbegründet gewesen
- Kern der Entscheidung: Unzulässige Methode zur Mietpreisermittlung
- Die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB
- Bedeutung für Betroffene: Was Vermieter und Mieter beachten müssen
- Fazit: Klare Absage an VPI-basierte Mietanpassungen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Rolle spielt der Mietspiegel bei einer Mieterhöhung in Wiesbaden?
- Was bedeutet ortsübliche Vergleichsmiete und wie wird sie ermittelt?
- Dürfen Vermieter den Verbraucherpreisindex (VPI) zur Berechnung einer Mieterhöhung heranziehen?
- Was ist die Kappungsgrenze und wie wirkt sie sich auf Mieterhöhungen aus?
- Welche Rechte haben Mieter, wenn sie eine Mieterhöhung für unberechtigt halten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 935 C 4000/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Wiesbaden
- Datum: 26.02.2025
- Aktenzeichen: 935 C 4000/24
- Verfahrensart: Beschluss
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Vermieterin einer Wohnung in Wiesbaden.
- Beklagte: Die Mieter der Wohnung in Wiesbaden.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Vermieterin forderte von den Mietern die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettomiete von 592,74 Euro um 88,91 Euro auf 681,65 Euro. Dies entsprach einer Quadratmetermiete von 9,45 Euro. Zur Begründung verwies sie auf den (nicht qualifizierten) Wiesbadener Mietspiegel von 2021, die Entwicklung des Verbraucherpreisindex, einen Teilmodernisierungszuschlag und einen Abschlag wegen Verkehrsbeeinträchtigung, wobei die gesetzliche Kappungsgrenze von 15 % berücksichtigt wurde. Die Miete war zuvor 15 Monate unverändert. Da die Mieter der Erhöhung bis zur gesetzten Frist nicht zustimmten, reichte die Vermieterin am 18.12.2024 Klage auf Zustimmung ein. Nach Zustellung der Klage am 10.01.2025 stimmten die Mieter der Mieterhöhung am 23.01.2025 zu.
- Kern des Rechtsstreits: Ursprünglich ging es um die Frage, ob die Mieter der von der Vermieterin geforderten Mieterhöhung zustimmen müssen. Nachdem die Mieter nach Klageerhebung zugestimmt hatten, war nur noch über die Kosten des Gerichtsverfahrens zu entscheiden.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Kosten des Rechtsstreits muss die Klägerin (Vermieterin) tragen. Der Streitwert wurde auf 1.066,92 Euro festgesetzt.
- Folgen: Die Vermieterin muss die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der Mieter (falls diese einen Anwalt hatten) bezahlen.
Der Fall vor Gericht
Streit um Mieterhöhung in Wiesbaden landet vor Gericht

Das Amtsgericht Wiesbaden hat in einem Beschluss vom 26. Februar 2025 (Az.: 935 C 4000/24) über die Kosten eines Rechtsstreits nach einer Mieterhöhung entschieden. Im Kern ging es um die Frage, ob eine Vermieterin die Ortsübliche Vergleichsmiete korrekt ermittelt hatte, als sie zur Begründung auf die Entwicklung des Verbraucherpreisindex (VPI) zurückgriff. Der Fall beleuchtet die Tücken bei der Begründung von Mieterhöhungsverlangen.
Das Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin
Die Klägerin, eine Vermieterin in Wiesbaden, forderte von ihren Mietern, den Beklagten, die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Die Nettokaltmiete für die Wohnung betrug bis Juli 2024 592,74 Euro und war seit 15 Monaten unverändert. Mit Schreiben vom 24. Juli 2024 verlangte die Vermieterin eine Erhöhung um 88,91 Euro auf monatlich 681,65 Euro. Dies entspräche einer Quadratmetermiete von 9,45 Euro.
Die Begründung: Mietspiegel und Verbraucherpreisindex
Zur Begründung zog die Vermieterin den Wiesbadener Mietspiegel von 2021 heran. Dieser ist jedoch kein sogenannter qualifizierter Mietspiegel nach § 558d BGB. Für die betroffene Wohnung (Baujahr 1950-1974, mittlere Lage, Standardausstattung, 60-100 m²) weist dieser Mietspiegel eine Spanne von 7,52 Euro/m² bis 9,12 Euro/m² aus (Mittelwert 8,32 Euro/m²).
Innovative Berechnungsmethode der Vermieterin
Die Vermieterin stützte ihre Forderung jedoch nicht allein auf diese Spanne. Sie argumentierte zusätzlich mit der Entwicklung des Verbraucherpreisindex (VPI) des Statistischen Bundesamtes. Dieser sei seit Inkrafttreten des Mietspiegels im Januar 2021 (Index 101) bis April 2024 (Index 119,2) um 18,02 % gestiegen. Diese Steigerung rechnete sie auf den Mietspiegelwert auf.
Einbezug weiterer Faktoren und Kappungsgrenze
Zusätzlich berücksichtigte die Vermieterin einen Teilmodernisierungszuschlag (0,32 Euro/m²) und einen Abschlag wegen Verkehrsbeeinträchtigung (5 %). Daraus errechnete sie eine Vergleichsmiete von 9,72 Euro/m². Da die Miete innerhalb von drei Jahren jedoch maximal um 15 % steigen darf (Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB), begrenzte sie ihre Forderung auf die nun verlangten 9,45 Euro/m².
Der Gang des Verfahrens: Von der Ablehnung zur Klage
Die Mieter stimmten der geforderten Mieterhöhung zunächst nicht zu. Daraufhin reichte die Vermieterin am 18. Dezember 2024 Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung beim Amtsgericht Wiesbaden ein. Die Klage wurde den Mietern am 10. Januar 2025 zugestellt. Bemerkenswerterweise stimmten die Mieter dann am 23. Januar 2025 der Erhöhung doch noch zu, indem sie eine von der Vermieterin bereitgestellte App nutzten.
Die prozessuale Wendung: Erledigungserklärung und Kostenentscheidung
Nachdem die Mieter zugestimmt hatten, erklärte die Vermieterin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Mieter widersprachen dieser Erledigungserklärung nicht fristgerecht. Gemäß § 91a Zivilprozessordnung (ZPO) musste das Gericht nun nur noch über die Kosten des Verfahrens entscheiden. Dabei wird geprüft, wie der Prozess ohne die Erledigung voraussichtlich ausgegangen wäre.
Das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden: Klage wäre unbegründet gewesen
Das Gericht entschied, dass die Vermieterin die Kosten des Rechtsstreits tragen muss. Der Grund: Die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung wäre voraussichtlich abgewiesen worden, da sie nicht schlüssig begründet war. Die Vermieterin habe nicht ausreichend dargelegt, dass die ortsübliche Vergleichsmiete in Wiesbaden tatsächlich die geforderten 9,45 Euro/m² erreicht.
Kern der Entscheidung: Unzulässige Methode zur Mietpreisermittlung
Das Gericht stellte klar, dass die von der Vermieterin gewählte Methode – die Fortschreibung des einfachen Mietspiegels anhand des Verbraucherpreisindex – rechtlich unzulässig ist, um die ortsübliche Vergleichsmiete gemäß § 558 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu bestimmen. Der VPI spiegele die allgemeine Teuerungsrate wider, nicht aber die spezifische Entwicklung der Mieten für vergleichbaren Wohnraum.
Die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB
Das Gericht erinnerte an die gesetzliche Definition der ortsüblichen Vergleichsmiete. Nach § 558 Abs. 2 BGB wird diese aus den Mieten gebildet, die in der Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren (zum Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens) üblicherweise vereinbart oder geändert wurden. Modernisierungsbedingte Mieterhöhungen (§ 560 BGB) bleiben dabei außer Betracht.
Objektiver Maßstab entscheidend
Die ortsübliche Vergleichsmiete ist laut Gesetz und höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH) ein objektiver Maßstab. Sie soll einen repräsentativen Querschnitt der tatsächlich gezahlten üblichen Mieten abbilden. Eine bloße Fortschreibung von älteren Mietspiegeldaten mittels allgemeiner Inflationsraten, wie dem VPI, genügt diesen Anforderungen nicht. Stattdessen muss die tatsächliche Marktentwicklung für vergleichbare Wohnungen ermittelt werden.
Bedeutung für Betroffene: Was Vermieter und Mieter beachten müssen
Für Vermieter
Dieses Urteil unterstreicht, dass Vermieter bei Mieterhöhungsverlangen zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete sehr sorgfältig vorgehen müssen. Die Begründung muss den gesetzlichen Vorgaben des § 558a BGB entsprechen. Eine einfache Fortschreibung veralteter Mietspiegeldaten mit dem VPI ist kein zulässiges Begründungsmittel. Gültige Mittel sind ein qualifizierter Mietspiegel, eine Mietdatenbank, ein Sachverständigengutachten oder die Benennung von mindestens drei Vergleichswohnungen. Andernfalls riskieren Vermieter, dass ihr Mieterhöhungsverlangen unwirksam ist und sie im Streitfall die Prozesskosten tragen müssen.
Für Mieter
Für Mieter bedeutet die Entscheidung eine Stärkung ihrer Position. Erhalten sie ein Mieterhöhungsverlangen, das sich (auch) auf eine Index-Fortschreibung eines (einfachen) Mietspiegels stützt, sollten sie die Begründung genau prüfen. Eine solche Begründung ist nach dieser Rechtsprechung nicht ausreichend. Mieter können die Zustimmung zu einer derart begründeten Erhöhung unter Umständen verweigern, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen, sofern die Erhöhung nicht auf anderem Wege (z.B. durch Nennung von Vergleichswohnungen) korrekt begründet ist.
Fazit: Klare Absage an VPI-basierte Mietanpassungen
Der Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden stellt klar, dass die Anpassung von Mietspiegelwerten anhand des allgemeinen Verbraucherpreisindex kein gangbarer Weg ist, um die ortsübliche Vergleichsmiete für Mieterhöhungen nach § 558 BGB zu ermitteln. Vermieter müssen sich strikt an die im Gesetz vorgesehenen Begründungsmittel halten. Die Entscheidung betont die Bedeutung der tatsächlichen Marktdaten für vergleichbaren Wohnraum und schützt Mieter vor unzureichend begründeten Mieterhöhungen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass zur Rechtfertigung einer Mieterhöhung der Verbraucherpreisindex allein nicht ausreicht – stattdessen muss die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nachgewiesen werden. Ein veralteter Mietspiegel kann nicht einfach mit der allgemeinen Inflationsrate hochgerechnet werden, da Mietpreisentwicklungen oft deutlich von der allgemeinen Preisentwicklung abweichen. Die Quintessenz liegt darin, dass Vermieter bei Mieterhöhungsforderungen konkrete, objektive Nachweise für die behauptete ortsübliche Vergleichsmiete vorlegen müssen und nicht pauschal mit dem Verbraucherpreisindex argumentieren können.
Benötigen Sie Hilfe?
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Rolle spielt der Mietspiegel bei einer Mieterhöhung in Wiesbaden?
In Wiesbaden spielt der Mietspiegel eine zentrale Rolle, wenn ein Vermieter die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen möchte. Wiesbaden verfügt über einen qualifizierten Mietspiegel. Das bedeutet, er wurde nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Stadt oder von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt.
Der Mietspiegel dient dazu, die ortsübliche Vergleichsmiete für nicht preisgebundenen Wohnraum in Wiesbaden zu ermitteln. Vereinfacht gesagt, zeigt er, welche Miete in Wiesbaden durchschnittlich für Wohnungen gezahlt wird, die hinsichtlich ihrer Größe, Art, Ausstattung, energetischen Beschaffenheit und Lage vergleichbar sind. Die Daten basieren auf Mieten, die in den letzten sechs Jahren vereinbart oder geändert wurden.
Wie ist der Wiesbadener Mietspiegel aufgebaut?
Der qualifizierte Mietspiegel für Wiesbaden ist in der Regel als Broschüre oder online zugängliches Dokument verfügbar. Er enthält meist Tabellen oder ermöglicht eine Berechnung, bei der Wohnungen anhand verschiedener Merkmale eingeordnet werden, um eine Mietpreisspanne (meist in Euro pro Quadratmeter) zu ermitteln.
Wichtige Merkmale zur Einordnung einer Wohnung sind typischerweise:
- Baujahr des Gebäudes
- Wohnungsgröße (Quadratmeterzahl)
- Ausstattung (z.B. Art der Heizung, Qualität des Bades, Vorhandensein eines Balkons, energetischer Zustand)
- Lage der Wohnung innerhalb von Wiesbaden (unterschiedliche Wohnlagen können zu Zu- oder Abschlägen führen)
Anhand dieser Kriterien können Sie oder Ihr Vermieter die konkrete ortsübliche Vergleichsmiete für eine bestimmte Wohnung innerhalb einer vom Mietspiegel vorgegebenen Spanne ermitteln.
Wie wird der Mietspiegel für eine Mieterhöhung genutzt?
Wenn Ihr Vermieter die Miete erhöhen möchte (§ 558 BGB), muss er die Erhöhung schriftlich begründen. Bei einem qualifizierten Mietspiegel wie dem in Wiesbaden ist dieser das bevorzugte Begründungsmittel.
Der Vermieter muss im Mieterhöhungsschreiben die Wohnung anhand der Merkmale des Mietspiegels einordnen und den daraus resultierenden Mietwert (oder die Spanne) angeben. Die Besonderheit eines qualifizierten Mietspiegels ist seine gesetzliche Vermutungswirkung: Wenn der Vermieter die Mieterhöhung korrekt mit dem gültigen qualifizierten Mietspiegel begründet, wird gesetzlich vermutet, dass die geforderte Miete (bis zur Obergrenze der Spanne) der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht.
Wie aktuell muss der Mietspiegel sein?
Ein qualifizierter Mietspiegel ist nach seiner Erstellung grundsätzlich zwei Jahre lang gültig. Nach diesen zwei Jahren hat die Stadt die Möglichkeit, ihn für weitere zwei Jahre entweder durch Stichproben oder mittels eines Preisindexes fortzuschreiben (anzupassen).
Spätestens nach vier Jahren muss ein komplett neuer Mietspiegel auf Basis einer frischen Datenerhebung erstellt werden, damit er weiterhin als qualifiziert gilt. Für die Begründung einer Mieterhöhung ist es entscheidend, dass der zum Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsschreibens bei Ihnen gültige Mietspiegel verwendet wird. Achten Sie daher immer auf das Veröffentlichungsdatum und den Gültigkeitszeitraum des Mietspiegels, auf den sich eine Mieterhöhung stützt. Informationen zum aktuell gültigen Mietspiegel finden Sie in der Regel auf der Webseite der Stadt Wiesbaden.
Was bedeutet ortsübliche Vergleichsmiete und wie wird sie ermittelt?
Die ortsübliche Vergleichsmiete ist ein zentraler Begriff, wenn es um Mieterhöhungen für bestehende Mietverträge geht. Sie stellt die Miete dar, die in Ihrer Gemeinde oder Stadt – zum Beispiel in Wiesbaden – für Wohnraum gezahlt wird, der mit Ihrer Wohnung vergleichbar ist.
Was bedeutet „ortsüblich“ und „vergleichbar“?
- Ortsüblich bedeutet, was in einem bestimmten Gebiet (Ihrer Gemeinde oder einem vergleichbaren Teil davon) durchschnittlich für ähnliche Wohnungen an Miete gezahlt wird. Es geht also nicht um Spitzenmieten oder besonders günstige Mieten, sondern um den Durchschnitt.
- Vergleichbar ist eine Wohnung dann, wenn sie Ihrer Wohnung in wichtigen Merkmalen ähnelt. Dazu gehören laut Gesetz (§ 558 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) insbesondere:
- Art: z.B. Altbau, Neubau, Etagenwohnung.
- Größe: Die Wohnfläche in Quadratmetern.
- Ausstattung: z.B. Bad, Heizung, Balkon, Einbauküche, Bodenbeläge.
- Beschaffenheit: z.B. energetischer Zustand, Modernisierungsgrad.
- Lage: Die Wohngegend (z.B. Zentrum, Stadtrand, Verkehrsanbindung).
Um die Vergleichsmiete zu ermitteln, betrachtet man die Mieten, die in den letzten sechs Jahren für solche vergleichbaren Wohnungen vereinbart oder geändert wurden.
Wie wird die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt?
Ein Vermieter, der die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen möchte, muss dies begründen. Das Gesetz sieht dafür hauptsächlich drei Wege vor:
- Der Mietspiegel:
- Viele Städte und Gemeinden, darunter auch Wiesbaden, erstellen Mietspiegel. Dies sind Übersichten über die üblichen Mieten im Stadtgebiet.
- Es gibt einfache Mietspiegel und qualifizierte Mietspiegel. Ein qualifizierter Mietspiegel wird nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt. Er hat vor Gericht eine höhere Beweiskraft. Der Mietspiegel berücksichtigt die genannten Merkmale (Größe, Lage, Ausstattung etc.) und weist für verschiedene Wohnungstypen eine Mietspanne oder einen Mittelwert aus.
- Vergleichswohnungen:
- Der Vermieter kann auch mindestens drei konkrete Wohnungen benennen, die mit Ihrer Wohnung vergleichbar sind.
- Er muss dabei die Adresse und die Miete dieser Wohnungen angeben, oft auch die relevanten Merkmale, damit Sie die Vergleichbarkeit nachvollziehen können. Die Miete Ihrer Wohnung darf dann nicht höher sein als die der Vergleichswohnungen.
- Ein Sachverständigengutachten:
- Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger kann beauftragt werden, die ortsübliche Vergleichsmiete für die betreffende Wohnung zu ermitteln. Das Gutachten muss nachvollziehbar darlegen, wie der Experte zu seinem Ergebnis kommt.
Anforderungen an die Begründung einer Mieterhöhung
Wenn Ihr Vermieter die Miete erhöhen möchte, reicht es nicht aus, einfach nur zu behaupten, die neue Miete sei ortsüblich. Er muss seine Forderung mit einem der oben genannten Mittel begründen. Sie als Mieter müssen anhand der Begründung nachvollziehen können, wie der Vermieter auf die angegebene ortsübliche Vergleichsmiete kommt. Liegt beispielsweise ein qualifizierter Mietspiegel vor, muss sich der Vermieter in seiner Begründung darauf beziehen.
Die Vergleichsmiete ist nicht statisch
Es ist wichtig zu verstehen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete keine feste Größe ist. Der Wohnungsmarkt ist ständig in Bewegung. Mieten können steigen oder (seltener) fallen, abhängig von Angebot und Nachfrage, allgemeinen Preisentwicklungen und Modernisierungen. Daher muss die ortsübliche Vergleichsmiete bei jeder Mieterhöhung aktuell ermittelt werden. Was vor zwei Jahren ortsüblich war, muss es heute nicht mehr sein.
Dürfen Vermieter den Verbraucherpreisindex (VPI) zur Berechnung einer Mieterhöhung heranziehen?
Ob Ihr Vermieter den Verbraucherpreisindex (VPI) für eine Mieterhöhung nutzen darf, hängt entscheidend davon ab, was in Ihrem Mietvertrag vereinbart wurde. Es gibt hier grundsätzlich zwei verschiedene Wege für Mieterhöhungen, bei denen der VPI eine unterschiedliche Rolle spielt:
Die Indexmiete: Hier bestimmt der VPI die Miete
- Eine Mieterhöhung, die sich direkt am Verbraucherpreisindex orientiert, ist nur dann zulässig, wenn Sie mit Ihrem Vermieter ausdrücklich eine sogenannte Indexmiete im Mietvertrag vereinbart haben. Das steht im Gesetz unter § 557b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
- Bei einer gültig vereinbarten Indexmiete ist die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten VPI die alleinige Grundlage für die Mieterhöhung. Steigt der Index, kann der Vermieter die Miete entsprechend anpassen. Andere Gründe für eine Mieterhöhung (wie die Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete) sind dann während der Laufzeit der Indexmiete meist ausgeschlossen (Ausnahme: bestimmte Modernisierungen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat).
- Die Erhöhung tritt nicht automatisch ein. Der Vermieter muss sie Ihnen gegenüber schriftlich geltend machen, die Änderung des Preisindexes sowie die neue Miete oder den Erhöhungsbetrag angeben. Die Miete muss zudem jeweils mindestens ein Jahr unverändert geblieben sein, bevor eine erneute Anpassung aufgrund des VPI erfolgen darf.
Die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete: Hier zählt der Mietspiegel, nicht der VPI
- Ohne eine spezielle Vereinbarung wie eine Indexmiete (oder Staffelmiete) darf der Vermieter die Miete nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen (§ 558 BGB). Das ist die Miete, die in Ihrer Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage üblicherweise gezahlt wird (also die Durchschnittsmiete für ähnliche Wohnungen am Ort).
- Um diese ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln und die Mieterhöhung zu begründen, muss der Vermieter anerkannte Methoden verwenden (§ 558a BGB). Das sind zum Beispiel:
- Ein Mietspiegel (wie er beispielsweise für Städte wie Wiesbaden existiert und Auskunft über die üblichen Mieten gibt)
- Ein Sachverständigengutachten
- Die Nennung von mindestens drei Vergleichswohnungen
- Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist KEINES dieser zulässigen Begründungsmittel. Ein Vermieter kann eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nicht allein mit der allgemeinen Preissteigerung oder der Entwicklung des VPI begründen. Der VPI spiegelt die allgemeine Inflation wider (also wie sich die Preise für einen typischen Warenkorb von Verbrauchern entwickeln), nicht speziell die Entwicklung der Mieten für vergleichbare Wohnungen in Ihrer Gegend.
- Auch als ergänzendes Argument ist der VPI zur Begründung einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete rechtlich nicht vorgesehen und in der Regel unzulässig. Die Begründung muss sich zwingend auf die genannten Mittel (Mietspiegel, Gutachten, Vergleichswohnungen) stützen.
Wichtige Aspekte bei Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete
- Die Miete muss zum Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung wirksam werden soll, seit mindestens 15 Monaten unverändert sein (Wartefrist).
- Die Miete darf innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent steigen (sogenannte Kappungsgrenze). Achtung: In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt kann diese Grenze durch eine Verordnung des jeweiligen Bundeslandes auf 15 Prozent reduziert sein. Ob dies auf Wiesbaden oder Teile davon zutrifft, regelt eine solche Verordnung für Hessen.
- Der Vermieter muss die Mieterhöhung schriftlich begründen (unter Nutzung der oben genannten Mittel wie Mietspiegel) und Ihre Zustimmung einholen. Sie haben dann eine gesetzliche Überlegungsfrist, um das Erhöhungsverlangen zu prüfen.
Es kommt also entscheidend darauf an, ob Ihr Mietvertrag eine Indexmietklausel enthält oder nicht. Ist dies nicht der Fall, richtet sich eine Mieterhöhung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete, und der VPI darf hierfür nicht als Begründung herangezogen werden.
Was ist die Kappungsgrenze und wie wirkt sie sich auf Mieterhöhungen aus?
Die Kappungsgrenze ist ein gesetzlicher Schutz für Mieter. Sie soll verhindern, dass die Miete innerhalb kurzer Zeit zu stark ansteigt, selbst wenn die ortsübliche Vergleichsmiete noch nicht erreicht ist. Sie begrenzt also den Betrag, um den Ihre Miete innerhalb eines bestimmten Zeitraums maximal steigen darf, wenn der Vermieter eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete vornimmt.
Wie funktioniert die Kappungsgrenze?
Grundsätzlich gilt: Wenn Ihr Vermieter die Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete anpassen möchte (§ 558 BGB), darf er die Miete innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als insgesamt 20 Prozent anheben. Diese Grenze von 20 Prozent ist die allgemeine Kappungsgrenze.
- Berechnungszeitraum: Entscheidend sind immer die drei Jahre vor dem Zeitpunkt, zu dem die neue Mieterhöhung wirksam werden soll.
- Ausgangsmiete: Als Basis für die Berechnung dient die Miete (Nettokaltmiete), die Sie drei Jahre vor der geplanten Erhöhung gezahlt haben. Zwischenzeitliche Erhöhungen aufgrund von Modernisierungen oder gestiegenen Betriebskosten werden hierbei nicht mitgerechnet.
Ein einfaches Beispiel: Ihre Nettokaltmiete betrug am 1. August 2021 genau 500 Euro. Ihr Vermieter möchte die Miete zum 1. August 2024 erhöhen, da die ortsübliche Vergleichsmiete für Ihre Wohnung mittlerweile bei 650 Euro liegt. Er darf Ihre Miete in diesem Dreijahreszeitraum (1. August 2021 bis 1. August 2024) aber insgesamt nur um maximal 20 Prozent von den ursprünglichen 500 Euro erhöhen. Maximale Erhöhung = 500 Euro × 20 % = 100 Euro. Ihre neue Miete dürfte also höchstens 600 Euro betragen (500 Euro + 100 Euro), auch wenn die ortsübliche Vergleichsmiete eigentlich 650 Euro zulassen würde.
Wichtig zu verstehen ist: Die Miete darf durch die Erhöhung niemals über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen. Die Kappungsgrenze wirkt also als eine zusätzliche Obergrenze neben der ortsüblichen Vergleichsmiete. Es gilt immer der niedrigere der beiden Werte (entweder die ortsübliche Vergleichsmiete oder die Miete nach Anwendung der Kappungsgrenze).
Gilt die Kappungsgrenze immer?
Nein, die Kappungsgrenze gilt nicht für alle Arten von Mieterhöhungen. Sie findet keine Anwendung bei:
- Mieterhöhungen nach Modernisierungsmaßnahmen (§ 559 BGB): Wenn der Vermieter die Wohnung modernisiert hat, kann er einen Teil der Kosten auf die Jahresmiete umlegen. Diese Erhöhung unterliegt nicht der Kappungsgrenze.
- Anpassungen von Betriebskostenvorauszahlungen oder -pauschalen (§ 560 BGB): Erhöht der Vermieter die Nebenkosten, weil diese gestiegen sind, fällt das ebenfalls nicht unter die Kappungsgrenze.
- Mieterhöhungen bei Indexmietverträgen (Kopplung an den Verbraucherpreisindex) oder Staffelmietverträgen (vertraglich festgelegte Erhöhungen), da hier die Erhöhungsmechanismen bereits im Mietvertrag anders geregelt sind.
Die Kappungsgrenze ist also speziell für Mieterhöhungen zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB) relevant.
Gibt es Sonderregelungen in Wiesbaden?
Ja, das ist möglich und für Wiesbaden aktuell der Fall. In Gebieten, in denen der Wohnungsmarkt als besonders angespannt gilt (Wohnraum ist knapp und teuer), können die Bundesländer per Verordnung eine abgesenkte Kappungsgrenze festlegen.
In diesen Gebieten darf die Miete innerhalb von drei Jahren nur um maximal 15 Prozent erhöht werden, statt der üblichen 20 Prozent.
Für die Stadt Wiesbaden gilt derzeit (Stand Juni 2024) diese abgesenkte Kappungsgrenze von 15 Prozent. Das bedeutet: Wenn Sie Mieter in Wiesbaden sind, darf Ihr Vermieter bei einer Mieterhöhung zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete Ihre Miete innerhalb von drei Jahren um höchstens 15 Prozent steigern (immer unter Beachtung der Obergrenze durch die ortsübliche Vergleichsmiete). Die entsprechende Verordnung des Landes Hessen, die dies regelt, ist aktuell bis zum 24. November 2025 gültig. Da solche Verordnungen befristet sind und sich ändern können, ist immer der zum Zeitpunkt der Mieterhöhung geltende Rechtsstand entscheidend.
Welche Rechte haben Mieter, wenn sie eine Mieterhöhung für unberechtigt halten?
Wenn Sie als Mieterin oder Mieter eine Mieterhöhung erhalten und Zweifel an deren Berechtigung haben, müssen Sie dieser nicht einfach zustimmen. Das Gesetz räumt Ihnen bestimmte Rechte und Möglichkeiten ein, um die Forderung zu prüfen und gegebenenfalls darauf zu reagieren. Dies gilt insbesondere auch für Mieterhöhungen, die sich auf die ortsübliche Vergleichsmiete in Wiesbaden beziehen.
Ihre wichtigste Frist: Die Prüfungs- und Überlegungsfrist
Nachdem Sie das Schreiben zur Mieterhöhung erhalten haben, beginnt Ihre gesetzliche Prüfungs- und Überlegungsfrist. Diese Frist gibt Ihnen Zeit, die Forderung in Ruhe zu prüfen. Sie endet am Ende des zweiten Kalendermonats, der auf den Monat folgt, in dem Sie das Erhöhungsschreiben erhalten haben.
- Beispiel: Erhalten Sie das Schreiben im März, läuft Ihre Frist bis zum 31. Mai.
Innerhalb dieser Frist müssen Sie entscheiden, ob Sie der Erhöhung zustimmen oder nicht. Eine Zustimmung ist erforderlich, damit die höhere Miete wirksam wird. Zahlen Sie die erhöhte Miete kommentarlos nach Ablauf der Frist, kann dies als Zustimmung gewertet werden.
Wenn Sie die Mieterhöhung für falsch halten: Die Nichtzustimmung
Halten Sie die Mieterhöhung für unberechtigt – sei es aus formellen Gründen oder weil die geforderte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigt –, müssen Sie nicht zustimmen. Es gibt keinen formalen „Widerspruch“ im juristischen Sinne, den Sie einlegen müssen. Ihre Nichtzustimmung innerhalb der Überlegungsfrist ist entscheidend.
Es ist ratsam, dem Vermieter schriftlich (z.B. per Brief, E-Mail mit Lesebestätigung) innerhalb der Prüffrist mitzuteilen, dass Sie der Mieterhöhung nicht zustimmen und idealerweise kurz zu begründen, warum Sie Zweifel haben (z.B. wegen formeller Fehler oder Überschreitung der Vergleichsmiete laut Wiesbadener Mietspiegel). Dies dient der Klarheit und Beweissicherung.
Prüfung der Mieterhöhung
Sie sollten das Mieterhöhungsschreiben genau prüfen. Achten Sie besonders auf folgende Punkte:
- Form: Ist die Erhöhung schriftlich erfolgt und an alle Mieter adressiert?
- Begründung: Ist die Erhöhung ausreichend begründet? Bei einer Erhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete muss der Vermieter dies darlegen, z.B. durch Bezugnahme auf den aktuellen Wiesbadener Mietspiegel, ein Sachverständigengutachten oder mindestens drei Vergleichswohnungen.
- Fristen und Grenzen: Wurden die gesetzlichen Fristen eingehalten? Eine Mieterhöhung ist frühestens ein Jahr nach der letzten Erhöhung bzw. nach Einzug zulässig (§ 558 Abs. 1 BGB). Außerdem darf die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als einen bestimmten Prozentsatz steigen (die sogenannte Kappungsgrenze, § 558 Abs. 3 BGB – diese kann je nach Stadt variieren, für Wiesbaden gelten ggf. besondere Regelungen). Die neue Miete darf die ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteigen.
- Berechnung: Sind die Berechnungen im Schreiben nachvollziehbar und korrekt?
Formelle Fehler im Erhöhungsschreiben können dazu führen, dass die Mieterhöhung unwirksam ist.
Möglichkeiten der Einigung ohne Gericht
Bevor es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt, gibt es Möglichkeiten, eine Einigung zu finden:
- Gespräch mit dem Vermieter: Suchen Sie das Gespräch und erläutern Sie Ihre Bedenken. Manchmal beruht die Erhöhung auf einem Missverständnis oder Fehler, der sich klären lässt.
- Mediation: Eine Mediation ist ein strukturiertes Verfahren, bei dem ein neutraler Dritter (Mediator) hilft, eine gemeinsame Lösung zu finden. Dies ist oft schneller und kostengünstiger als ein Gerichtsverfahren.
Was passiert, wenn keine Einigung erfolgt?
Wenn Sie der Mieterhöhung nicht zustimmen und auch keine außergerichtliche Einigung erzielt wird, bleibt dem Vermieter nur der Weg über das Gericht. Der Vermieter muss dann Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung beim zuständigen Amtsgericht einreichen.
Hierfür hat der Vermieter nach Ablauf Ihrer Überlegungsfrist drei weitere Monate Zeit (§ 558b Abs. 2 BGB). Versäumt der Vermieter diese Klagefrist, kann er aus dem ursprünglichen Erhöhungsverlangen keine Rechte mehr herleiten.
Risiken und Kosten eines Gerichtsverfahrens
Ein Gerichtsverfahren ist immer mit Risiken und Kosten verbunden:
- Urteil: Das Gericht prüft, ob die Mieterhöhung formell korrekt ist und ob die geforderte Miete der ortsüblichen Vergleichsmiete (z.B. laut Wiesbadener Mietspiegel) entspricht und die Kappungsgrenze eingehalten wurde.
- Kosten: Verliert der Mieter den Prozess, muss er der Mieterhöhung zustimmen (oft rückwirkend) und in der Regel die Gerichtskosten sowie die Anwaltskosten beider Seiten tragen. Gewinnt der Mieter, trägt der Vermieter die Kosten. Bei einem teilweisen Obsiegen/Unterliegen werden die Kosten oft geteilt.
- Dauer und Aufwand: Ein Gerichtsverfahren kann zeitaufwendig und nervenaufreibend sein.
Es ist wichtig, die eigenen Rechte und die möglichen Konsequenzen zu kennen, wenn man eine Mieterhöhung für unberechtigt hält. Die Prüfung der formellen Anforderungen und der Begründung, insbesondere im Abgleich mit dem lokalen Mietspiegel wie dem von Wiesbaden, ist dabei ein zentraler Schritt.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Ortsübliche Vergleichsmiete
Die ortsübliche Vergleichsmiete ist der Maßstab dafür, bis zu welcher Höhe ein Vermieter die Miete für eine nicht preisgebundene Wohnung anheben darf (§ 558 Abs. 2 BGB). Sie spiegelt wider, was für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in derselben Gemeinde durchschnittlich in den letzten sechs Jahren gezahlt wurde (Achtung: Gesetz wurde 2019 geändert, im Text wird noch die alte 4-Jahres-Frist genannt, die bis dahin galt – zum Zeitpunkt des fiktiven Falls 2024/2025 gilt die 6-Jahres-Frist). Dieser Wert soll den tatsächlichen, objektiven Mietmarkt vor Ort abbilden. Im vorliegenden Fall war strittig, ob die Methode der Vermieterin (Fortschreibung eines alten Mietspiegels mit dem VPI) geeignet war, diese Miete korrekt zu ermitteln, was das Gericht verneinte.
Beispiel: Herr Müller möchte die Miete für seine 70qm-Wohnung in Köln erhöhen. Er muss prüfen, welche Miete für ähnliche Wohnungen (Alter, Ausstattung, Lage) in Köln üblicherweise gezahlt wird, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Er kann dafür z.B. den Kölner Mietspiegel nutzen oder drei vergleichbare Wohnungen benennen.
Verbraucherpreisindex (VPI)
Der Verbraucherpreisindex (VPI) misst die **durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 558 BGB (Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete): Diese Vorschrift bildet die Grundlage für Mieterhöhungen in Deutschland und erlaubt Vermietern, die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete anzuheben, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört, dass die Miete seit mindestens 15 Monaten unverändert sein muss und die Kappungsgrenze beachtet wird. Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin stützte ihre Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete, scheiterte jedoch, weil ihre Begründung und Berechnungsmethode vom Gericht als unzureichend erachtet wurden.
- § 558a BGB (Form und Begründung der Mieterhöhung): Dieser Paragraph legt fest, dass eine Mieterhöhungserklärung schriftlich erfolgen und eine detaillierte Begründung enthalten muss. Die Begründung soll für den Mieter nachvollziehbar machen, wie sich die geforderte Mieterhöhung zusammensetzt, beispielsweise durch Bezugnahme auf einen Mietspiegel, Vergleichswohnungen oder ein Sachverständigengutachten. Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bemängelte die Begründung der Klägerin zur ortsüblichen Vergleichsmiete als nicht ausreichend, was darauf hindeutet, dass die Anforderungen an die Begründung gemäß § 558a BGB nicht erfüllt wurden.
- § 558c BGB (Mietspiegel): Diese Norm definiert den Mietspiegel als ein Instrument zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete, der entweder als einfacher oder qualifizierter Mietspiegel erstellt werden kann. Mietspiegel sollen einen Überblick über die Mietpreise in einer Gemeinde oder Region geben und müssen nach anerkannten Grundsätzen erstellt sowie regelmäßig angepasst werden. Bedeutung im vorliegenden Fall: Der von der Klägerin angeführte Wiesbadener Mietspiegel von 2021 wurde vom Gericht als nicht qualifizierter Mietspiegel eingestuft, und die Art und Weise, wie die Klägerin diesen in Verbindung mit dem Verbraucherpreisindex nutzte, wurde als ungeeignet zur Begründung der Mieterhöhung bewertet.
- § 91a ZPO (Kosten bei Erledigung der Hauptsache): Diese prozessuale Vorschrift regelt die Verteilung der Kosten eines Rechtsstreits, wenn die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklären oder eine Partei dies tut und die andere sich dem nicht widersetzt. Das Gericht entscheidet dann nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kostentragung. Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Beklagten der Mieterhöhung zustimmten und die Klägerin den Rechtsstreit daraufhin für erledigt erklärte, entschied das Gericht gemäß § 91a ZPO, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, da ihre Klage voraussichtlich erfolglos gewesen wäre.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Mieter bei Mieterhöhungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete
Als Mieter können Sie mit Forderungen zur Mieterhöhung konfrontiert werden. Nicht jede Begründung des Vermieters ist dabei zulässig. Es ist wichtig, das Schreiben genau zu prüfen, bevor Sie zustimmen.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Prüfen Sie die Begründung der Mieterhöhung genau
Vermieter müssen eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB klar begründen. Achten Sie darauf, ob sich der Vermieter auf einen gültigen (ggf. qualifizierten) Mietspiegel, mindestens drei Vergleichswohnungen oder ein Sachverständigengutachten stützt. Eine Begründung allein mit der allgemeinen Inflation (Verbraucherpreisindex) ist für diese Art der Mieterhöhung unzulässig. Dies ist nur bei einer explizit im Mietvertrag vereinbarten Indexmiete (§ 557b BGB) möglich.
⚠️ ACHTUNG: Eine formal fehlerhafte oder rechtlich unzulässige Begründung (wie die Koppelung an den Verbraucherpreisindex im geschilderten Fall) kann das gesamte Mieterhöhungsverlangen unwirksam machen, selbst wenn der geforderte Mietbetrag an sich angemessen sein könnte.
Tipp 2: Beachten Sie die Überlegungsfrist
Nachdem Sie ein Mieterhöhungsverlangen erhalten haben, haben Sie eine gesetzliche Überlegungsfrist zur Prüfung. Diese Frist läuft bis zum Ende des übernächsten Monats nach Zugang des Schreibens (§ 558b Abs. 2 BGB). Innerhalb dieser Zeit müssen Sie entscheiden, ob Sie zustimmen. Stimmen Sie nicht zu, kann der Vermieter innerhalb von weiteren drei Monaten Klage auf Zustimmung erheben. Nutzen Sie die Frist sorgfältig zur Prüfung oder lassen Sie das Verlangen rechtlich prüfen.
Beispiel: Erhalten Sie das Mieterhöhungsschreiben im Laufe des Monats März, endet Ihre Überlegungsfrist am 31. Mai.
Tipp 3: Zustimmung auch nach Klageerhebung möglich – Kosten beachten
Selbst wenn Ihr Vermieter bereits Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung eingereicht hat, weil Sie innerhalb der Frist nicht zugestimmt haben, können Sie Ihre Zustimmung immer noch erklären. Dies beendet den Rechtsstreit über die Mieterhöhung selbst. Allerdings muss das Gericht dann entscheiden, wer die Kosten des Verfahrens (Gerichts- und Anwaltskosten) trägt (§ 91a ZPO). War das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen des Vermieters fehlerhaft oder unbegründet (wie im Fall der unzulässigen Inflationskopplung), besteht eine gute Chance, dass der Vermieter die Kosten tragen muss, auch wenn Sie nachträglich zustimmen.
Tipp 4: Achten Sie auf die Art des Mietspiegels
Wenn sich der Vermieter zur Begründung auf einen Mietspiegel bezieht, prüfen Sie, um welche Art von Mietspiegel es sich handelt. Ein „qualifizierter Mietspiegel“ (§ 558d BGB) wurde nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt. Er hat eine höhere Beweiskraft vor Gericht als ein „einfacher Mietspiegel“ (§ 558c BGB). Im vorliegenden Fall wurde ein nicht qualifizierter Mietspiegel verwendet, was seine Aussagekraft schwächen kann, auch wenn er als Begründungsmittel grundsätzlich zulässig ist.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Neben der korrekten Begründung muss der Vermieter auch die formellen Anforderungen einhalten (z.B. Schriftform, korrekte Adressaten). Zudem muss die Wartefrist von 15 Monaten seit der letzten Mieterhöhung bzw. seit Mietbeginn eingehalten sein (§ 558 Abs. 1 BGB). Wichtig ist auch die Kappungsgrenze: Die Miete darf sich innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 % erhöhen, in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt (wie ggf. Wiesbaden) oft nur um 15 % (§ 558 Abs. 3 BGB). Auch wenn diese Punkte im Fall beachtet wurden, war die fehlerhafte Begründung entscheidend.
✅ Checkliste: Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhalten
- Begründung prüfen: Ist sie nachvollziehbar und zulässig (Mietspiegel, Vergleichswohnungen, Gutachten)? Keine unzulässige Inflationskopplung?
- Fristen checken: Wurde die 15-monatige Wartefrist eingehalten? Wurde die Kappungsgrenze (15% oder 20% in 3 Jahren) beachtet?
- Form prüfen: Ist das Schreiben schriftlich erfolgt und an alle Mieter adressiert?
- Höhe prüfen: Entspricht die geforderte Miete tatsächlich der ortsüblichen Vergleichsmiete laut Begründungsmittel?
- Reagieren: Innerhalb der Überlegungsfrist (bis Ende des übernächsten Monats) entscheiden und dem Vermieter mitteilen (Zustimmung, Ablehnung, Teilzustimmung) oder Rechtsrat einholen.
Das vorliegende Urteil
AG Wiesbaden – Az.: 935 C 4000/24 – Beschluss vom 26.02.2025
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