Beschlussanfechtungsklage: Wer trägt die Kosten für bauliche Veränderungen?
Im deutschen Wohnungseigentumsrecht, geregelt durch das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), stehen bauliche Veränderungen häufig im Mittelpunkt rechtlicher Auseinandersetzungen. Ein zentrales Thema dabei ist die Frage, wer die Kosten für solche Veränderungen tragen muss. Insbesondere wenn solche baulichen Maßnahmen auf Antrag einzelner Wohnungseigentümer beschlossen werden, entstehen Unsicherheiten bezüglich der Kostentragungspflicht. Hierbei spielen Begriffe wie Amortisation, Mehrkosten und die Grundsätze ordnungsgemäßer Beschlussfassung eine entscheidende Rolle. In der Eigentümergemeinschaft entstehen oft Spannungen, wenn es darum geht, ob alle Mitglieder der Gemeinschaft oder nur die antragstellenden Wohnungseigentümer die Kosten tragen sollten. Die Beschlussanfechtungsklage ist ein häufig genutztes Mittel, um solche Entscheidungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Das Mietrecht, obwohl ein eigenständiges Rechtsgebiet, berührt in manchen Aspekten das WEG, insbesondere wenn es um Fragen der Nutzung und Veränderung von Wohnraum geht.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Das Gericht entschied, dass ein Beschluss über bauliche Veränderungen, der vorsieht, dass alle Wohnungseigentümer die Kosten tragen, nur dann gültig ist, wenn die erforderliche Mehrheit gegeben ist oder die Investitionen sich in angemessener Zeit amortisieren.
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Bauliche Veränderungen wurden auf Antrag einzelner Wohnungseigentümer beschlossen, wobei alle Wohnungseigentümer die Kosten tragen sollten.
- Es gab Unstimmigkeiten bezüglich der Kostenverteilung, die zu rechtlichen Auseinandersetzungen führten.
- Die rechtliche Herausforderung lag in der Interpretation des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG).
- Laut § 21 des WEG muss der Wohnungseigentümer, der eine bauliche Veränderung verlangt, die Kosten dafür tragen.
- Ein Beschluss über bauliche Veränderungen kann nur dann die Rechtsfolge haben, dass alle Miteigentümer anteilig die Kosten tragen, wenn der Beschluss die vom Gesetz vorgesehene Mehrheit erhalten hat.
- Es gibt zwei Möglichkeiten, von der gesetzlichen Regelung abzuweichen: Entweder durch eine doppelt qualifizierte Mehrheit oder durch eine Amortisation der Investitionen innerhalb einer angemessenen Zeit.
- Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass eine Amortisation der Kosten vorliegt.
- Das Gericht betonte, dass eine lediglich abstrakte Wertsteigerung nicht ausreicht, um die Kosten für bauliche Veränderungen zu rechtfertigen.
Übersicht
Interpretation des WEG und Kostenverteilung
In einer Eigentümergemeinschaft in Kassel kam es zu rechtlichen Auseinandersetzungen bezüglich baulicher Veränderungen und der Frage, wer die Kosten dafür tragen sollte. Im Kern ging es um die Entscheidung, ob alle Wohnungseigentümer die Kosten für bauliche Veränderungen tragen müssen, auch wenn diese Veränderungen nur auf Antrag einzelner Eigentümer beschlossen wurden.
Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Interpretation des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Laut § 21 des WEG muss der Wohnungseigentümer, der eine bauliche Veränderung verlangt, auch die Kosten dafür tragen. In diesem speziellen Fall wurde jedoch beschlossen, dass alle Wohnungseigentümer die Kosten tragen sollten, obwohl die Veränderungen nur auf Antrag einzelner Eigentümer beschlossen wurden. Dies führte zu Unstimmigkeiten und rechtlichen Auseinandersetzungen.
Die Entscheidungen der Eigentümergemeinschaft
Die Parteien bildeten die Wohnungseigentümergemeinschaft A in B, eine sogenannte Zwei-Haus-Anlage. In einer früheren Versammlung wurde beschlossen,zwei Fahrstuhlanlagen in nahezu barrierefreier Ausführung zu errichten, wobei die Mehrkosten den jeweiligen antragstellenden Miteigentümern auferlegt werden sollten. In einer späteren Versammlung wurde jedoch beschlossen, dass die Gesamtkosten aus der Rücklage finanziert werden sollten und alle vorherigen Beschlüsse, die diesem widersprechen, als aufgehoben gelten.
Gerichtliche Klärung und Beschlussfassung
Das Gericht musste entscheiden, ob dieser Beschluss rechtmäßig war. Es wurde argumentiert, dass die Kosten für die baulichen Veränderungen entweder durch eine doppelt qualifizierte Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile oder durch eine Amortisation der Investitionen innerhalb einer angemessenen Zeit getragen werden sollten. In diesem Fall war jedoch keine der beiden Voraussetzungen erfüllt.
Das Gericht entschied, dass der Beschluss ungültig war, da er nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach. Es wurde festgestellt, dass die Kostenregelung des § 21 Abs. 2 WEG nur dann Anwendung findet, wenn die erforderliche Mehrheit gegeben ist. Andernfalls kann die Rechtsfolge nicht eintreten. Das Gericht betonte auch, dass eine lediglich abstrakte Wertsteigerung nicht ausreicht, um die Kosten für bauliche Veränderungen zu rechtfertigen.
Auswirkungen und Fazit des Urteils
Die Auswirkungen dieses Urteils könnten weitreichend sein, da es die Interpretation des WEG in Bezug auf bauliche Veränderungen und die Kostentragung klärt. Es stellt klar, dass Beschlüsse, die die Kosten für bauliche Veränderungen auf alle Miteigentümer umlegen, nur dann rechtmäßig sind, wenn sie die erforderliche Mehrheit erhalten.
Das Fazit des Urteils ist, dass in Fällen, in denen bauliche Veränderungen auf Antrag einzelner Eigentümer beschlossen werden, die Kosten nicht automatisch auf alle Eigentümer umgelegt werden können, es sei denn, die erforderliche Mehrheit ist gegeben oder es gibt eine Amortisation der Investitionen innerhalb einer angemessenen Zeit. Es betont die Bedeutung der Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung und der Notwendigkeit, die Rechte aller Eigentümer zu schützen.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Beschlussanfechtungsklage und Beschlussersetzungsklage
Die Beschlussanfechtungsklage und die Beschlussersetzungsklage sind rechtliche Begriffe, die sich auf die Möglichkeit beziehen, in Streitfällen vor Gericht gegen Beschlüsse einer Wohnungseigentümerversammlung vorzugehen. Die Beschlussanfechtungsklage gemäß § 46 Abs. 1 WEG zielt darauf ab, einen Beschluss der Wohnungseigentümer für ungültig erklären zu lassen. Beschlüsse können angefochten werden, wenn sie formelle und/oder inhaltliche Mängel haben. Die Anfechtungsklage kann durch einen einzelnen Wohnungseigentümer, mehrere Wohnungseigentümer gemeinsam oder auch durch den Verwalter erhoben werden. Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden.
Die Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 WEG hingegen zielt darauf ab, einen bestimmten Beschluss gerichtlich feststellen zu lassen, wenn eine notwendige Beschlussfassung unterblieben ist. Die Beschlussersetzungsklage unterliegt keiner Klagefrist, setzt jedoch voraus, dass sich die Wohnungseigentümer mit dem bestimmten Beschlussantrag in der Eigentümerversammlung auseinandergesetzt haben.
In dem vorliegendem Urteil hat der Kläger sowohl eine Beschlussanfechtungsklage als auch eine Beschlussersetzungsklage eingereicht, um gegen die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vorzugehen. Die Beschlussanfechtungsklage soll den angefochtenen Beschluss für ungültig erklären lassen, während die Beschlussersetzungsklage darauf abzielt, einen bestimmten Beschluss gerichtlich feststellen zu lassen.
Kostentragungspflicht nach § 21 WEG
Gemäß § 21 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) sind die Kosten einer baulichen Veränderung grundsätzlich von dem Wohnungseigentümer zu tragen, der die Veränderung beantragt hat oder dem sie gestattet wurde. Dies liegt daran, dass nur dieser Eigentümer die Nutzung der Veränderung erhält, und daher die Kostenlast zu 100% übertragen wird.
Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel, die in § 21 Abs. 2 WEG geregelt sind. Eine Ausnahme ist die sogenannte doppelt qualifizierte Mehrheit. Wenn eine bauliche Veränderung von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen, die die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, befürwortet wird, sind alle Wohnungseigentümer gemeinschaftlich zur Kostentragung verpflichtet. Die Idee dahinter ist, dass eine von einem großen Teil der Wohnungseigentümer befürwortete bauliche Veränderung in der Regel sinnvoll und angemessen ist. Es gibt jedoch eine Rückausnahme: Wenn die bauliche Veränderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, scheidet eine Kostentragung der Gemeinschaft aus.
Die zweite Ausnahme betrifft die Amortisation. Unabhängig von der erreichten Mehrheit sind die Kosten der baulichen Veränderung auch dann zu tragen, wenn sie sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren. Vor Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) wurde in diesem Zusammenhang häufig ein 10-Jahres-Zeitraum als angemessen betrachtet. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Ausnahmen nur unter bestimmten Bedingungen gelten und dass die genauen Umstände des Einzelfalls immer berücksichtigt werden müssen.
§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:
- Wohnungseigentumsrecht (WEG-Recht): Gemäß dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt dieser Rechtsbereich die Beziehungen und Verpflichtungen zwischen den Wohnungseigentümern einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Urteil befasst sich mit Fragen im Zusammenhang mit baulichen Veränderungen und den Kosten, die sich daraus ergeben.
- Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung: Das Urteil bezieht sich auf die Anforderungen an die Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung gemäß § 21 WEG. Insbesondere behandelt es die erforderlichen Mehrheiten und Bedingungen für die Umlage von Kosten auf alle Wohnungseigentümer.
- Kostentragung bei baulichen Veränderungen: Das Urteil beleuchtet die Regelungen zur Kostentragung für bauliche Veränderungen, die aufgrund des Verlangens eines Wohnungseigentümers durchgeführtwerden. Es erläutert die Bedingungen und Voraussetzungen für die Umlage der Kosten auf alle Miteigentümer gemäß § 21 Abs. 2 WEG.
- Amortisation von Investitionen: Das Urteil behandelt auch die Anforderungen an die Amortisation von Investitionen im Zusammenhang mit baulichen Veränderungen. Es verdeutlicht, dass eine Amortisation innerhalb einer angemessenen Zeit erfolgen muss und nicht auf abstrakte Wertsteigerung beschränkt sein darf.
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Das vorliegende Urteil
AG Kassel – Az.: 800 C 3797/21 – Urteil vom 07.04.2022
Orientierungssatz
Wird eine bauliche Veränderung auf Antrag einzelner Wohnungseigentümer beschlossen und zugleich allen Wohnungseigentümern die dafür erforderlichen Kosten auferlegt, ohne dass sich die Kosten in angemessener Zeit amortisieren und ohne dass die in § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG erforderliche doppelt qualifizierte Mehrheit zustande gekommen ist, so ist der Beschluss nicht zustande gekommen bzw. anfechtbar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Maßnahme bereits mit einem früheren Beschluss beschlossen worden ist und der Folgebeschluss vor allem dazu dienen soll, entgegen des früheren Beschlusses die Kosten nicht nur den antragstellenden Eigentümern aufzuerlegen, sondern allen Eigentümern.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Wege der Beschlussanfechtungsklage die Ungültigerklärung dreier Beschlüsse einer Wohnungseigentümerversammlung sowie im Wege der Beschlussersetzungsklage die Feststellung, dass ein bestimmter Beschluss getroffen worden ist.
Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft A in B. Hierbei handelt es sich um eine so genannte Zwei-Haus-Anlage. In beiden Gebäuden befindet sich je eine Fahrstuhlanlage. Der Gemeinschaft liegt die Teilungserklärung vom 30.08.1979 (UR Nr. 894 für 1979 des Notars Dr. Hackenberg in Eschborn) zugrunde, die in § 12 Nr. 1 der Gemeinschaftsordnung (Anl. I11 zur Teilungserklärung) eine Regelung zu Kostenverteilung enthält sowie in § 15 Nr. 5 daselbst die Abstimmung nach Miteigentumsanteilen (im Folgenden: MEA) vorsieht, sofern nicht Wahl oder Abberufung des Verwalters betroffen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten der Gemeinschaftsordnung wird auf Bl. 52 ff. d.A. Bezug genommen). Einige der Eigentümer sind auf barrierefreie Fahrstühle angewiesen. In der Eigentümerversammlung vom 21.10.2019 berieten die Eigentümer über Arbeiten an den bis dahin nicht barrierefreien Fahrstuhlanlagen. Die dort unter den TOP 3.1 bis 3.3. gefassten Beschlüsse sind Gegenstand des Verfahrens 800 C 4204/19. Die dort gefassten Beschlüsse zu TOP 3.2 und 3.3 sehen die Neuerrichtung der beiden Fahrstuhlanlagen in nahezu barrierefreier Ausführungsvariante vor mit der Maßgabe, dass die durch diese Variante entstehenden Mehrkosten den-jeweils antragstellenden Miteigentümern auferlegt werden (wegen der Einzelheiten wird auf BI. I/4 ff. d. Beigezogenen Akte 800 C 4204/19 Bezug genommen). In der Versammlung vom 08.11.2021 beschäftigten sich die Eigentümer erneut mit der Neuerrichtung der beiden Fahrstuhlanlagen. Im Rahmen des TOP 11.1 beschlossen sie erneut die Herstellung nahezu barrierefreier Aufzüge, jedoch mit der Maßgabe, dass die Gesamtkosten aus der Rücklage zu finanzieren seien und bestehende Beschlüsse als aufgehoben gelten, soweit sie diesen Beschluss widersprechen. Ausweislich des Protokolls (wegen der weiteren Einzelheiten des Protokolls auch zu den nachfolgenden TOP wird auf BI. 4 ff. d. A. Bezug genommen) stimmten 9 Köpfe mit 443,04/1000 MEA dafür, 3 Köpfe mit 147,50/1000 MEA dagegen und 3 weitere Köpfe mit 146,36/1000 MEA enthielten sich. Zur Beschlussverkündung vermerkt das Protokoll, der Beschluss sei nicht zu Stande gekommen. Unter den TOP 11.3, 11.4 beschloss die Eigentümerversammlung mehrheitlich bzw. mit allen anwesenden Stimmen weitere Ergänzungsmaßnahmen. Unter den TOP 11.5 und 11.6 standen andere Ergänzungsmaßnahmen zur Debatte, die entweder mehrheitlich oder mit allen anwesenden Stimmen abgelehnt wurden. Schließlich beschlossen sie die Finanzierung und Auftragsvergabe der bereits beschlossenen Maßnahmen unter TOP 11.8; wegen des Beschlusstextes wird auf BI. 15 d. A. Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage.
Der Kläger ist der Ansicht, die im Protokoll vermerkten Mehrheitsverhältnisse stellten eine Annahme des Beschlusses zum TOP 11.1 dar. Darüber hinaus amortisierten sich die Mehrkosten von jeweils ca. 15.000 € für die Herstellung der beiden Fahrstühle in nahezu barrierefreier Ausführung innerhalb eines angemessenen Zeitraums. Bei den anderen angegriffenen Beschlüssen ergebe sich die Ungültigkeit daraus, soweit sie dem Beschluss zu TOP 11.1 widersprächen. Außerdem sei unklar, wie der Aufzug im Haus A ausgeführt werden soll; insbesondere der Klammerzusatz über eine „kleine“ und eine „große“ Aufzugskabine werde erst durch Hintergrundwissen verständlich. Die Beschlüsse ab TOP 11.3 litten auch an dem Mangel, dass sie keine Aussage zum „Ob“ der Maßnahme träfen, sondern nur dazu, „wie“ sie auszuführen sei. Die konkrete Beschlussfassung entspreche damit nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
1. den Negativbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.11.2021 unter TOP 11.1 betreffend die „Ausführung mit einer Vergrößerung beider Aufzugskabinen durch die WEG sowie die Finanzierung dazu (Antrag Frau F)“ wird für ungültig erklärt,
2. gleichzeitig festzustellen, dass auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.11.2021 unter TOP 11.1 beschlossen wurde, dass „die Eigentümerversammlung […] Die Herstellung nahezu barrierefreier Aufzüge in den Häusern A entsprechender Planung/Ausschreibung der Firma E und technische umsetzbare-Angebote/Preis Spiegel vom 05.10.2021 (Basispreis und Optionen „neue größere Kabine inkl. neuer Kabinenauskleidung, neue Schachtschiebetüren, Bedienungselemente nach EN 81-70 + Standanzeige je Haus“) mit Auftragsvergabe an die Firma C [beschließt].
Die Maßnahmenkosten betragen ca. 162.705 €.
Für die Bauleitung/Abnahme (Leistungsphasen 7,5-9 gemäß HOAI) wird die Firma E in Anlehnung an das Angebot 2018074 vom 27.04.2018 zu brutto ca. 15.000 € beauftragt.
Die Hausverwaltung wird ferner beauftragt und ermächtigt, die Gewährung von Fördermitteln der KfW für die Maßnahmen zu prüfen und diese zu beantragen. Entstehende Kosten wird nach Zeitaufwand berechnet.
Die Gesamtkosten in Höhe von ca. 177.705 € zuzüglich etwaiger Ausführungsoptionen gemäß TOP 11.2-11.7 werden durch eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert. Die Auftragsvergaben erfolgen durch die Verwaltung in Namen und für Rechnung der WEG.
Die Eigentümer sind sich einig, dass bestehende Beschlüsse als aufgehoben gelten, sofern sie diesen Beschluss widersprechen.“
3. die Beschlüsse zu den TOP 11.3, 11.4, 11.5 und 11.6 werden für ungültig erklärt.
4. der Beschluss zu TOP 11.8 wird insoweit für ungültig erklärt, als er demjenigen zu TOP 11.1 widerspricht. Hierbei handelt es sich in erster Linie um die angegebenen Kosten der Maßnahmen und die Beschränkung auf eine kleine, eine große Aufzugskabine.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, zum TOP 11.1 sei kein Beschluss zu Stande gekommen, weil aufgrund der Vorschriften des § 21 WEG entweder zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erforderlich gewesen seien, um die Kosten insgesamt der Eigentümergemeinschaft aufzuerlegen oder sich diese Kosten innerhalb angemessener Zeit hätten amortisieren müssen. Beide Voraussetzungen seien nicht gegeben, insbesondere fehle es an einer Amortisation, weil das jeweilige Sondereigentum durch die Errichtung nahezu barrierefreier Aufzüge keine Wertsteigerung erfahre. Daraus folge, dass die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen nicht für eine positive Beschlussfassung ausgereicht habe. Auch sei ein Widerspruch der Beschlüsse in den TOP 11.3 bis 11.6 zum Beschlusstext des TOP 11.1 nicht erkennbar. Darüber hinaus fehle es an einer Begründung der Klageanträge zu den Beschlüssen in TOP 11.3 bis 11.6 und 11.8. Insbesondere sei der Beschlusstext bei TOP 11.8 zu ungenau.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat die Verfahrensakten 800 C 4204/19 beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die fristgerecht erhobene und mit einer Begründung versehene Klage bleibt ohne Erfolg.
Die Anträge zu 3. und 4. sind dabei dahingehend auszulegen, dass die unter den genannten Tagesordnungspunkten getroffenen Beschlüsse gemeint sind, nicht die Tagesordnungspunkte selbst.
Der Negativ-Beschluss der Eigentümerversammlung vom 08.11.2021 zum TOP 11.1 ist nicht unwirksam, ein Anfechtungsgrund liegt nicht vor. Zwar sieht § 25 Abs. 1 WEG vor, dass auch betreffend baulicher Veränderungen (angesichts des Umfanges der Maßnahme und der Intensität des damit verbundenen Eingriffs, nicht zuletzt wegen der Kosten der Maßnahme handelt es sich um eine solche, s. auch Urteil vom heutigen Tag im Verfahren 800 C 4204/19) mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen Beschlüsse gefasst werden können, also, bestimmte qualifizierte Mehrheiten nicht mehr erreicht werden müssen. Dies würde dann dazu führen, dass hier bei einer Zustimmung durch 443,04/1000 MEA die erforderliche einfache Mehrheit vorhanden gewesen wäre, da sich insgesamt nur 736,90/1000 MEA an der Abstimmung beteiligt hatten. Allerdings genügt diese einfache Mehrheit dann nicht, wenn der Beschluss über die bauliche Veränderung zugleich mit einer vom gesetzlichen Modell des § 21 WEG abweichenden Regelungen zur Kostentragung verknüpft ist. Dies ist hier der Fall.
Nach § 21 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. WEG hat derjenige Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung zu tragen, die aufgrund seines Verlangens durchgeführt werden soll. Der streitgegenständliche Vorgang stellt einen solchen Fall dar. Denn die Erstellung der Fahrstuhlanlagen in den beiden Häusern in der Ausbauvariante, die das Erreichen eines nahezu barrierefreien Zustands zum Ziel hat, beruht auf der Antragstellung durch konkrete Miteigentümerinnen und Miteigentümer. Unstreitig verursacht diese Ausbauvariante auch höhere Kosten.
Aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 21.10.2019 (BI. I/4 ff. d. beigezogenen Akte 800 C 4204/19) ergibt sich, dass die Miteigentümerinnen und Miteigentümer F, G und H seinerzeit beantragt hatten, die beiden Aufzugsanlagen in einer nahezu barrierefreien Ausführungsvariante zu erstellen. Die hier streitgegenständliche Beschlussfassung bezieht sich erkennbar auf jene des Jahres 2019. Denn die seinerzeit getroffenen Beschlüsse sollen nunmehr abgelöst werden, was die Schlusspassage des Beschlussantrages unzweideutig zeigt, mit der die früheren Beschlüsse aufgehoben werden sollen, soweit sie widersprechen. Dies ist hier der Fall, weil der nunmehr streitgegenständliche Beschluss eine Kostentragung durch die Eigentümergemeinschaft insgesamt, also durch alle Eigentümer, vorsieht, während damals die Mehrkosten den antragstellenden Miteigentümerinnen und Miteigentümern aufgegeben wurden. Dies bedeutet aus heutiger Sicht, dass nunmehr nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 01.12.2020 die Kostenregelung des § 21 Abs. 1 S. 1 WEG Anwendung zu finden hat.
Hiervon kann nur unter bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden, die § 21 Abs. 2 WEG regelt, der auch für einen — wie hier vorliegenden — Folge- oder Zweitbeschluss Anwendung findet (Hogenschurz/Elzer, BeckOK WEG, § 21 WEG Rdnr. 25). Danach bedarf es für einen Beschluss, der die Umlage der Kosten auf alle Miteigentümer vorsieht, entweder einer doppelt qualifizierten Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile oder einer Amortisation der Investitionen innerhalb einer angemessenen Zeit. Zwar scheint der Wortlaut der Vorschrift irreführend, weil sie so formuliert ist, als handele sich um die Folge eines Abstimmungsverhaltens in der Eigentümerversammlung, das mehr oder weniger zufällig zu dieser doppelt qualifizierten Mehrheit führt. Richtigerweise ist die Norm allerdings so zu verstehen, dass die vom Gesetz insoweit intendierte Rechtsfolge bezüglich der Kostentragungspflicht auch nur dann eintreten kann, wenn diese Mehrheit gegeben ist, was im Umkehrschluss bedeutet, dass ein Beschluss dann gesetzeswidrig und nicht umsetzungsfähig ist, wenn er zwar im Beschlusstext diese Rechtsfolge vorsieht, aber die vorgenannten Mehrheitsverhältnisse nicht bestehen. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass ein Beschluss über eine bauliche Veränderung nur dann die Rechtsfolge zeitigen kann, dass alle Miteigentümer anteilig die Kosten zu tragen haben, wenn der Beschluss insgesamt die vom Gesetz vorgesehene Mehrheit erhalten hat, anderenfalls die Rechtsfolge bereits nicht eintreten kann (vgl. dazu Jennißen in Jennißen, WEG Kommentar 7. Aufl., § 21 WEG Rdnr. 34 ff.). Damit ruft die neue Gesetzeslage zwar ein Dilemma hervor, weil die bauliche Veränderung isoliert mit einfacher Mehrheit beschlossen werden könnte, eine Kostenregelung jedoch nicht.
Dieses Dilemma kann nur dahingehend aufgelöst werden, dass dann ein Beschluss über eine bauliche Veränderung insgesamt ungültig ist, wenn die vom Beschlusstext gewollte Kostenfolge – hier die anteilige Kostentragung aller Miteigentümerinnen und Miteigentümer — nicht eintreten kann. Eine anderweitige Auflösung des Dilemmas ist bereits deswegen nicht denkbar, weil von vornherein nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Zustimmung zu einem Beschluss über eine bauliche Veränderung von einzelnen Miteigentümern nur deswegen erteilt wird, weil die Kosten dafür auf alle Miteigentümerinnen und Miteigentümer anteilig umgelegt werden und nicht nur auf diejenigen, die im Übrigen von § 21 WEG als kostentragungspflichtig erklärt werden. Selbst wenn man dies anders sehen sollte, so würde dies dann aber bedeuten, dass nur die beschließenden Miteigentümer kostenpflichtig wären (so wohl BeckOGK/Kempfle, § 21 WEG Rdnr. 27.1). Dies kann aber in einer Konstellation wie der hier anzutreffenden nicht richtig sein, weil mit den Beschlüssen vom 21.10.2019 zu TOP 3.2 und 3.3 bereits Regelungen getroffen wurden, die nur im Kostenpunkt mit der Zielrichtung der Sozialisation der Mehrkosten des nahezu barrierefreien Ausbaus auf alle Miteigentümer geändert werden sollten; diese Lösung kann also nur dann Bestand haben, wenn sich die zustimmend Abstimmenden zuvor über eine solche Konsequent hinreichend im Klaren waren, dass nur sie dann die Kosten zu tragen habe. Das war aber im vorliegenden Fall nicht feststellbar.
In der Literatur werden deswegen auch andere Lösungsmöglichkeiten im Vorfeld oder unmittelbaren Zusammenhang mit der Beschlussfassung erörtert (s. Jennißen a.a.O. § 21 WEG Rdnr. 37 ff.; Hogenschurz/Elzer, BeckOK WEG, § 21 WEG Rdnr. 29 ff.; BeckOGK/Kempfle, § 21 WEG Rdnr. 37.1). Solche Möglichkeiten sind die aber ausweislich des Protokolls der Versammlung vom 08.11.2021 von der Eigentümerversammlung erkennbar nicht in Angriff genommen worden.
Die doppelt qualifizierte Mehrheit liegt eindeutig nicht vor. Anwesend waren in der Versammlung 736,90/1000 MEA. Damit hätten 2/3 hiervon, nämlich 491,27/1000 MEA die Zustimmung erklären müssen und nicht nur die im Protokoll vermerkten 443,04/1000 MEA. Damit steht zugleich eindeutig fest, dass nicht insgesamt mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile dem Beschluss zugestimmt hatten.
Dieses Erfordernis wird auch nicht durch die Öffnungsklausel des § 21 Abs. 5 S. 1 WEG überwunden. Denn diese betrifft in Ansehung der Grenze des § 21 Abs. 5 S. 2 WEG nur eine Veränderung des Umlageschlüssels und berechtigt nicht dazu, ansonsten nicht an den Kosten zu beteiligenden Miteigentümern dennoch Kosten aufzuerlegen (Hogenschurz/Elzer, BeckOK WEG, § 21 WEG Rdnr. 75 f.; BeckOGK/Kempfle, § 21 WEG Rdnr. 79 f.).
Auch die andere Variante des § 21 Abs. 2 WEG, die zeitnahe Amortisation der Kosten (hier der Mehrkosten für den nahezu barrierefreien Bau der Aufzugsanlagen) als Rechtfertigung für eine allseitige Kostenlast, ist nicht gegeben. Der Kläger hat bereits nicht dargetan, dass eine solche Amortisation vorliegt. Hierzu ist er aber als derjenige, der sich auf die Amortisation beruft, darlegungs- und beweisbelastet (BeckOGK/Kempfle, § 21 WEG Rdnr. 46). Auch der nachgelassene Schriftsatz vom 14.03.2022 enthält dazu keine durchdringenden Ausführungen. Alleine der Hinweis, dass möglicherweise die einzelnen Sondereigentumseinheiten im Wert dadurch steigen, dass die Aufzugsanlagen in einem nahezu barrierefreien Zustand errichtet werden, genügt nicht. Denn hierbei handelte es sich um eine nicht weiter substantiierte und lediglich pauschale Betrachtungsweise. Erforderlich ist vielmehr die Erkenntnis, dass innerhalb eines abgrenzbaren Zeitraums der Aufwand durch einen Geldzufluss oder einen verminderten Abfluss anderweitiger Ausgabenpositionen (Kostenersparnis) überkompensiert wird, weil nur dann von einer Amortisation die Rede sein kann. Eine lediglich abstrakte Wertsteigerung reicht dafür nicht aus. Denn eine Wertsteigerung steht immer unter dem Vorbehalt, dass sie auch realisierbar ist. Sie bleibt damit im Bereich der reinen Spekulation (s. auch Jennißen, a.a.O, § 21 WEG Rdnr. 73). Der Kläger hat sich jedoch darauf beschränkt, lediglich die Wertsteigerung insoweit anzuführen. Kostenersparnisse oder vermehrte Einnahmen durch einen nahezu barrierefreien Aufzug hat er nicht aufgezeigt. Solche sind auch nicht aufgrund anderweitiger Anhaltspunkte erkennbar.
Da der Beschluss zu TOP 11.1 sich alleine dadurch rechtfertigt, dass im Wesentlichen nur die Kostentragungsregelung von den Beschlüssen aus der Eigentümerversammlung vom 21.10.2019 zu TOP 3.2 und 3.3 abweicht, ist damit der Beschluss insgesamt hinfällig und die Aussage im Protokoll, er sei nicht zustande gekommen, ist folglich richtig. Dabei berücksichtigt das erkennende Gericht auch den aus § 139 BGB folgenden Rechtsgedanken. Auch wenn hier nicht die Nichtigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung zur Debatte steht, so liegt gleichwohl eine dem Regelungsgehalt der Norm vergleichbare Situation vor. Denn die Unwirksamkeit des Beschlussteils über die Kostentragungsregelung steht in engem Zusammenhang mit den durch den Beschluss getroffenen Entscheidungen im Übrigen. Deswegen führt der oben beschriebene Mangel auch dazu, dass der Beschluss insgesamt als nicht zustande gekommen betrachtet werden muss.
Aus den vorstehenden Erwägungen ist auch das gleichsam beschlussersetzende Fest-stellungsbegehren gemäß dem Antrag zu Nr. 2 unbegründet. Ein Anspruch auf einen bestimmten Beschluss kann ein Miteigentümer nur dann geltend machen, wenn sich das Ermessen der Eigentümerversammlung insoweit auf „Null“ reduziert hat (vgl. BGH MDR 2016,13 und NJW 2018,3238), woran auch die Gesetzesänderung nichts geändert hat (s. Suilmann in Jennißen, WEG Kommentar, 7. Aufl. § 44 WEG Rdnr. 67). Solches liegt hier nicht vor. Die. Eigentümer haben hier durchaus Entscheidungsspielräume, wie sie beispielsweise bei der Beschlussfassung am 21.10.2019 in den TOP 3.2 und 3.3 genutzt wurden (s. dazu auch das Urteil des erkennenden Gerichts vom heutigen Tage im Verfahren 800 C 4204/19, mit dem die dagegen geführte Anfechtungsklage abgewiesen wurde). Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die beiden vorgenannten Beschlüsse ebenfalls vom Kläger angefochten worden sind. Denn ungeachtet des Umstandes, dass diese bis heute noch keine Bestandskraft erlangt haben (das vorgenannte Urteil ist noch nicht rechtskräftig), so sind sie doch vollziehbar, da sie nicht für ungültig erklärt und Nichtigkeitsgründe nicht erkennbar sind. Außerdem genügt die Feststellung, dass insoweit auch eine anderweitige Regelung getroffen werden kann.
Selbst wenn man zu der Auffassung gelangt, der Beschluss zum TOP 11.1 sei entgegen den obigen Ausführungen gleichwohl zustande gekommen bzw. die Beschlussfassung festzustellen, mithin lediglich die Verkündung des Beschlusses sei fehlerhaft, kann der hiesigen Klage gleichwohl kein Erfolg beschieden sein. Denn eine Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens hätte eine unzulässige Verkürzung des Rechtsschutzes der übrigen Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer. In Ansehung der Beschlussverkündung haben sie keine eigenständiges Anfechtungsrecht mit dem Ziel, den Beschluss durch gerichtliche Entscheidung für ungültig erklären zu lassen, da insoweit das Rechtsschutzinteresse fehlt. Denn formal wurde der Beschluss so wie hier protokolliert gerade nicht gefasst. Eine erstmalige Beschwer anderer Eigentümer würde danach erst mit dem entsprechenden Urteil entstehen, gegen das sie aber deswegen kein eigenständiges Rechtsmittel führen können, weil sie — anders als unter dem bis zum 30.11.2020 geltenden Rechtszustand – nicht Partei des Rechtsstreits sind. Partei ist vielmehr nur die Eigentümergemeinschaft als Verband. Andererseits wäre die Klagefrist des § 45 S. 1 WEG nicht mehr zu wahren. Selbst wenn man annehmen würde, ist das entsprechende gerichtliche Urteil setze eine neue Anfechtungsfrist in Gang, stellt sich die Frage, welches Ereignis den Fristbeginn darstellt, weil es insoweit an einer gesetzlichen Regelung fehlt und eine Beschlussfassung im Sinne der Norm gerade nicht stattgefunden hätte. Mithin bestünde dann kein Recht, die oben skizzierte Problematik hinsichtlich des Beschlussquorums bei von § 21 WEG abweichenden Kostenregelungen, in einem gerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Denn ein Verstoß führt lediglich zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, nicht zu seiner Nichtigkeit Auch diese Erwägung spricht dagegen, die begehrte Feststellung auszusprechen.
Auch die übrigen vom Kläger angegriffenen Beschlüsse vom 08.11.2021 widersprechen nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Insbesondere sind sie nicht deswegen anfechtbar, weil es an einem Beschluss über das „Ob“ der Maßnahme der Neuerrichtung von Fahrstühlen fehlt. Auch wenn die genannten Beschlüsse sich mit der Art und Weise. mithin dem „Wie“ der Maßnahme beschäftigen, so haben sie doch eine Grundlage in den bereits erwähnten Beschlüssen vom 21.10.2019 zu TOP 3.2 und 3.3., die Regelungen zum „Ob“ der Maßnahme enthalten. Hinsichtlich Ihrer Bedeutung und Umsetzbarkeit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Darüber hinaus fehlt es für die Anfechtung der Beschlüsse zu den TOP 11.5 und 11.6 am Rechtsschutzinteresse, weil es sich hierbei ebenfalls um so genannten Negativbeschlüsse handelt. Hier hätte der Kläger auch aufzeigen müssen, welche Beschlüsse der Eigentümerversammlung anstelle der Beschluss Ablehnung hätte treffen müssen. Dies ergibt sich aber weder aus der Antragstellung noch aus der Klagebegründung einschließlich des nachgelassenen Schriftsatzes.
Schließlich leidet der Beschluss zum TOP 11.8 auch nicht an einem Bestimmtheitsmangel. Beschlüsse sind der Auslegung fähig. Hier ist eine eindeutige Auslegung hinsichtlich der Bezeichnung der „kleinen“ und der „großen“ Aufzugskabine eindeutig möglich, weil dieser Beschluss wiederum im Kontext der erwähnten Beschlüsse vom 21.10.2019 zu sehen sind. Diese sehen nämlich vor, dass die Errichtung der Aufzüge in der nahezu barrierefreien Ausbauvariante davon abhängig gemacht wird, dass die mit den dafür anfallenden Mehrkosten Antragsteller diese Mehrkosten vorab einzahlen. Dort wo dies nicht geschehen ist, findet folglich nach jener Beschlusslage keine Errichtung nahezu barrierefreier Aufzüge statt. Hier hat unstreitig die Miteigentümerin F für das Gebäude A ihren Kostenanteil entrichtet, was dazu führt, dass die so genannte große Aufzugskabine dort einzubauen ist. Nach dem Stand zum Schluss der mündlichen Verhandlung fehlt die entsprechende Zahlung für das Gebäude A noch, so dass dort die so genannte kleine Aufzugskabine eingebaut werden soll. Mithin vermag das Gericht keine Verständnisprobleme zu erkennen, die nur mit speziellem Hintergrundwissen hätten beseitigt werden können.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 79.655,70 € festgesetzt.