AG Berlin-Mitte, Az.: 26 C 13/18, Beschluss vom 28.05.2018
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Verwalterin der Klägerin und der im Verfahren aufgetretene Prozessvertreter zu gleichen Teilen zu tragen.
Gründe
I.
Die Klägerin ist die im Rubrum bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch die dort benannte Verwalterin. Letztere wurde in der Versammlung der Wohnungseigentümer vom 28.10.2010 bestellt. Der entsprechende Beschluss (TOP 2) lautet wie folgt:
„Der bisherige Verwalter, Rechtsanwälte …, wird im gegenseitigen Einverständnis mit Beschlussfassung abgewählt. Als neue Verwalterin wird die … GmbH vertreten durch die geschäftsführende Gesellschafterin … für die Dauer von drei Jahren ab Beschlussfassung bestellt. Das monatliche Verwalterentgelt beträgt je Wohn-/Teileigentum 17,00 € zzgl. der jeweils gültigen USt. Für die Unterzeichnung des Verwaltervertrages sowie der Verwaltervollmacht und die öffentlich zu beglaubigenden Unterschriften werden die Beiratsmitglieder R B und R W delegiert.”
Der Verwaltervertrag wurde von der von der Geschäftsführerin der Verwalterin am 29.10. 2010 und von den Beiratsmitgliedern am 08.11.2010 unterschrieben und enthält in § 3 Ziff. 2. b) folgende Regelung:
„Die Verwalterin hat in Erweiterung der gesetzlichen Befugnisse folgende Rechte:
…
2. Die von den Eigentümern nach der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung zu entrichtenden Beiträge (Wohngeld/Hausgeld) einzuziehen und diese gegenüber einem säumigen Eigentümer im Namen der übrigen Eigentümer gerichtlich geltend zu machen.”
In der von dem Beiratsmitglied R B unterschiebenen Verwaltervollmacht findet sich folgende Formulierung:
„Der Verwalter kann im eigenen Namen mit Wirkung für und gegen die Wohnungseigentümer Leistungsrückstände anlasten und Kosten (Wohngeld/Hausgeld) gegen säumige Wohnungseigentümer außergerichtlich und gerichtlich geltend machen.”
Die Wohnungseigentümer beschlossen in der Versammlung vom 20.03.2013 unter dem TOP 6 die Verlängerung der Bestellung der Verwalterin für weitere 5 Jahre. Der Beschlusstext lautet wie folgt:
„die Verwalterin, …, wird ab dem 28. Oktober 2013 für weitere 5 (fünf) Jahre gemäß § 26 WEG bestellt. Alle übrigen Vereinbarungen regelt der Verwaltervertrag.”
Gegenstand der hiesigen Klage waren Nachzahlungen des Beklagten aus der in der Eigentümerversammlung vom 17.05.2017 beschlossenen Jahresabrechnung für das Jahr 2017, sowie in den Eigentümerversammlungen vom 14.12.2016, 17.05.2017 und 07.11.2017 beschlossenen Sonderumlagen.
Auf Antrag der Verwalterin der Klägerin hat das Amtsgericht Wedding Vollstreckungsbescheid erlassen, welcher dem Beklagten am 08.02.2018 zugestellt wurde. Dieser legte am 19.02.2018 (Eingang bei dem Amtsgericht Wedding) Einspruch ein. Nach Abgabe des Verfahrens an das hiesige Gericht hat sich der im Rubrum bezeichnete Prozessbevollmächtigte der Klägerin angezeigt und beantragt den Vollstreckungsbescheid vom 05.02.2018 aufrecht zu erhalten. In dem Termin zur mündlichen Verhandlung hat er vor Antragstellung die Klage zurückgenommen.
Der Beklagte stellt Kostenantrag.
II.
Die Kosten waren der Verwalterin der Klägerin und dem für die Klägerin in dem Prozess aufgetretene Rechtsanwalt nach dem Veranlasserprinzip aufzuerlegen. Hierbei war maßgeblich, dass eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zulasten der Klägerin nicht ergehen konnte. Denn zu dieser besteht schon kein wirksames Prozessverhältnis; die Klage war bereits unzulässig. In derartigen Fällen ist es anerkannt, dass die Kosten dem Veranlasser aufzuerlegen sind.
Die Klage war hier bereits unzulässig. Die Verwalterin der Klägerin war nicht zur Prozessführung ermächtigt. Anders als bei Passivprozessen – dort: § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG – besteht bei Aktivprozessen keine gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters zur Prozessführung; der Verwalter kann demgemäß nicht kraft Gesetzes Ansprüche der Gemeinschaft gerichtlich geltend machen. Es ist grundsätzlich Sache der Wohnungseigentümer, darüber zu befinden, ob ein Prozess geführt werden soll oder nicht (vgl. etwa: BGH, ZWE 2011, 177, beck-online). Nach § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG ist der Verwalter nur dann berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie u.a. Prozesse zu führen, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit ermächtigt ist. Dass die Wohnungseigentümer ausdrücklich über eine entsprechende Ermächtigung bezüglich der hiesigen Forderungen entschieden haben, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der Bestellungsbeschluss bzgl. der Verwalterin vom 28.10.2010 enthält eine solche Ermächtigung gerade nicht, sondern betrifft lediglich die – erstmalige – Dauer der Bestellung und die Höhe der (Grund-)Vergütung. Den zur Gerichtsakte gereichten Beschlüssen über die Sonderumlagen kann eine Ermächtigung zur Prozessführung insoweit ausdrücklich auch nicht entnommen werden. Zwar kann in Beschlüssen der Wohnungseigentümer einzelne Maßnahmen betreffend – in engen Grenzen – auch eine konkludente Ermächtigung des Verwalters gesehen werden (vgl. hierzu etwa: BeckOGK/Greiner WEG § 27 Rn. 99, beck-online), wenn der Beschluss sonst nicht ausgeführt werden kann. Dies betrifft etwa bei Sanierungsmaßnahmen die Bevollmächtigung des Verwalters zur Vergabe der Aufträge (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. 11. 2005 – 23 U 211, NZM 2006, 182, beck-online). Gleichwohl ist eine dahingehende Auslegung eines Beschlusses schon wegen der heranzuziehenden Grundbuchgrundsätze nur dann möglich, wenn sich hierfür Anhaltspunkte im verkündeten Beschluss finden (vgl. Bärmann/Merle/Becker WEG § 27 Rn. 260-262, beck-online). In den vorgelegten Beschlüssen zu den Sonderumlagen fehlen derartige Anhaltspunkte; zur Durchführung der Beschlüsse durch den Verwalter ist die gerichtliche Geltendmachung der Sonderumlagen gegenüber den Wohnungseigentümern zudem nicht erforderlich. Schließlich kann die erforderliche Ermächtigung auch nicht in dem Verwaltervertrag oder der Verwaltervollmacht gesehen werden. Dies folgt bereits daraus, dass im Verwaltervertrag Entscheidungen nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG durch Beschluss oder Vereinbarung zu treffen sind, nur dokumentiert werden (vgl. Hügel/Elzer, WEG § 27 Rn. 132, beck-online). Vorauszusetzen ist auch bezüglich der Regelungen in dem Vertrag, dass die Eigentümer hierüber entschieden haben und die im Verwaltervertrag erteilte Ermächtigung vom Beschluss der Eigentümer gedeckt ist (vgl. etwa: LG Frankfurt, Beschluss vom 03. April 2017 – 2-13 S 85/16 –, Rn. 16, juris). Das kann etwa angenommen werden, wenn die Wohnungseigentümer den Verwaltervertrag genehmigen und diesen bewusst ist, mit der Genehmigung zugleich eine Entscheidung nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG zu treffen (vgl. Hügel/Elzer/Hügel/Elzer WEG § 27 Rn. 132, beck-online). Hierfür fehlen aber ausreichende Anhaltspunkte. Es ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass den Wohnungseigentümern der konkrete Vertragstext bei der Beschlussfassung am 28.10.2010 überhaupt bekannt war. Gleiches gilt für den Beschluss vom 20.03.2013. Wird der Abschluss des Verwaltervertrages hingegen delegiert, muss die Vollmacht des den Verwaltervertrag Abschließenden auch zur Ermächtigung nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG berechtigen (vgl. LG Frankfurt, a.a.O.; Bärmann/Merle/Becker, a.a.O.). Daran fehlt es hier jedoch. Beschränken sich die Wohnungseigentümer – wie hier – lediglich auf die Auswahl und Bestellung eines geeigneten Verwalters und überlassen sie es ohne weitere Vorgaben den Mitgliedern des Verwaltungsbeirates, die weiteren Einzelheiten des Verwaltervertrages auszuhandeln, so erwächst diesen aus einem solchen Beschluss nicht ohne weiteres die Befugnis, dem Verwalter weitergehende Ermächtigungen im Sinne von § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG zu erteilen; eine gleichwohl erteilte Ermächtigung ist mangels Vertretungsmacht unwirksam und bedürfte der Genehmigung (vgl.: Suilmann, ZWE 2008, 113, beck-online; LG Frankfurt a.a.O.). Für eine solche Genehmigung ist aber nichts ersichtlich. Zuzugeben ist, dass die Eigentümer in der Versammlung vom 20.03.2013 neben der organschaftlichen Verlängerung der Bestellung des Verwalters, auch auf den Verwaltervertrag Bezug genommen haben und in dem Protokoll aufgeführt ist, dass die übrigen Vereinbarungen im Verwaltervertrag geregelt sind. Hierin kann gleichwohl keine Genehmigung gesehen werden. Es ist schon nicht ersichtlich oder vorgetragen worden, dass die Eigentümer den Verwaltervertrag mit seinen Einzelheiten überhaupt kennen und sie bezogen auf die Ermächtigung ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein hatten. Eine stillschweigende Genehmigung setzt zudem im Allgemeinen voraus, dass der Genehmigende die schwebende Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2009 – XI ZR 227/08 –, Rn. 18, juris). Dass dies der Fall ist, kann hier nach dem bisherigen Vortrag nicht angenommen werden.
Die Kosten waren sowohl der Verwalterin als auch dem im Prozess auftretenden Rechtsanwalt aufzuerlegen. Bei einer fehlenden wirksamen Bevollmächtigung sind die Prozesskosten grundsätzlich dem aufzuerlegen, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 – III ZB 60/16 –, Rn. 10, juris; so auch LG Frankfurt a.a.O.), wobei auch eine Quotelung in Betracht kommt (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 91 ZPO, Rn. 2). Vorliegend sind sowohl die Verwalterin als auch der im Prozess auftretenden Rechtsanwalt als Veranlasser anzusehen – die Verwalterin, da sie das Mahn- und Vollstreckungsverfahren einleitete, der Rechtsanwalt, der dieses nach der Abgabe an das hiesige Gericht bis zur mündlichen Verhandlung weiter betrieben hat.