LG Berlin, Az.: 65 S 406/13, Urteil vom 05.03.2014
Auf die Berufung der Klägerin wird das Anerkenntnisteil – und Schlussurteil des Amtsgerichts Köpenick vom 15. August 2013 – 13 C 66/13 – unter Aufhebung der auf das Anerkenntnis erfolgten Verurteilung abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die Mieträume … 6, … Berlin, Quergebäude, 3. OG Mitte/Links und Dachgeschoss bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, Flur und Bodenkammer im Dachgeschoss (Wohnfläche ca. 71,81 Quadratmeter) zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.08.2014 gewährt.
Gründe
I.
Auf die Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.
II.
Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung ist auch in der Sache erfolgreich, sie rechtfertigt eine andere Entscheidung, §§ 513, 529,546 ZPO.
Die Klägerin hat gemäß § 546 Abs. 1 BGB einen fälligen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von der Beklagten innegehaltenen Wohnung.
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Wohnung ist durch die hilfsweise fristgemäß erklärte Kündigung vom 07.05.2013 gemäß §§ 573Abs. 1 und 2 Nr. 1, 542 BGB beendet.
Die Klägerin hatte ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, da die Beklagte sich mit der Bezahlung der monatlich laufenden Mieten für April und Mai 2013 in einem auch eine fristlose Kündigung rechtfertigenden Verzug befand. Ohne Erfolg macht die Beklagte hier fehlendes Verschulden an dem eingetretenen Zahlungsverzug hinsichtlich der beiden Monatsmieten geltend.
Ob ihr Vortrag, der Dauerauftrag sei fehlerhaft eingerichtet worden, überhaupt ihr Verschulden an dem Zahlungsverzug mindern würde, kann dahinstehen, weil die Klägerin den diesbezüglichen knappen Vortrag bestritten hat. Es kommt hinzu, dass die Klägerin das Ausbleiben der April-Miete noch im April 2013 angemahnt hatte, so dass die Beklagte Anlass gehabt hätte, hier eine Überprüfung vorzunehmen.
Die Beklagte verletzte ihre mietvertraglichen Pflichten auch deshalb erheblich schuldhaft, weil sie neben den beiden Monatsmieten restliche Nebenkostennachforderungen für 2010 und 2011 nicht gezahlt hatte, die seit ca. 1,5 (2010 betreffend) bzw. einem halben Jahr (2011 betreffend) fällig waren und zusammen mehr als eine Monatsmiete ausmachten.
Die fehlende Bezahlung der restlichen Nebenkosten für 2010 und 2011 beruhte zwar offenbar auf einem zunächst bestehenden Irrtum der Beklagten über die Verrechnungsweise der geleisteten Vorschüsse. Indessen hatte die Klägerin bereits mit Schreiben vom 20.12.2011 auf den diesbezüglichen Einwand der Beklagten gegen die Abrechnung für 2010 unter Vorlage eines Mietkontenauszugs dargelegt, dass die Vorschüsse sowohl in der Abrechnung über die Heizkosten als auch über die übrigen Betriebskosten Berücksichtigung fanden. Hätte die Beklagte mit der gebotenen Sorgfalt dieses Schreiben geprüft, hätte sie feststellen müssen, dass die Vorschüsse wie von ihr vorgetragen tatsächlich Berücksichtigung fanden.
Die Bezahlung der offenen Mieten für April und Mai 2013 innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ließ den Kündigungsgrund des § 573Abs. 1,2 Nr. 1 BGB nicht entfallen. Insbesondere erscheint dadurch ihre Pflichtverletzung nicht in einem milderen Licht, welche auch eine fristgemäße Kündigung nicht mehr gerechtfertigt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2005 – VIII ZR 6/04 -, MDR 2005, 189, zit. nach juris). Zu berücksichtigen ist hier, dass die Beklagte die bereits sehr lange offenen Beträge aus den Nebenkostenabrechnungen für 2010 und 2011 weiterhin nicht beglich. Angesichts des fortbestehenden Verzugs mit diesen Beträgen ist das Festhalten der Klägerin an der fristgemäßen Kündigung nicht rechtsmissbräuchlich (BGH, Urteil vom 10.10.2012 – VIII ZR 107/12, NJW 2013, 159ff., zit. nach juris).
Spätestens nachdem im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht am 15.08.2013, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in ihrer Gegenwart den Widerklageantrag zurücknahm, weil der Irrtum erkannt wurde, hätte die Beklagte unverzüglich die restlichen offenen Betriebskostennachforderungen begleichen müssen, um ihre Nichtzahlung überhaupt in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Stattdessen hat die Beklagte die Zahlung nach ihren eigenen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung erst Ende Oktober 2013 vorgenommen, nachdem die Klägerin deshalb zwischenzeitlich erneut gekündigt hatte.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91Abs. 1, 708 Nr. 10,711 und 713 ZPO.
Revisionsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.
Die der Beklagten gemäß § 721 ZPO gewährte Räumungsfrist berücksichtigt, dass sie in erster Instanz obsiegt hatte, deshalb Bemühungen zur Suche einer neuen Wohnungen bisher nicht veranlasst waren, und die derzeitige Lage auf dem Wohnungsmarkt.