LG Bremen, Az.: 4 S 75/10, Urteil vom 25.03.2011
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 12.02.2009 (Aktenzeichen 29 C 74/2009) wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO.
Der Kläger ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft … . Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass er nicht an den Kosten der Verputzung der das Grundstück der Wohnanlage einfriedenden Backsteinmauer auf der Seite zum Nachbargrundstück… zu beteiligen ist, da die Maßnahme nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 05.03.2009 war von der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Tagesordnungspunkt 2. c) ein Mehrheitsbeschluss gefasst worden, nach welchem an der Rückseite von der Südmauer des Grundstücks, zum Grundstück Hartungstr. 1, Putz- und Anstricharbeiten ohne Gewährleistung mit einem Kostenrahmen von 3.500,00 € vorgenommen werden sollten. Dieser Beschluss wurde bestandskräftig.
Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.02.2009 abgewiesen. Der Kläger sei hinsichtlich der beschlossenen Sanierungsmaßnahme nicht von der Kostentragungspflicht nach § 16 Abs. 6, 22 Abs. 1 WEG befreit. Es handele sich insofern bei der Sanierungsmaßnahme nicht um eine Maßnahme im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, da weder eine bauliche Veränderung noch eine Maßnahme vorliege, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehe. Das Amtsgericht hat gemäß § 511 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Berufung gegen das Urteil zugelassen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.
Der Kläger beantragt, abändernd festzustellen, dass der Kläger an den Kosten für die in der Eigentümerversammlung vom 05.03.2009 zu Tagesordnungspunkt 2c beschlossene Baumaßnahme betreffend Putz- und Anstricharbeiten an der Südmauer des Grundstücks nicht zu beteiligen ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
Das Amtsgericht ist vorliegend zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den beabsichtigten Malerarbeiten um Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung im Sinne von § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG handelt und eine Befreiung des Klägers von der Kostentragungspflicht nach § 16 Abs. 6 WEG damit ausscheidet. Ein Wohnungseigentümer ist nach § 16 Abs. 6 WEG von Kosten nur insoweit befreit, als es sich um Maßnahmen nach § 22 Abs. 1 WEG handelt, denen er nicht zugestimmt hat. Hierunter fallen allein bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Die beabsichtigten Putz- und Anstricharbeiten an der Mauer zu dem Grundstück… sollen den dort nur noch teilweise vorhandenen Putz erneuern. Es handelt sich insofern um eine Sanierungsmaßnahme, die der ordnungsgemäßen Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dient. Dem steht nicht entgegen, dass die Maßnahme nicht geeignet ist, die Schäden an der Mauer dauerhaft zu beseitigen. Grundsätzlich steht den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung zur Instandsetzung hinsichtlich der zu treffenden Maßnahme und auch im Bezug auf die einzelnen Sanierungsschritte ein Ermessensspielraum zu, der nicht zu kleinlich bemessen werden darf. Kommen mehrere Verwaltungsmaßnahmen in Betracht, so ist es Sache der Wohnungseigentümer, durch Stimmenmehrheit eine Auswahl zu treffen, d. h. ihnen verbleibt ein Beurteilungsspielraum. Dieser ist erst dann überschritten, wenn eine Maßnahme beschlossen wird, gegen die sich jeder vernünftige und wirtschaftlich denkende Wohnungseigentümer entschieden hätte (vgl. Münchener Kommentar zum WEG, § 21 Rn. 8, 27). Nach Maßgabe dieser Kriterien ist die beabsichtigte Sanierung durch Verputzung der Mauer als Maßnahme ordnungsgemäßer Instandhaltung nicht zu beanstanden.
Grundsätzlich können auch provisorische Maßnahmen unter die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 Weg fallen (vgl. Bärmann § 21 Rn. 86). Es ist insofern bei der Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der Maßnahme auch auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft abzustellen (vgl. LG Köln BeckRS 2010, 24834). So steht es auch im Auswahlermessen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ob eine billigere Lösung mit kürzerer Lebensdauer oder eine aufwendigere mit längerer Lebensdauer gewählt wird (OLG Hamburg ZMR 2003, 441). Soweit der Kläger der Auffassung ist, die beschlossene Sanierungsmaßnahme sei unnötig und erfolge zur Unzeit, so kann dem nicht gefolgt werden. Allein die Entscheidung für eine vorübergehende Lösung führt nicht dazu, dass die Maßnahme über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht und als besondere Aufwendung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG zu qualifizieren ist. Hierunter sind Fälle zu fassen, in denen die betreffende Maßnahme entweder aufgrund des bereits ordnungsgemäßen Zustandes unnötig ist, oder aber dem bestehenden Zustand etwas Neues hinzufügt (vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten § 22 Rn. 13). Im Rahmen der ordnungsgemäßen Instandsetzung steht es der Gemeinschaft zu, in ihre Abwägung Kostenaspekte mit einzubeziehen und im Hinblick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft auf eine kostspielige aber nachhaltige Maßnahme zugunsten einer zeitlich befristeten aber günstigeren Lösung zu verzichten. Auch diese fällt unter eine ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums im Sinne von § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG.
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO. Anders als das Amtsgericht, ist die Kammer nicht der Auffassung das diese Voraussetzungen vorliegen.