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WEG – Rechtsmissbrauch durch Mehrheitseigentümer

Ein umstrittener Fall im Wohnungseigentumsrecht

Das Wohnungseigentumsrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, das oft zu Streitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern führt. Ein solcher Fall wurde kürzlich vor dem Amtsgericht Korbach verhandelt, bei dem es um den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs durch einen Mehrheitseigentümer ging.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 C 297/21  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Amtsgericht Korbach hat entschieden, dass der in einer Wohnungseigentümerversammlung gefasste Beschluss zur Neuwahl eines Verwalters ungültig ist, da er nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

  • Der Artikel bezieht sich auf ein Urteil des AG Korbach vom 31.03.2022.
  • In der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.07.2021 wurde ein Beschluss zur Neuwahl eines Verwalters gefasst, der nun für ungültig erklärt wurde.
  • Die Hausverwaltung wurde für zwei Jahre zum Verwalter des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt.
  • Der Kläger ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft und besitzt zusammen mit einem anderen Mitglied 31/100 Miteigentumsanteile.
  • Es gab Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Abberufung und Neuwahl des Verwalters.
  • Der Kläger war der Ansicht, dass die Neuwahl des Verwalters nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach und dass die Bestellung des neuen Verwalters ermessenfehlerhaft war.
  • Der Beklagte argumentierte, dass er keine Einsicht in bestimmte Dokumente hatte und deshalb sein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf Hausgeldzahlungen ausübte.
  • Das Gericht entschied, dass der Beschluss zur Neuwahl des Verwalters nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach und daher ungültig war.
  • Das Gericht betonte die Bedeutung eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Wohnungseigentümern und dem Verwalter.
  • Es wurde auch festgestellt, dass bei der Neubestellung eines Verwalters in der Regel Alternativangebote eingeholt werden sollten.
  • Die Abberufung des vorherigen Verwalters wurde jedoch als begründet angesehen.

Sachverhalt: Die Hintergründe des Falles

Der Kläger, Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft, war gemeinsam mit einer anderen Partei Inhaber von 31/100 Miteigentumsanteilen an einem Grundstück. Ein weiterer Miteigentümer, der den Rest der Anteile besaß, hatte erhebliche Rückstände in den Hausgeldzahlungen. Trotz dieser Schulden wurde dieser Mehrheitseigentümer in einer Wohnungseigentümerversammlung zum neuen Verwalter gewählt. Der Kläger war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und reichte Klage ein.

Rechtliche Betrachtung: Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht stellte fest, dass die Wahl des Mehrheitseigentümers zum Verwalter den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprach. Es wurde betont, dass in einer Zweiergemeinschaft, wie in diesem Fall, ein Verwalter besonders darauf achten muss, dass die Gemeinschaft ordnungsgemäß verwaltet wird. Das fehlende Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem Mehrheitseigentümer, der zum Verwalter gewählt wurde, sowie die erheblichen Rückstände in den Hausgeldzahlungen waren entscheidende Faktoren für die Entscheidung des Gerichts.

Konsequenzen und Schlussfolgerung: Die Bedeutung des Urteils

Das Urteil des Amtsgerichts Korbach unterstreicht die Wichtigkeit eines neutralen und vertrauenswürdigen Verwalters in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Es zeigt auch, dass Mehrheitseigentümer nicht einfach ihre Macht missbrauchen können, um Entscheidungen zu treffen, die nicht im besten Interesse der Gemeinschaft sind. Dieses Urteil könnte als Präzedenzfall für ähnliche Fälle in der Zukunft dienen und betont die Bedeutung von Fairness und Transparenz im Wohnungseigentumsrecht.

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Was ist ein Rechtsmissbrauch durch Mehrheitseigentümer? – kurz erklärt


Ein Rechtsmissbrauch durch Mehrheitseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft liegt vor, wenn die Mehrheitseigentümerin ihre Stimmenmehrheit nutzt, um eine Entscheidung herbeizuführen, die eigennützig, sachlich nicht gerechtfertigt oder gesetzwidrig ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Mehrheitseigentümer die Bestellung eines fachlich ungeeigneten oder persönlich unfähigen Verwalters durchsetzt. In solchen Fällen wird die Mehrheit nicht im Interesse der Gemeinschaft, sondern im eigenen Interesse gehandelt. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede Nutzung der Mehrheit durch einen Mehrheitseigentümer als Rechtsmissbrauch angesehen wird. Es muss eine zweckwidrige Inanspruchnahme einer eigentlich zustehenden Rechtsposition vorliegen.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:


  • Wohnungseigentumsrecht (WEG-Recht): Es geht um die Regelungen und Rechte von Wohnungseigentümern, insbesondere um die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, die Bestellung und Abberufung von Verwaltern und die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung. In diesem Fall wurde die Bestellung eines Verwalters und die Abberufung eines anderen Verwalters thematisiert.
  • Mietrecht: Das Mietrecht regelt die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern. Hier wird insbesondere auf Hausgeldzahlungen und deren Rückstände eingegangen, was für Wohnungseigentümer relevant ist, da sie regelmäßige Zahlungen für die Instandhaltung und Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums leisten müssen.
  • Vertragsrecht: Es werden Verträge, insbesondere der Verwaltervertrag, und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten thematisiert. In diesem Fall wurde ein Verwaltervertrag geschlossen, der die Rechte und Pflichten des Verwalters festlegt.


Das vorliegende Urteil

AG Korbach – Az.. 3 C 297/21 – Urteil vom 31.03.2022

1. Der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.07.2021 unter TOP 4 gefasste Beschluss (Neuwahl eines Verwalters) wird für ungültig erklärt.

2. Die Hausverwaltung ### wird für den Zeitraum von zwei Jahren zum Verwalter des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft ### bestellt.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 16,67 Prozent und der Beklagte zu 83,33 Prozent zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Seiten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft ###.

Der Kläger ist gemeinsam mit ### Inhaber von 31/100 Miteigentumsanteilen am Grundstück, Grundbuch von ###, Gebäude- und Freifläche, ###, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 gezeichneten Wohnung.

Die Beklagte besteht neben dem Kläger noch aus einem weiteren Miteigentumsinhaber, ###. Dieser ist Inhaber der übrigen Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit Nr. 1 und Nr. 3 gekennzeichneten Wohnungen.

Das Stimmrecht in einer Versammlung richtet sich laut Teilungserklärung vom 20.04.2018 des Notars ###, unter § 5 Nr. 6, nach dem Objektprinzip.

Mit Verwaltervertrag vom 07.02.2019 wurde für die Beklagte die ### Hausverwaltung zum Verwalter bestellt.

Die Gesamtabrechnung für das Jahr 2019 sowie die Erstellung des Wirtschaftsplans für 2020 war nicht möglich, da der Wohnungseigentümer ### gegen die Jahresabrechnung und gegen Wirtschaftsplan sowie die Entlastung des Verwalters stimmte.

Der Wohnungseigentümer ### weigerte sich seit August 2020 die Vorauszahlung des Hausgeldes in Höhe von monatlich 510,00 Euro zu entrichten. Nachdem durch die Wohnungseigentümergemeinschaft Ende 2020 Klage gegen ### erhoben wurde, zahlte der Wohnungseigentümer ### die rückständigen Hausgelder.

Seit Januar 2021 leistet er keine Hausgeldvorauszahlungen mehr.

Am 13.07.2021 wurde eine Wohnungseigentümerversammlung einberufen mit dem TOP 2 „Abberufung der Beklagten als Verwalter“ sowie TOP 4 „Neuwahl eines Verwalters“. Hierbei wurde der damalige Verwalter mit Zustimmung des ### und bei Gegenstimme des Klägers abberufen. Frau Rechtsanwältin ### beantragte für den nicht anwesenden Wohnungseigentümer ### diesen selbst als neuen Verwalter zu bestellen und schlug diesen als Verwalter vor. Der Kläger schlug erneut die ### Hausverwaltung OHG als Verwalter vor. ### wurde sodann durch Beschluss mit Zustimmung von Rechtsanwältin ### und Gegenstimme des Klägers zum neuen Verwalter bestellt. Alternative Verwaltungsangebote wurden von ### nicht unterbreitet.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Abberufung der ### Hausverwaltung OHG nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, da sie die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erbracht habe. Sie ist weiter der Ansicht, dass die Bestellung des ### als Verwalter ermessenfehlerhaft gewesen sei. In den konkreten Verfehlungen des Verwalters, namentlich der Nichtleistung Hausgeldzahlungen, liege ein wichtiger Grund gegen die Bestellung des ### als Verwalter. Auch sei das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem ### zerstört. Außerdem sei eine Selbstverwaltung durch den Wohnungsmiteigentümer ### durch Mehrheitsbeschluss aus Gründen des Minderheitenschutzes nicht möglich und ein derartiger Beschluss deswegen nichtig. Ein effektiver Minderheitenschutz sei nur durch einen neutralen Verwalter möglich. Eine Bestellung des Wohnungseigentümers ### zum Verwalter bestehe allein in seinem Interesse, aber nicht im Interesse aller Wohnungseigentümer.

Der Kläger beantragt: Der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.07.2021 unter TOP 2 gefasste Beschluss (Abberufung des Verwalters) sowie der unter TOP 4 gefasste Beschluss (Neuwahl eines Verwalters) wird für ungültig erklärt.

Durch das Gericht wird ein noch zu bestimmender Verwalter der im Sinne von § 26 Wohnungseigentümergesetz (WEG) für die Wohnungseigentümergemeinschaft ### bestellt.

Der Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte behauptet, dass er keine Einsicht in die Rechnungen, die auf den Namen der WEG lauten, sämtliche Kontoauszüge des WEG Kontos sowie sämtlichen Buchungsunterlagen von der ### Hausverwaltung OHG erhalten habe und er deshalb in Bezug auf die Hausgeldzahlungen von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht habe. Da er als Verwalter keinen Zugriff auf das Konto der WEG habe, zahle er auch weiterhin kein Hausgeld. Die Abberufung ### Hausverwaltung OHG sei außerdem im Interesse der Mitglieder der WEG und entspreche den Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung, da diese sich geweigert habe, Einsicht in die Belege zu gewähren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Das Amtsgericht Korbach ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, § 43 Nr. 4 WEG, 23 Nr. 2c GVG.

Insbesondere besteht auch im Hinblick auf den Klageantrag zu 2) ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Der vorherigen Befassung der Eigentümerversammlung mit der Angelegenheit bedurfte es nicht. Kann – wie hier im Hinblick auf die Zerstrittenheit der Parteien, deren Standpunkte und das Stimmenübergewicht des einzigen weiteren Eigentümers – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ein dem Klageziel entsprechender Antrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, ist die Vorbefassung der Versammlung ausnahmsweise entbehrlich (vgl. NJW 2017, 64 Rn. 8, beck-online). Es würde sich dabei um ein reine Förmelei handeln.

Der Klageantrag zu 1) ist teilweise begründet.

Die Klage ist hinsichtlich des in der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.07.2021 unter TOP 4 gefasste Beschluss, Neuwahl eines Verwalters, begründet, da der angegriffene Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht und war daher für ungültig zu erklären.

Nach § 18 Abs. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer einen individuellen Rechtsanspruch auf eine ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Ein Wohnungseigentümer kann daher nach §§ 44 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 WEG Beschlüsse anfechten, die nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen oder nach § 23 Abs. 4 WEG nichtig sind.

Unter Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung fallen alle Maßnahmen, die im Interesse aller Wohnungseigentümer auf die Erhaltung, Verbesserung oder dem der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden Gebrauch gerichtet sind (vgl. Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 21 Rn. 27). Ordnungsgemäß ist, was vom Standpunkt eines vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Menschen aus betrachtet dem geordneten Zusammenleben in der Gemeinschaft dient, den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht und der Gemeinschaft nützt.

Insbesondere wurden die Einlegungs- und Begründungsfrist gem. § 45 WEG eingehalten. Die Beschlussfassung war am 13.07.2021 und Eingang der begründeten Klage am 12.08.2021 bei Gericht.

Der Bestellungsbeschluss ist am Maßstab einer ordnungsmäßigen Verwaltung i.S.v. § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG zu messen (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 83).

Ein Wohnungseigentümerbeschluss, der die Bestellung des Verwalters zum Inhalt hat, kann nur dann mit Erfolg angefochten werden, wenn die Bestellung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Das ist der Fall, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Zusammenarbeit mit dem zu bestellenden Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von Anfang an nicht zu erwarten ist (vgl. LG Düsseldorf Urt. v. 2.9.2020 – 25 S 23/19, BeckRS 2020, 41763 Rn. 33, beck-online).

Allein in einer durch den Mehrheitseigentümer durchgesetzten (Wieder-)Wahl eines bestimmten Verwalters ist noch kein Verstoß gegen die ordnungsmäßige Verwaltung zu sehen (vgl. Drasdo ZfIR 2013, 279 (281)). Ein Verstoß ist vielmehr im Einzelfall aus der konkreten Ausübung des Stimmrechtes herzuleiten (BayObLG ZMR 2000, 846 (848); OLG Düsseldorf ZMR 1999, 581). Verfügt ein Wohnungseigentümer aber über ein beherrschendes Stimmenübergewicht, muss bei einer von seinen Stimmen getragenen Verwalterbestellung geprüft werden, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt (OLG Düsseldorf ZMR 1995, 604; Drasdo ZfIR 2013, 279 (281); BayObLG WuM 1994, 570; Bader WE 1990, 118 (122)).

Dies gilt in besonderem Maße für Zweiergemeinschaften, bei denen ein wichtiger Grund gegen die Bestellung eines Wohnungseigentümers zum Verwalter dann vorliegt, wenn bereits im Zeitpunkt der Bestellung Interessengegensätze offenkundig sind und deshalb von vornherein nicht mit der Begründung eines unbelasteten, für die Tätigkeit des Verwalters aber erforderlichen Vertrauensverhältnisses zum anderen Wohnungseigentümer zu rechnen ist (BayObLG ZMR 2002, 525 (526); LG Karlsruhe ZWE 2010, 376) (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 91). Denn der Verwalter ist auch bei einer Zweier-WEG neben der Wohnungseigentümerversammlung das wichtigste Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft. Gerade in – wie hier – belasteten Zweier-WEGs, hat er durch seine Stellung als Organ der Gemeinschaft in besonderer Weise dafür Sorge zu tragen, dass dieses ordnungsgemäß verwaltet, die Benutzung und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geregelt wird und dieses instandgesetzt und gehalten wird (vgl. LG Frankfurt a. M. Hinweisbeschluss v. 7.3.2017 – 2/13 S 4/17, BeckRS 2017, 105305, beck-online).

Zwischen dem Kläger und dem Verwalter ### besteht kein Vertrauensverhältnis. Der Eigentümer ### hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erhebliche Rückstände auflaufen lassen. Er hat auch in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2022 erklärt, dass er seit Januar 2021 keine Hausgeldzahlungen geleistet hat. Wegen bereits zuvor aufgelaufener Hausgeldzahlungsrückstände wurde bereits das Verfahren 3 C 515/20 eingeleitet. Ausstehenden Zahlungen hat er teilweise privat beglichen. Er trägt insoweit vor, dass er keinen Zugriff auf das WEG-Konto hat, weil dies die vorherige Verwaltung nicht freigebe, allerdings kümmert er sich auch nicht darum Zugriff auf das Konto zu erhalten, sodass es an einer ordnungsgemäßen Verwaltung fehlt. Insbesondere besteht auch durch die dauerhafte Nichtzahlung des Hausgeldes die Gefahr, dass das Verwalterkonto der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gedeckt ist. Darüber hinaus ist das Gericht ist der Ansicht, dass der Eigentümer ### seine Mehrheit gezielt dazu genutzt hat, sich als neuen Verwalter einzusetzen, um auf diesem Wege die Arbeit der bisherigen Verwalterin überprüfen zu können. Diese Vorgehensweise bestand letztlich nur im Interesse des Eigentümers ###. In der mündlichen Verhandlung wurde auch klar, dass zwischen den Parteien kein Vertrauens-, sondern ein sehr angespanntes Verhältnis besteht. ### erhob mehrfach die Stimme und wiederholte, dass er „richtig“ gewählt wurde und alles in Zusammenhang mit dieser Klage ablehnt.

Außerdem ist es bei der Neubestellung eines Verwalters regelmäßig geboten, Alternativangebote einzuholen (vgl. BGH, Urt. v. 2. 7. 2021 ‒ V ZR 201/20), damit die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung über die Verwalterbestellung auf einer hinreichend fundierten Tatsachengrundlage treffen können (vgl. BGH, Urt. v. 2. 7. 2021 ‒ V ZR 201/20; BGH BeckRS 2020, 8761 Rn. 9; NJW 2012, 3175 Rn. 8; Küttner AnwZert MietR 14/2019).

Auch dies ist vorliegend nicht geschehen.

Die Klage ist hinsichtlich des in der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.07.2021 unter TOP 2 gefassten Beschlusses, der Abberufung des Verwalters, nicht begründet. Die Voraussetzung zur Abberufung der Verwalterin lagen vor.

Nach § 26 WEG besteht die Abberufungsmöglichkeit im Gegensatz zur alten Rechtslage nicht mehr nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Nunmehr kann der Verwalter jederzeit abberufen werden (vgl. MüKoBGB/Zschieschack, 8. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 47, 48). Voraussetzung ist lediglich das Vorliegen einer Mehrheit und dass der Abberufungsbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung i.S.v. § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG entspricht. Vor allem die Willensbildung der Wohnungseigentümer und ihre Ermessensentscheidung, ob der Amtsträger abberufen werden soll, müssen formell und materiell fehlerfrei zustande gekommen sein (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 154).

Der Abberufungsbeschluss entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Fehler hinsichtlich der Willensbildung und der Ermessenentscheidung liegen nicht vor. Vielmehr hat der Eigentümer ### nachvollziehbar dargelegt, dass zwischen ihm und der Verwalterin ### Hausverwaltung OHG kein Vertrauensverhältnis mehr, aufgrund der vor dem Amtsgericht Korbach geführten Gerichtsverfahren, besteht.

Auch lag eine Mehrheit zur Abberufung vor, da vorliegend das Objektprinzip greift und der Wohnungseigentümer ### über 2 von 3 möglichen Stimmen verfügt.

Der Klageantrag zu 2) ist begründet.

Fehlt ein Verwalter, kann im Rahmen einer Streitigkeit nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG durch das Gericht ein neuer Verwalter im Wege der Beschlussersetzungsklage gem. § 44 Abs. 1 S. 2 WEG durch gerichtliches Gestaltungsurteil eingesetzt werden (vgl. Bärmann/Pick WEG § 26 Rn 27; BGH, Urteil vom 26.02.2016; V ZR 250/14, ZMR 2016. 553 Rn. 16 ff.).

Gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG hat jeder Wohnungseigentümer Anspruch auf eine Verwaltung, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen und somit einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Dies schließt einen Anspruch auf Bestellung eines tauglichen Verwalters ein (vgl. MüKoBGB/Zschieschack, 8. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 37).

Zwar handelt es sich um ein Objekt mit nur zwei Parteien und somit um eine kleinere Wohnungseigentümergemeinschaft, die an sich auch selbst verwaltet werden kann, ein Anspruch auf einen Verwalter besteht aber auch in einer Zwei-Personen-Gemeinschaft. Aufgrund der schwierigen persönlichen Verhältnisse zwischen den Parteien; was bereits aus dem Verhalten in der mündlichen Verhandlung offenkundig ist; kann aber auch bei einer derart kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft ein dringendes Bedürfnis nach einer neutralen Verwaltung entstehen (vgl. LG Frankfurt a. M. Hinweisbeschluss v. 7.3.2017 – 2/13 S 4/17, BeckRS 2017, 105305, beck-online; MüKoBGB/Zschieschack, 8. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 37 f.).

Da aus dem gesamten Sach- und Streitstand deutlich geworden ist, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Verwaltung nicht selbst übernehmen kann, die Streitigkeit rührt gerade daher, dass der Wohnungseigentümer ### die Verwaltung übernommen hatte, hat das Gericht die Einsetzung eines Verwalters für erforderlich erachtet. Nach Ansicht des Gerichts bedarf es zumindest einer zweijährigen Dauer der Verwaltung durch eine – externe Hausverwaltung, um die Probleme der Wohnungseigentümergemeinschaft in den Griff zu bekommen.

Da das Gericht an Stelle der Eigentümer das Ermessen ausübt, muss der Kläger dem Gericht die erforderlichen Grundlagen vortragen, hierzu gehören die zur Übernahme bereiten Kandidaten, finden sich keine drei, genügen auch weniger (MüKoBGB/Zschieschack, 8. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 38)

Der Beklagte hat keine Hausverwaltung vorgeschlagen. Der Kläger hat die Hausverwaltung ### Hausverwaltung OHG sowie die Hausverwaltungen ### und ### vorgeschlagen.

Die Hausverwaltung ### Hausverwaltung OHG war abzulehnen, da das Vertrauensverhältnis zwischen dieser und dem Wohnungseigentümer ### nachhaltig gestört ist. Die Hausverwaltung ### hat bereits kenntlich gemacht, dass diese nicht mehr bereit ist die Verwaltung zu übernehmen, sodass letztlich nur noch die ###. als Hausverwaltung verblieb. Gründe, die gegen die Bestellung der Hausverwaltung sprechen, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

? FAQ zum Urteil


  • Was bedeutet „Rechtsmissbrauch durch Mehrheitseigentümer“ im Kontext des WEG-Rechts? Im WEG-Recht bezieht sich „Rechtsmissbrauch durch Mehrheitseigentümer“ auf Fälle, in denen ein Wohnungseigentümer mit dominierendem Stimmrecht dieses Recht ausnutzt, um Entscheidungen zu treffen, die nicht im besten Interesse der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft liegen.
  • Was wurde im Urteil des AG Korbach vom 31.03.2022 entschieden? Im Urteil des AG Korbach wurde der Beschluss zur Neuwahl eines Verwalters, gefasst in der Wohnungseigentümerversammlung, für ungültig erklärt. Gleichzeitig wurde eine bestimmte Hausverwaltung für einen Zeitraum von zwei Jahren als Verwalter des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt.
  • Welche Rolle spielt das Vertrauensverhältnis zwischen den Wohnungseigentümern und dem Verwalter? Das Vertrauensverhältnis zwischen den Wohnungseigentümern und dem Verwalter ist von zentraler Bedeutung. Ein fehlendes Vertrauensverhältnis kann die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums beeinträchtigen, insbesondere in Zweier-WEGs. Es kann auch als Grund für die Abberufung eines Verwalters dienen.
  • Was sind die Voraussetzungen für die Abberufung eines Verwalters gemäß § 26 WEG? Gemäß § 26 WEG kann ein Verwalter ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit abberufen werden. Erforderlich ist lediglich die Zustimmung einer Mehrheit der Wohnungseigentümer, und der Abberufungsbeschluss muss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.
  • Warum wurde die Neuwahl eines Verwalters im besprochenen Fall für ungültig erklärt? Die Neuwahl wurde für ungültig erklärt, da sie nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung entsprach. Es bestand kein Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem neu gewählten Verwalter, und es wurden keine Alternativangebote für die Verwalterposition eingeholt. Dies verstieß gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung

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