AG Leipzig – Az.: 168 C 7340/19 – Urteil vom 14.04.2020
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss: Der Streitwert wird auf bis 500,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
A. Die Klägerin kann die Beklagten nicht auf Nachzahlung von Betriebskosten für das Jahr 2018 in Anspruch nehmen.
I. Die mit einer Nachforderung in Höhe von 226,74 € abschließende Abrechnung ist aus materiellen Gründen zu kürzen.
1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Abrechnung formell ordnungsgemäß ist.
a) Eine Betriebskostenabrechnung ist formell ordnungsgemäß, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Ob die Betriebskostenabrechnung die Voraussetzungen erfüllt, die an ihre Wirksamkeit zu stellen sind, richtet sich danach, ob der Mieter in der Lage ist, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und anhand des ihm mitgeteilten Verteilerschlüssels den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten nachzuprüfen. Hiernach sind bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben in die Abrechnung aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und soweit erforderlich Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen. In formeller Hinsicht sind an die Abrechnung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die Anforderungen an die Wirksamkeit einer Abrechnung haben sich am Zweck der Abrechnung zu orientieren. Die Abrechnung soll den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Erforderlich ist dafür, dass der Mieter erkennen kann, in welchen Rechenschritten die Umlage der Betriebskosten erfolgt ist (BGH, Urteil vom 22.10.2014 – VIII ZR 97/14 -, zitiert nach juris Rn. 12-13). Abzustellen ist auf das Verständnis eines durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters. Allgemein verständliche Verteilungsmaßstäbe bedürfen keiner Erläuterung (BGH, Urteil vom 19.11.2008 – VIII ZR 295/07 -, zitiert nach juris Rn. 21).
b) Die Abrechnung erfüllt diese Anforderungen. Neben den jeweils bezifferten Gesamtkosten sind auch der Verteilerschlüssel sowie der jeweilige Anteil der Beklagten zu den im Einzelnen aufgeführten Abrechnungsposten angegeben. Auch werden die Vorauszahlungen der Beklagten in Abzug gebracht. Auch die Position „Gartenpflege“ erfüllt die Anforderungen an eine formell ordnungsgemäße Abrechnung. Ob die Klägerin die dort abgerechneten Baumfällkosten zu Recht umgelegt hat, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung. Soweit die Beklagten hinsichtlich der Heizkosten den abgerechneten Verbrauch als nicht plausibel rügen, führt auch dies nicht zur formellen Unwirksamkeit der Abrechnung. Denn die formelle Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung bleibt von derartigen sachlichen Ungereimtheiten unberührt (BGH, Urteil vom 28.5.2008 – VIII ZR 261/07 -, zitiert nach juris Rn. 15).
II. Die Betriebskostenabrechnung ist um jedenfalls 208,82 € zu reduzieren.
1. Die unter der Position „Gartenpflege“ auf die Beklagten umgelegten Kosten in Höhe von 50,45 € sind nicht umlagefähig.
Zwar sind die Kosten der Gartenpflege umlagefähig (§ 2 Nr. 10 BetrKV). Hierzu gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen, der Pflege von Spielplätzen einschließlich der Erneuerung von Sand und der Pflege von Plätzen, Zugängen und Zufahrten, die dem nicht öffentlichen Verkehr dienen. Die nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien für das Fällen einer Korkenzieherweide sowie einer Robinie abgerechneten Kosten gehören allerdings nicht hierzu. Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass Bäume zu Pflanzen und Gehölzen zählen. Gleichwohl kann sie nicht mit Erfolg geltend machen, die Wortwahl der gesetzlichen Bestimmung lege nahe, dass kleinere und mittlere Gewächse gemeint sind, dies sei der Fall. Auch weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Umlagefähigkeit in der Rechtsprechung und Literatur umstritten ist. Gleichwohl vermag sich das Gericht der von der Klägerin herangezogenen Rechtsprechung und Literatur nicht anzuschließen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Fällen von Bäumen keine laufend anfallenden Maßnahmen sind (vgl. AG Köln, Urteil vom 27.1.2017 – 220 C 332/16 -, zitiert nach juris Rn. 6), die Kosten mithin auch nicht laufend entstehen (Bausch, NZM 2006, 366 [367]). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV sind Betriebskosten aber nur die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Das Fällen von Bäumen führt nicht zu solch laufend entstehenden Kosten. Wenngleich auch ein mehrjähriger Turnus genügt, so ist doch erforderlich, dass die Kosten relativ regelmäßig anfallen, was bei Baumfällkosten nicht der Fall ist (AG Potsdam, Urteil vom 27.12.2011 – 23 C 349/11 -, zitiert nach juris Rn. 10).
Mangels Umlagefähigkeit war das Gericht nicht gehalten, den von der Klägerin benannten Zeugen zu der Behauptung zu vernehmen, die Rechnung über die in die Abrechnung eingestellten Kosten sei bezahlt worden.
2. Daneben sind die Heizkosten um jedenfalls 158,37 € zu kürzen.
Ein Vermieter kann die Kosten dann nicht umlegen, wenn der Verbrauch nicht plausibel ist. Dabei kann sich die fehlende Plausibilität aus einem Vergleich mit den Ansätzen im Vorjahr ergeben. Dies haben die Beklagten bereits mit dem Schreiben des Mietervereins Suhl und Umgebung e.V. vom 24.7.2019 substantiiert aufgezeigt. Während im Jahr 2017 insgesamt 86.758 kWh Gas in die Abrechnung eingestellt worden sind, ergeben sich aus der Abrechnung für das Jahr 2018 109.893 kWh. Dieser Steigerung um beinahe 27 % steht eine Verringerung des Verbrauchs in den Wohnungen gegenüber. So wurden für die Heizwärme im Jahr 2017 44.207,09 kWh verbraucht, wohingegen aus der Abrechnung für das Jahr 2018 40,47 MWh (= 40.470 kWh) hervorgehen. Dies entspricht einer Verringerung um etwa 8 %. Die erhebliche Steigerung des insgesamt abgerechneten Gasverbrauchs bei gleichzeitiger Verringerung des Verbrauchs in den Wohnungen ist nicht einleuchtend. Soweit die Klägerin geltend macht, auch der Verbrauch des Warmwassers müsse berücksichtigt werden, hilft ihr dies nicht weiter. Ausweislich der von den Beklagten in Abschrift zu den Gerichtsakten gereichten Abrechnung für das Jahr 2017 sind auf das Warmwasser 21.283 kWh entfallen. Dem steht für das Jahr 2018 ausweislich der von der Klägerin in Abschrift vorgelegten Abrechnung ein Verbrauch von 20.843 kWh gegenüber. Damit ergibt sich für das Jahr 2017 ein Verbrauch von insgesamt 65.490,09 kWh und für das Jahr 2018 von 61.313 kWh, mithin eine Reduzierung um etwa 6 %. Die danach noch immer verbleibende Verringerung des Verbrauchs bei der dargelegten Steigerung der insgesamt abgerechneten Gasmenge hat die Klägerin nicht zu erläutern vermocht. Dabei gibt bereits eine Abweichung von der Vorjahresabrechnung um 25 % besonderen Anlass zu einer Plausibilitätskontrolle (Lammel, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 6 HeizkostenV Rn. 29; Langenberg/Zehelein, Betriebs- und Heizkostenrecht, 8. Aufl. 2016, K 242). Wenngleich die Klägerin die Einwendungen der Beklagten zum Anlass genommen hat, eine Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens einzuholen, ergibt sich auch daraus keine nachvollziehbare Erläuterung der in die Abrechnung eingestellten Werte. Dies gilt auch, soweit dort ausgeführt wird, die Heizkostenabrechnung sei nach den vorliegenden Daten korrekt erstellt worden, bei den angegebenen 109.893 kWh handele es sich um den mitgeteilten Verbrauch des Gasanbieters, es sei Wärme- und Messtechnisch unmöglich, den gleichen Verbrauch an den Einzelzählern und am Hauptzähler zu messen, dies begründe sich darin, dass bei der Wärmemessung Messtoleranzen der Erfassungsgeräte, Verbrauchseinschätzungen, Schlupfmengen sowie zeitliche Abweichungen bei der Ablesung der Stadtwerke und der Ablesung des Messdienstes der Einzelzähler auftreten. Hiermit wird der erhebliche Anstieg des insgesamt abgerechneten Gasverbrauchs bei gleichzeitiger Verringerung der in den Wohnungen verbrauchten Energie nicht erklärt. Die ergänzend in Bezug genommene Information über „Differenzen bei der Wärmemessung“ vermag die Abweichungen für die hier in Rede stehende Abrechnung ebenso wenig zu erklären, wie das von der Klägerin in Abschrift zu den Gerichtsakten gereichte Schreiben der Verwalterin vom 12.11.2019 und der dortige Hinweis, die Gaspreise pro Kilowattstunde seien konstant geblieben. Dies geht zu Lasten der Klägerin. Denn der Vermieter trägt die Darlegungslast für die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter (BGH, Urteil vom 7.2.2018 – VIII ZR 189/17 -, zitiert nach juris Rn. 12). Auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben die Beklagten mit Schriftsätzen vom 19.2.2020 und 17.3.2020 hingewiesen. Darauf, dass das Vorbringen nicht genügt, haben die Beklagten zudem mit Schriftsatz vom 23.3.2020 hingewiesen. Ein ergänzender Hinweis des Gerichts war nicht veranlasst.
Die fehlende Plausibilität hat zwar grundsätzlich zur Folge, dass die Beklagten die über die Heizkostenvorauszahlungen hinausgehende Forderung nicht auszugleichen haben (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 16.6.1995 – 21 S 358/92 -, zitiert nach juris Rn. 9). Allerdings haben die Beklagten insoweit eine Kürzung um lediglich 158,37 € geltend gemacht.
III. Im Übrigen ist die Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung hinsichtlich der Heizkosten derzeit nicht fällig und die Klage derzeit unbegründet.
Die Beklagten sind berechtigt, die Leistung zu verweigern. Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, gemäß § 273 Abs. 1 BGB die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht). Ein solches Zurückbehaltungsrecht kann dem Mieter gegenüber der Nachforderung des Vermieters zustehen, solange der Vermieter ihm keine Überprüfung der Abrechnung ermöglicht (BGH, Urteil vom 8.3.2006 – VIII ZR 78/05 -, zitiert nach juris Rn. 21). So liegt es hier jedenfalls hinsichtlich der Heizkosten.
Für die Belegeinsicht gelten folgende Grundsätze:
Zu der jährlichen, den Grundsätzen des § 259 BGB entsprechenden Abrechnung über die vorausgezahlten Betriebskosten, zu der der Vermieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB verpflichtet ist, gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch, dass der Vermieter dem Mieter die Überprüfung der Abrechnung ermöglicht. Hiervon umfasst ist die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen, darunter auch Verträge des Vermieters mit Dritten, soweit deren Heranziehung zur sachgerechten Überprüfung der Nebenkostenabrechnung und zur Vorbereitung etwaiger Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB erforderlich ist (BGH, Urteil vom 3.7.2013 – VIII ZR 322/12 -, zitiert nach juris Rn. 9). Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter im Original sämtliche Rechnungen und sonstigen Belege zu präsentieren (Langenberg, in: Schmidt-Futterer, a.a.O., § 556 Rn. 481 m.w.N.).
Die Beklagten haben mit dem Schreiben … vom 24.7.2019 um Mitteilung gebeten, wie sich die Gesamtheizeinheiten des Gebäudes im Einzelnen zusammensetzen. Dies durften die Beklagten verlangen. Denn ein Mieter kann auch Einsichtnahme in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts hinsichtlich der Heizkosten beanspruchen (BGH, Urteil vom 7.2.2018 – VIII ZR 189/17 -, zitiert nach juris Rn. 17). Dem hat die Klägerin nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten bislang nicht entsprochen.
Das Zurückbehaltungsrecht hat die Wirkung, dass eine Leistungspflicht der Beklagten nicht besteht, solange die Klägerin die geschuldete Belegeinsicht nicht gewährt hat (vgl. BGH, Urteil vom 7.2.2018 – VIII ZR 189/17 -, zitiert nach juris Rn. 26 ff.). Die hiervon berührten Kosten übersteigen die noch verbliebene Nachforderung.
IV. Nachdem schon aus den oben dargelegten Gründen kein durchsetzbarer Anspruch auf eine Nachzahlung besteht, kommt es auf die weiteren Einwendungen der Beklagten nicht an.
B. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen. Dies gilt sowohl für den Zinsanspruch als auch die mit 1,00 € bezifferten Kopierkosten. Eines Hinweises hierzu bedurfte es gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht, da nur eine Nebenforderung betroffen ist.
C. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO und die zum Streitwert auf § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
D. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO).