Das Landgericht Berlin hat in seinem Urteil vom 09. Mai 2023, Az.: 65 S 22/23, entschieden, dass der Beklagte der Klägerin überzahlte Miete für den Monat April 2020 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten zurückzahlen muss. Das Gericht stellte fest, dass die vereinbarte Miete die nach den gesetzlichen Vorschriften zulässige Höchstmiete überschritt, basierend auf der Mietenbegrenzungsverordnung Berlin. Die Entscheidung folgt der etablierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Mietpreisbegrenzungen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten und betont die Wichtigkeit der Einhaltung dieser Regelungen zum Schutz der Mieter.
Übersicht
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das Landgericht Berlin hat eine überzahlte Miete und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten zugunsten der Klägerin entschieden.
- Die Entscheidung basiert auf der Überschreitung der zulässigen Höchstmiete gemäß der Mietenbegrenzungsverordnung Berlin.
- Das Gericht folgt der Rechtsprechung des BGH zu Mietpreisbegrenzungen in angespannten Wohnungsmärkten.
- Die Regelungen zur Miethöhe bei Mietbeginn in angespannten Wohnungsmärkten sind anwendbar.
- Die ursprünglich vereinbarte Miete überschritt die zulässige Höchstmiete um 493,82 €.
- Die Klägerin hat auch Anspruch auf Ausgleich der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.
- Der Beklagte konnte die Überschreitung der Höchstmiete nicht rechtfertigen.
- Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der gesetzlichen Vorschriften zur Mietpreisbegrenzung und den Schutz der Mieter.
Rückforderung überzahlter Miete: Rechte von Mietern im Fokus
Mieten sind ein erheblicher Kostenfaktor für viele Haushalte. Umso wichtiger ist es, dass Mieter ihre Rechte kennen, wenn es zu Überzahlungen kommt. Denn wird zu viel Miete gezahlt, kann diese unter bestimmten Voraussetzungen vom Vermieter zurückgefordert werden.
Neben rechtlichen Vorschriften werfen auch Sachverhalte wie Mietminderung oder doppelte Zahlungen Fragen zur Rückforderung auf. Besonders interessant ist die Klärung solcher Fragen vor dem Hintergrund konkreter Gerichtsurteile. Im Folgenden beleuchten wir das Thema „Mietrückzahlungsanspruch bei überzahlter Miete“ anhand eines aktuellen Urteils näher und zeigen auf, wie Mieter erfolgreich ihre Ansprüche geltend machen können.
Im Zentrum eines juristischen Streits stand die Rückforderung überzahlter Miete, die das Landgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 65 S 22/23 am 9. Mai 2023 zu entscheiden hatte. Dieser Fall betraf eine Mieterin, die gegen ihren Vermieter klagte, nachdem sie feststellte, dass die für ihre Wohnung im April 2020 gezahlte Miete die zulässige Höchstmiete überschritt. Grundlage der Klage war die Mietenbegrenzungsverordnung Berlin, die in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten Anwendung findet und die Höhe der Miete bei Mietbeginn regelt.
Streitpunkt überzahlte Miete: Ein juristisches Tauziehen beginnt
Der Streit entzündete sich, als die Klägerin realisierte, dass ihr Vermieter eine Miete verlangte, die über dem gesetzlich festgelegten Maximum lag. Die besagte Wohnung fiel unter die Mietenbegrenzungsverordnung Berlin vom 28. April 2015, da das Mietverhältnis am 19. Juni 2019 begann. Dies bedeutete, dass die Regelungen zur Miethöhe bei Mietbeginn in angespannten Wohnungsmärkten direkt Anwendung fanden. Die Klägerin argumentierte, dass die gezahlte Miete die nach § 556d Abs. 1 BGB höchstzulässige Miete um 493,82 € überstieg. Sie stützte sich dabei auf eine Berechnung, die die ortsübliche Vergleichsmiete für ihre Wohnung berücksichtigte, und machte diesen Betrag gerichtlich geltend.
Die juristischen Feinheiten des Mietrechts
Das Landgericht Berlin folgte in seinem Urteil der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Mietpreisbegrenzungen. Es bestätigte die Anwendbarkeit der Mietenbegrenzungsverordnung Berlin und wies darauf hin, dass die Vereinbarung und das Verlangen einer die höchstzulässige Miete überschreitenden Mietzahlung nicht nur einen Verstoß gegen das Bürgerliche Gesetzbuch darstellten, sondern auch eine Pflichtverletzung innerhalb des Mietverhältnisses. Darüber hinaus wurde betont, dass der Vermieter verpflichtet ist, auf Verlangen des Mieters Auskunft über die für die Zulässigkeit der Miete maßgeblichen Tatsachen zu erteilen, sofern diese nicht allgemein zugänglich sind.
Rechtsverfolgungskosten als Teil der Auseinandersetzung
Ein bedeutender Aspekt des Urteils war die Entscheidung des Gerichts, den Vermieter zusätzlich zur Rückzahlung der überzahlten Miete zur Übernahme der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.524,15 € zu verurteilen. Diese Entscheidung unterstreicht, dass neben der eigentlichen Rückforderung überzahlter Mieten auch die Erstattung der Kosten für die Rechtsverfolgung eine wichtige Rolle spielen kann. Das Gericht begründete dies mit der Feststellung, dass die Forderung einer unrechtmäßig hohen Miete eine Verletzung der Pflichten aus dem Mietverhältnis darstellt.
Ein Urteil mit Signalwirkung für Mieter und Vermieter
Das Urteil des Landgerichts Berlin setzt ein wichtiges Signal im Bereich des Mietrechts, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung der Mietenbegrenzungsverordnung. Es betont die Verantwortung der Vermieter, sich über die geltenden Mietpreisbegrenzungen zu informieren und diese einzuhalten. Für Mieter bietet das Urteil eine Bestätigung, dass sie nicht schutzlos sind, wenn sie mit Forderungen konfrontiert werden, die über die gesetzlichen Grenzen hinausgehen.
Kurz gefasst, das Landgericht Berlin bestätigte mit seinem Urteil den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung überzahlter Miete und die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten. Dieses Urteil verdeutlicht die Wichtigkeit der gesetzlichen Regelungen zur Mietpreisbegrenzung und die Möglichkeiten, die Mietern zur Verfügung stehen, um gegen unrechtmäßige Mietforderungen vorzugehen.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Wie wird ein Mietrückzahlungsanspruch bei überzahlter Miete rechtlich begründet?
Ein Mietrückzahlungsanspruch bei überzahlter Miete kann in verschiedenen Situationen entstehen, beispielsweise wenn die tatsächliche Wohnfläche kleiner ist als im Mietvertrag angegeben oder wenn eine Miete über der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt wurde. In Berlin, wie auch im restlichen Bundesgebiet, sind solche Ansprüche im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtliche Grundlage für die Rückforderung zu viel gezahlter Miete bildet in der Regel § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, der die ungerechtfertigte Bereicherung regelt. Wenn ein Mieter mehr Miete gezahlt hat, als er aufgrund des Mietvertrags oder gesetzlicher Vorschriften schuldet, kann er die Differenz zurückverlangen.
Verjährung von Rückforderungsansprüchen
Die Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche beträgt gemäß § 195 BGB grundsätzlich drei Jahre. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Besonderheiten in Berlin
In Berlin ist insbesondere die Mietpreisbremse zu beachten, die Mietobergrenzen bei Wiedervermietungen festlegt. Wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 % übersteigt, kann der Mieter eine Rückforderung der überhöhten Miete verlangen. Dafür muss er jedoch zunächst eine Rüge gegenüber dem Vermieter aussprechen.
Urteile und Entscheidungen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Rückforderungsansprüche für Zeiträume vor einer Gesetzesänderung im Jahr 2002 nach der damals geltenden längeren Verjährungsfrist von vier Jahren verjährt sind, auch wenn der Mieter erst später von der Flächenabweichung erfahren hat. Für Ansprüche, die nach dem 1. Januar 2002 entstanden sind, gilt die dreijährige Verjährungsfrist.
Vorgehensweise bei Rückforderung
Um einen Mietrückzahlungsanspruch geltend zu machen, sollte der Mieter:
- Die Überzahlung und deren Ursache feststellen.
- Den Vermieter schriftlich unter Angabe der Gründe zur Rückzahlung auffordern.
- Gegebenenfalls die Miete unter Vorbehalt zahlen, um seine Rechte zu wahren.
Ein Mietrückzahlungsanspruch bei überzahlter Miete in Berlin wird rechtlich durch das BGB begründet und ist an bestimmte Fristen und Voraussetzungen gebunden. Mieter sollten bei Verdacht auf Überzahlung zeitnah handeln und sich gegebenenfalls rechtlich beraten lassen, um ihre Ansprüche durchzusetzen.
Welche Rolle spielt die Mietenbegrenzungsverordnung Berlin bei der Bestimmung der zulässigen Höchstmiete?
### Die Mietenbegrenzungsverordnung Berlin und die zulässige Höchstmiete
Die Mietenbegrenzungsverordnung Berlin spielt eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der zulässigen Höchstmiete für Wohnungen in Berlin. Sie knüpft an die ortsübliche Vergleichsmiete an und legt fest, dass die Miete bei Mietbeginn die ortsübliche Vergleichsmiete grundsätzlich nur um höchstens 10 Prozent überschreiten darf.
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird in der Regel durch den Mietspiegel abgebildet, der verschiedene Wohnlagen (einfach, mittel und gut) berücksichtigt, aber innerhalb Berlins nicht weiter territorial abgegrenzt wird. Die Mietenbegrenzungsverordnung ist Teil der gesetzlichen Regelungen zur Mietpreisbremse, die darauf abzielen, den Anstieg der Mieten auf angespannten Wohnungsmärkten zu dämpfen.
Die Verordnung wurde aufgrund einer Ermächtigungsgrundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) erlassen, die den Bundesländern die Möglichkeit gibt, in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten eine Mietpreisbegrenzung einzuführen. In Berlin wurde die Mietenbegrenzungsverordnung am 1. Juni 2015 in Kraft gesetzt und trat nach fünf Jahren mit Ablauf des 31. Mai 2020 außer Kraft.
Die Wirksamkeit der Mietenbegrenzungsverordnung wurde in der Rechtsprechung bestätigt, wobei das Landgericht Berlin entschieden hat, dass die Verordnung formell und materiell rechtmäßig ist und Berlin als einheitlicher Wohnungsmarkt betrachtet werden kann, der nicht in geographische Teilmärkte zerlegt werden muss.
Für Mieter bedeutet dies, dass sie bei einer Miete, die über der durch die Mietenbegrenzungsverordnung festgelegten Grenze liegt, einen Rückforderungsanspruch geltend machen können, sofern sie zuvor eine Rüge gegenüber dem Vermieter ausgesprochen haben.
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Mieter erfolgreich eine Rückzahlung überzahlter Miete fordern?
### Voraussetzungen für die Rückforderung überzahlter Miete
Ein Mieter kann eine Rückzahlung überzahlter Miete unter bestimmten Voraussetzungen fordern. Die rechtliche Grundlage dafür bildet § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, der die ungerechtfertigte Bereicherung regelt. Wenn ein Mieter mehr Miete gezahlt hat, als er aufgrund des Mietvertrags oder gesetzlicher Vorschriften schuldet, kann er die Differenz zurückverlangen.
### Wichtige Aspekte bei der Rückforderung
- Mietmangel: Wenn ein Mietmangel vorliegt und der Mieter trotzdem vorbehaltlos die volle Miete zahlt, kann er überzahlte Miete grundsätzlich nicht zurückfordern. Es gibt jedoch Ausnahmen, wenn beispielsweise eine Klausel im Mietvertrag die Minderung von der Anerkennung durch den Vermieter abhängig macht.
- Verjährung: Die Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche beträgt gemäß § 195 BGB grundsätzlich drei Jahre. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
- Flächenabweichung: Bei einer Flächenabweichung kann der Mieter die zu viel gezahlte Miete zurückfordern, wenn die tatsächliche Wohnfläche kleiner ist als im Mietvertrag angegeben. Die Verjährungsfrist für solche Ansprüche kann bis zu zehn Jahre betragen, abhängig vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung.
- Vorbehaltserklärung: Wenn der Mieter bei der Zahlung einen Rückforderungsvorbehalt erklärt, kann er überzahlte Miete zurückfordern. Fehlt ein solcher Vorbehalt, kann dies die Rückforderung erschweren.
- Betriebskostenvorauszahlungen: Ein Mieter kann nach Ende des Mietverhältnisses die Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen nur verlangen, soweit er zuvor keine Möglichkeit hatte, seinen Abrechnungsanspruch durch Zurückbehaltung der laufenden Vorauszahlungen durchzusetzen.
Ein Mieter kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückzahlung überzahlter Miete fordern. Wichtig sind dabei die Beachtung der Verjährungsfristen und gegebenenfalls die Erklärung eines Vorbehalts bei der Mietzahlung. Bei Flächenabweichungen können Rückforderungsansprüche auch für längere Zeiträume bestehen. Es empfiehlt sich, bei Verdacht auf Überzahlung zeitnah zu handeln und gegebenenfalls rechtliche Beratung einzuholen.
§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil
- §§ 556g Abs. 1, 2 BGB: Regeln den Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete. Im Urteil wird der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete für April 2020 begründet.
- § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt die Herausgabeansprüche bei ungerechtfertigter Bereicherung. Er dient als Grundlage für den Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete.
- Mietenbegrenzungsverordnung Berlin: Spezifiziert die zulässigen Höchstmieten in Berlin. Im Kontext des Urteils relevant für die Bestimmung der überzahlten Miete.
- § 556d Abs. 1 BGB: Stellt die gesetzliche Grundlage für die Begrenzung der Miethöhe in angespannten Wohnungsmärkten dar. Im Urteil wichtig für die Feststellung, dass die vereinbarte Miete die zulässige Höchstmiete überschritt.
- § 280 Abs. 1 BGB: Regelt Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung. Hier angewandt auf den Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.
- § 286 BGB: Befasst sich mit dem Verzugsschaden. Im Urteil relevant für den Zinsanspruch der Klägerin auf die rückständige Miete und die Rechtsverfolgungskosten.
Das vorliegende Urteil
LG Berlin – Az.: 65 S 22/23 – Urteil vom 09.05.2023
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Neukölln vom 21. November 2022 – 9 C 73/22 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 493,82 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 25. März 2022 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.524,15 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 25. März 2022 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 61% und der Beklagte zu 39%; die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin zu einem Drittel und der Beklagte zu zwei Dritteln.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313 a Abs. 1, 544 Abs. 2 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist teilweise begründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete für den Monat April 2020 in Höhe von 493,82 € aus §§ 556g Abs. 1, 2, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 556d Abs. 1, 398 BGB i.V.m. der Mietenbegrenzungsverordnung Berlin vom 28. April 2015 (MietBegrV Berlin 2015).
Das Mietverhältnis ist am 19. Juni 2019 zustande gekommen; damit ist in zeitlicher Hinsicht die MietBegrV Berlin 2015 anzuwenden sowie gemäß Art. 229 § 49 Abs. 2 EGBGB § 556g BGB in der ab 1. Januar 2019 geltenden Fassung.
a) Die Regelungen zu Vereinbarungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten sind anwendbar; das Land Berlin hat § 556d Abs. 2 BGB entsprechend eine wirksame Gebietsverordnung erlassen, die den vom BGH aus der Begründungspflicht nach § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB entwickelten (weiteren) Anforderungen genügt (vgl. BGH v. 17. Juli 2019 – VIII ZR 130/18, juris).
Die Kammer folgt der gefestigten Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris Rn. 80ff., v. 18.05.2022 – VIII ZR 28/22; VIII ZR 9/22; VIII ZR 380/21; VIII ZR 381/21; VIII ZR 382/21; VIII ZR 383/21; VIII ZR 423/20, jeweils juris), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
Soweit das Amtsgericht ausdrücklich von den vom BGH aus der gesetzlichen Begründungs- (nicht Veröffentlichungs-)pflicht abgeleiteten Maßstäben abweicht und meint, der BGH „verkenne“ den maßgeblichen Zeitpunkt für die – vom Amtsgericht offenbar für allein relevant gehaltene – Auffindbarkeit der Verordnung im Internet, teilt die Kammer die nicht näher begründete Auffassung des Amtsgerichts nicht, vermag im Übrigen auch nicht zu erkennen, welche Sachkunde des Abteilungsrichters der durch nichts unterlegten, nachweislich unzutreffenden Behauptung zugrunde liegt, die (Begründung der) Verordnung sei erst nach dem Austausch des Servers am 1. Juni 2017 durch gängige Suchmaschinen auffindbar gewesen. Ebenso im Dunkeln bleibt, auf welche rechtliche Grundlage der Abteilungsrichter seine – vom BGH abweichende – Auffassung stützt, die Verordnungsbegründung sei nicht den aus der Begründungspflicht abgeleiteten Anforderungen gemäß in zumutbarer Weise an allgemein zugänglicher Stelle amtlich bekannt gemacht worden. Die subjektiven Fähigkeiten und Meinungen einer Einzelperson sind insoweit nicht maßgebend.
Abgesehen davon übersieht der Abteilungsrichter, dass das in Art. 64 der Berliner Verfassung geregelte – von ihm nicht in den Blick genommene – Verordnungsgebungsverfahren auf der Grundlage einer bundesgesetzlichen Ermächtigung seine durch nichts unterlegten Unterstellungen und Verdachtsäußerungen ausschließt. Die Kammer nimmt insoweit ergänzend Bezug auf die Feststellungen der ZK 64 des Landgerichts Berlin (Beschl. v. 12. Januar 2023 – 64 S 230/22, juris), denen die Kammer unter weiterer Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGH v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris Rn. 80ff.) und die Rechtsprechung der Kammer (vgl. nur Kammer, Urt. v. 31.10.2019 – 65 S 142/19, juris) nach eigener rechtlicher Prüfung folgt.
b) Die nach § 556g Abs. 2 BGB in der ab dem 1. Januar 2019 geltenden Fassung erforderliche Rüge des Verstoßes gegen die §§ 556d ff BGB liegt mit dem Schreiben der Klägerin vom 3. März 2020 unstreitig vor.
c) Die im Mietvertrag ausgewiesene Miete übersteigt die nach §§ 556d Abs. 1 BGB höchst zulässige Miete um 493,82 €.
Die ortsübliche Vergleichsmiete für die in das Tabellenfeld G1 des Berliner Mietspiegels 2019 einzuordnende Wohnung der Baualtersklasse bis 1918 mit einer Größe von 73 qm beträgt 7,80 €/qm (x 73 qm = 569,40 €), die nach § 556d Abs. 1 BGB höchst zulässige Miete 626,28 €.
Einwände gegen die von der Klägerin vorgenommene Spanneneinordnung nach der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel 2019 hat der Beklagte nicht erhoben.
Ein – im Mietvertrag nicht ausgewiesener – Möblierungszuschlag ist nicht zu addieren. Die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe und Berechtigung eines Zuschlags für eine konkret zu bezeichnende Möblierung trägt der Beklagte. Er hat diesbezüglich nichts vorgetragen, auch nicht, nachdem die Klägerin unter Bezugnahme auf den Mietvertrag auf die fehlende Ausweisung eines entsprechenden Zuschlags hingewiesen hat.
d) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 291 BGB.
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht auch einen Anspruch auf Ausgleich außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.524,15 € (nebst Zinsen) gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1, § 398 BGB, § 4 Abs. 5 RDGEG.
a) Mit der Vereinbarung und dem Verlangen einer Miete, die gegen § 556d Abs. 1 BGB verstößt und in Höhe der Überschreitung der höchst zulässigen Miete kraft Gesetzes unwirksam ist, liegt (auch) ein Verstoß gegen Pflichten aus dem Mietverhältnis vor, §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB vor. Ebenso verhält es sich mit dem Verstoß gegen die Pflicht aus § 556g Abs. 3 BGB.
Diese Pflichtverletzung hat die Beklagte auch zu vertreten. Zu ihrer Entlastung hat sie nichts vorgetragen (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Der Gegenstandswert der außergerichtlichen Tätigkeit der Klägerin berechnet sich nach dem 47-fachen Wert des Überschreitungsbetrages. Im Zeitpunkt des außergerichtlichen Schreibens vom 3. März 2020 bestand der Auskunftsanspruch unabhängig davon, ob der Beklagte sich auf Ausnahmetatbestände berufen hat bzw. sich wegen eines Verstoßes gegen § 556g Abs. 1a BGB für einen Zeitraum von zwei Jahren nicht auf einen Ausnahmetatbestand hätte berufen können.
Nach § 556g Abs. 3 BGB ist der Vermieter auf Verlangen des Mieters verpflichtet, Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete nach den Vorschriften dieses Unterkapitels maßgeblich sind, soweit diese Tatsachen nicht allgemein zugänglich sind und der Vermieter hierüber unschwer Auskunft geben kann. Für die Auskunft über Modernisierungsmaßnahmen (§ 556e Absatz 2) gilt § 559b Absatz 1 Satz 2 und 3 entsprechend.
Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes ist der Auskunftsanspruch nicht davon abhängig, ob der Vermieter sich auf einen Ausnahmetatbestand beruft.
Im Zeitpunkt der Rüge war das Mietverhältnis weder beendet noch stand seine Beendigung fest, wobei dahinstehen kann, ob die Befristung bis zum 30. September 2022 den Wirksamkeitsanforderungen des § 575 Abs. 1 BGB genügt angesichts des Umstandes, dass der Beklagte sich auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränkt (vgl. Blank/Börstinghaus/Siegmund/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 575 Rn. 19ff., m.w.N.).
Der Zwei-Jahres-Zeitraum nach § 556g Abs. 1a Satz 3 BGB wäre vor dem vom Beklagten vorgesehenen Ende der Befristung abgelaufen gewesen; dass im Zeitpunkt der Rüge bzw. der im Rügeschreiben gesetzten Frist bereits anderweitig eine Beendigung des Mietverhältnisses im Raum stand, etwa nach § 2.2 des Mietvertrages trägt auch der Beklagte nicht vor.
b) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 291 BGB.
3. Die Erledigung des mit der Klage im Klageantrag zu 1) geltend gemachten Auskunftsanspruchs ist nicht festzustellen.
Die Klage war im Zeitpunkt der Klageerhebung mit Klageschrift vom 24. Februar 2022 unbegründet.
Zwar ist der Auskunftsanspruch nach dem Wortlaut des Gesetzes – wie ausgeführt – nicht davon abhängig, ob der Vermieter sich auf einen Ausnahmetatbestand beruft. Erteilt er die Auskünfte nicht, auf die der Mieter nach dem Gesetz einen Anspruch hat, so fehlt einer Auskunftsklage des Mieters deshalb in der Regel nicht das Rechtsschutzbedürfnis mit der Folge, dass diese unzulässig wäre (st. Rspr., vgl. BGH, v. 23.03.2022 – VIII ZR 133/20, juris Rn. 17, m.w.N.).
Ausnahmsweise können jedoch besondere Umstände das Verlangen eines Klägers, in die materiell-rechtliche Prüfung seines Anspruchs einzutreten, als nicht schutzwürdig erscheinen lassen.
Solche Umstände liegen hier vor. Unstreitig war das Mietverhältnis im Zeitpunkt der Klageeinreichung längst – seit dem 30. November 2020 – beendet. Die Klägerin konnte zur abschließenden Klärung der (Rück-)Zahlungsansprüche abschließend Zahlungsklage erheben und im Rahmen dieser die Frage klären, ob die Beklagte sich auf Ausnahmetatbestände – auch wegen § 556g Abs. 1a BGB – berufen kann (vgl. § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB) bzw. ob Ausnahmetatbestände überhaupt bestehen. Der gesonderten Erhebung der Klage auf Auskunft, die die Durchsetzung etwaiger Zahlungsansprüche ohnehin nur vorbereitet, bedurfte es nicht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
5. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Der BGH hat die hier relevanten Rechtsfragen bereits mehrfach und umfassend beantwortet.