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Mieterhöhungsverlangen – Begründung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Mietspiegel

AG Münster – Az.: 8 C 645/21 – Urteil vom 01.07.2021

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verpflichtet, der Erhöhung der monatlichen Grundmiete für die von ihnen gemietete Wohnung Cweg 0, 00000 G, nebst Garage auf 1.055,12 EUR mit Wirkung ab dem 1.3.2021 zuzustimmen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 1.752 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete.

Mit Mietvertrag vom 25.6.2017 mieteten die Beklagten gemeinsam eine Einliegerwohnung unter der Anschrift Cweg 0 in G, Baujahr 1973. Die Wohnfläche betrug 129 m². Ferner stand den Beklagten ein Garten mit einer Fläche von 300 m² zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Die für den Garten anfallenden Kosten tragen sie allein. Die Miete belief sich ursprünglich auf 985 EUR, worin ein Anteil für die Garage von 35 EUR enthalten war.

Mit Schreiben vom 21.11.2021 forderte der Kläger die Beklagten auf, der Erhöhung der Miete auf 1.131 EUR kalt zuzustimmen, wobei der darin eingeschlossene Anteil für die Garage sich fortan auf 40 EUR belaufen sollte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Aufforderungsschreiben vom 21.11.2020 (Bl. 18 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, der Erhöhung der monatlichen Grundmiete für die von ihnen gemietete Wohnung Cweg 0, 00000 G nebst Garage auf 1.131 EUR mit Wirkung ab dem 1.3.2021 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie vertreten die Ansicht, das Mieterhöhungsverlangen leide an formellen Fehlern, weil nicht ausreichend mitgeteilt werde, wie sich die neue Miete anhand des Mietspiegels im Einzelnen errechne.

Überdies sei das Mieterhöhungsverlangen in der Sache unberechtigt. Richtig sei zwar, dass es ein zweites Bad gebe. Dieses befinde sich aber nicht in den vermieteten Räumen, sondern in den Kellerräumen, welche zwar von den Beklagten bzw. ihrem Sohn genutzt würden, aber nicht Gegenstand des Mietvertrags seien. Das Bad sei zudem deshalb nicht zu berücksichtigen, weil es dort weder Heizung noch Lüftung gebe.

Ferner könne ein Zuschlag für einen Tiefgaragenplatz nicht erfolgen, weil ein solcher nicht vermietet worden sei. Tatsächlich sei den Beklagten – was zwischen den Parteien in tatsächlicher Hinsicht unstreitig ist – eine Garage vermietet und überlassen worden.

Der Garten könne wegen der alleinigen Kostenlast der Beklagten ebenfalls nicht mieterhöhend berücksichtigt werden.

Es handle sich auch nicht um eine geschlossene Bebauung, ebenso seien nicht überwiegend Vorgärten vorhanden. Im Übrigen dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Wohnung im Stadtteil L gelegen sei.

Und schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Stromversorgung für die Hofbeleuchtung, der Garagen und des Büros der Nachbarn über ihren Stromkreis erfolge.

Die Erneuerung der Heizung könne nicht zulasten der Beklagten berücksichtigt werden. Dabei habe es sich nämlich nicht um eine Modernisierung, sondern eine Instandsetzung gehandelt, nachdem die alte Heizungsanlage wegen des Hochwassers im Jahre 2014 vollständig zerstört worden sei. Die Kosten seien jedenfalls dann nicht umlagefähig, wenn die Erneuerung von einer Versicherung gezahlt worden wäre.

Auch befinde sich im Umkreis von 500 Metern kein Lebensmittelmarkt mehr. Dies sei früher zutreffend gewesen, inzwischen sei er aber geschlossen worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Mieterhöhungsverlangen - Begründung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Mietspiegel
(Symbolfoto: F. Altamirano/Shutterstock.com)

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu einer Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete gemäß § 558 Abs. 1 BGB.

Nach der Einschätzung des Gerichts ist das Erhöhungsverlangen vom 21.11.2020 formell nicht zu beanstanden. Insbesondere ergab sich aus der Anlage, auf welche Faktoren die zur Bestimmung der Vergleichsmiete gestützt wurde.

Das Mieterhöhungsverlangen ist jedoch in der Sache nur teilweise begründet. Da das Gebäude aus dem Jahre 1973 stammt und die Wohnfläche sich auf 129 m² beläuft, ist von einer Basismiete von 6,39 EUR auszugehen.

Einen Zu- oder Abschlag wegen der Gebäudeart oder der Heizungsausstattung hat der Kläger nicht vorgenommen, was von den Beklagten nicht beanstandet wurde.

Für den Bereich der Sanitär- und Wohnausstattung ist nach der Einschätzung des Gerichts ein Zuschlag von 3 Punkten angemessen, was einem Aufschlag auf die Basismiete von 3 % entspricht. Dies folgt daraus, dass ein Bad mit Badewanne und Duschkabine vorhanden ist sowie ein zweites Waschbecken. Beide Umstände rechtfertigen nach Tabelle 3 des Mietspiegels einen Zuschlag von jeweils einem Punkt. Soweit der Kläger meint, weitere zwei Punkte seien wegen des Vorhandenseins eines zweiten Bades aufzuschlagen, vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. Richtig ist, dass Tabelle 3 dies bei einem zweiten Bad vorsieht. Das Bad, welches sich in den Kellerräumen befindet und von dem Sohn der Beklagten genutzt wird, erfüllt jedoch nicht die Anforderungen an ein vollwertiges Bad, weil ihm unstreitig eine Heizung und eine Lüftung fehlen. Nach der Auffassung des Gerichts mindert dies den Gebrauchswert nicht unerheblich, weshalb nicht der volle Zuschlag angemessen erscheint, sondern nur der von einem Punkt.

Dass der Kläger bei seiner Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete von einer weit überdurchschnittlichen Wohnungsausstattung und infolgedessen von einem Aufschlag von 23 % ausgeht, ist nach der Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Diese Eingruppierung setzt einen Zuschlag von mindestens vier Punkten voraus. Unstreitig verfügt die Wohnung über Parkett- und Marmorböden, eine Terrasse, Rollläden an allen Fenstern und einen Einbauschrank außerhalb des Küchenbereichs. Jeder dieser Aspekte erlaubt nach Tabelle 3 des Mietspiegels einen Zuschlag von einem Punkt. Die Berücksichtigung der Garage überzeugt freilich nicht, weil Tabelle 3 nur einen Tiefgaragenstellplatz berücksichtigt. Eine Garage hat aber nach dem Mietspiegel (S. 14) gerade keinen Zu- oder Abschlag zur Folge. Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an, weil keine Abschläge zu erkennen sind und es deshalb bei dem Zuschlag von vier Punkten verbleibt. Insbesondere folgt kein Abschlag aus der Gartennutzung. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er den Beklagten zur Mitbenutzung überlassen worden wäre und sie verpflichtet wären, dort Arbeiten auszuführen. Schon die alleinige Gartennutzung – mit der Verpflichtung Arbeiten auszuführen – stände der Annahme eines Abschlags entgegen (vgl. S. 14 des Mietspiegels). Hier ist die Behauptung des Klägers aus der mündlichen Verhandlung, eine irgendwie geartete Pflicht, Arbeiten auszuführen, sei nicht vereinbart worden, überdies unstreitig geblieben.

Nicht zu beanstanden ist es auch, dass der Kläger in seine Vergleichsberechnung einen Aufschlag von 2 % für den Aspekt „Modernisierung und Energieeffizienz“ eingestellt hat. Denn entsprechend der Maßgabe der Tabelle 4 des Mietspiegels wurde in den letzten zehn Jahren der Heizkessel erneuert. Nach dem anfänglichen Bestreiten der Beklagten ist dies nach der Vorlage einer entsprechenden Rechnung durch den Kläger letztlich unstreitig geblieben. Die Beklagten haben lediglich die Auffassung vertreten, die Kosten könnten nicht im Wege der Mieterhöhung umgelegt werden, weil es sich um eine Instandsetzungsmaßnahme gehandelt habe, für die die Kosten überdies von der Gebäudeversicherung übernommen worden seien. Allerdings wird hierbei verkannt, dass der Kläger nicht eine Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 559 BGB geltend macht, weshalb es auch nicht – wie bei § 559a BGB – darauf ankommt, ob die Kosten von einem Dritten übernommen wurden. Entscheidend ist, dass die Miete bei vergleichbaren Wohnungen, bei denen wegen erneuerter Heizkessel die Energieeffizienz gesteigert wurde, gegenüber anderen Wohnungen höher ist. Der Grund für die Mieterhöhung liegt allein in dem Recht des Klägers, die aktuelle Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete anzupassen.

Für die Wohnlage ist nach der Einschätzung des Gerichts kein Zuschlag geboten. Der von dem Kläger angesetzte Aufschlag von 5 % setzt einen Zuschlag von mindestens zwei Punkten voraus. Der Kläger beruft sich darauf, es seien überwiegend eine offene Bebauung und Vorgärten vorhanden. Ferner sei eine Bushaltestelle in weniger als 100m Entfernung vorhanden. Jeder dieser Aspekte würde einen Zuschlag von einem Punkt rechtfertigen. Allerdings ist zwischen den Parteien auch unstreitig geblieben, dass sich in einem Umkreis von 500 m Entfernung kein Lebensmittelmarkt befindet, was einen Abzug von einem Punkt zur Folge hat. Die Behauptung des Klägers, es befinde sich eine Bushaltestelle in weniger als 100 m Entfernung ist bereits unschlüssig, weil für das Gericht nicht nachvollziehbar ist, auf welche Haltestelle er sich bezieht. Er hat selbst einen Google-Maps-Auszug zur Akte gereicht, aus der sich eine Entfernung der nächsten Haltestelle zur Wohnung von genau 100 m ergibt, nicht aber weniger als 100 m, wie es der Mietspiegel für einen Zuschlag verlangt. Ob die Bewertung des Umfelds als offene Bebauung und die Einschätzung, es seien überwiegend Vorgärten vorhanden, zutrifft, kann dahinstehen, weil auch ein Abzug von einem Punkt die Neutralität der Wohnlage zur Folge hätte.

Einen Mietspannenabschlag mit Blick auf die Wohnlage, konkret weil sich die Wohnung in L befindet, hält das Gericht nicht für geboten. Das Gericht verschließt sich nicht der Tatsache, dass bestimmte Stadtteile – wie etwa L, Y oder W – einen schlechteren Rufen genießen als andere – etwa Q oder U. Dieser Umstand war jedoch auch den Erstellern des qualifizierten Mietspiegels bekannt. Gleichwohl – und obwohl der Mietspiegel für bestimmte Regionen einen Zuschlag vorsieht – wurde davon abgesehen, einen pauschalen Abschlag für geboten zu halten. Die Beklagten haben auch keine konkreten Tatsachen vorgetragen, welche einen Abschlag rechtfertigen würden. Sie weisen zwar darauf hin, dass im Jahre 2016 von den 15 bis 64 Jahre alten Bewohnern des Stadtteils 22,96 % von Hartz-IV-Bezügen lebten. Inwieweit dies Rückschlüsse auf die Verhältnisse im Jahre 2021 zulässt, ist indes unklar. Letztlich kommt es hierauf auch schon deshalb nicht an, weil zum einen die Vergleichszahlen der übrigen Regionen nicht mitgeteilt worden sind und andererseits sich ein Zusammenhang zwischen der Arbeitslosenquote des Stadtteils im Allgemeinen und der Wohnlage im Nordwesten des Stadtteils im Speziellen nicht derart aufdrängt, dass er einen Abschlag erforderlich erscheinen ließe.

In der Gesamtbetrachtung rechtfertigen die Umstände also auf den Basispreis von 6,39 EUR einen Aufschlag von 28 %. Dies ergibt unter Berücksichtigung der Wohnfläche von 129 m² eine monatliche Miete von 1.055,12 EUR. Über die Höhe des auf die Garage entfallenden Kostenanteils hatte das Gericht nicht zu entscheiden, weil sich der Antrag darauf nicht erstreckte (vgl. § 308 Abs. 1 ZPO). Für die Entscheidung über den Antrag, also die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete, kommt es auf den Kostenanteil der Garage nicht an.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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